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Remarque, Erich Maria

H.A.M. 0
Erich Maria Remarque (eigtl. Erich Paul Remark)
Schriftsteller

Geb. 22.6.1898 in Osnabrück
Gest. 25.9.1970 in Locarno / Schweiz

„Wir sehen Menschen leben, denen der Schädel fehlt; wir sehen Soldaten laufen, denen beide Füße weggefetzt sind; sie stolpern auf den splitternden Stümpfen bis zum nächsten Loch; ein Gefreiter kriecht zwei Kilometer weit auf den Händen und schleppt die zerschmetterten Knie hinter sich her; ein anderer geht zur Verbandsstelle, und über seine festhaltenden Hände quellen die Därme; wir sehen Leute ohne Mund, ohne Unterkiefer, ohne Gesichter; wir finden jemand, der mit den Zähnen zwei Stunden die Schlagader seines Armes klemmt, um nicht zu verbluten, die Sonne geht auf, die Nacht kommt, die Granaten pfeifen, das Leben ist zu Ende.

Doch das Stückchen zerwühlter Erde, in dem wir liegen, ist gehalten gegen die Übermacht, nur wenige hundert Meter sind preisgegeben worden. Aber auf jeden Meter kommt ein Toter.“

(aus: Erich Maria Remarque: „Im Westen nichts Neues“*)


Er war einer der erfolgreichsten Autoren des 20. Jahrhunderts und den Nazis und wahrscheinlich auch dem Weltkrieg-I-Teilnehmer Hitler vielleicht der verhassteste von allen „undeutschen“ Schriftstellern. Grund war sein pazifistischen Buch Im Westen nichts Neues. Der Titel war dem täglichen Lagebericht von der Front entlehnt, an der sich die Soldaten in Schützengräben regelrecht einzementiert hatten und wo militärisch nichts Entscheidendes passierte. Wie so viele junge Männer seiner Zeit hatte er sich als Kriegsfreiwilliger gemeldet. Damals noch unter seinem bürgerlichen Namen Erich Paul Remark. Mit seinem 1929 vorgelegten Roman errang er Welterfolg. So desillusionierend hatte noch nie ein Autor den Krieg dargestellt. Bei der Premiere der Verfilmung von Lewis Milestone am 4.12.1930 in Berlin kam es zu ersten massiven Störungen durch nationalsozialistische SA-Schläger unter der Leitung des späteren Reichspropagandaministers Josef Goebbels.


Wie Kurt Tucholsky floh Remarque bereits 1932 aus Deutsch-land, wo sich die Machtergreifung der Nationalsozialisten längst abzeichnete. Remarque ging in die Schweiz. Bei den Bücherverbrennungen im Frühjahr 1933 waren es an erster Stelle die Exemplare des Anti-Kriegsromans von Remarque, die in mehr als 55 deutschen Städten ins Feuer geworfen wurden. Alle seine Werke wurden noch zur gleichen Zeit verboten. Die Nachricht von den Bücherverbrennungen soll er mit Freunden bei einem Glas Wein in seiner italienischen Villa aufgenommen haben.
1939, ein Jahr nachdem ihm die deutsche Staatsangehörigkeit aberkannt worden war, übersiedelte er in die USA, deren Pass er 1947 erhielt.


In Hollywood hat er sich den Ruf eines Bonvivants und Auto-Narren erworben – vielleicht übertünchte er damit sein Gefühl der Entwurzelung, der Heimatlosigkeit: „Die ganze Heimat und das bisschen Vaterland, die trägt der Emigrant (…) an seinen Sohlen“ (Walter Mehring). Schon 1932 hatte er seine Lebensstimmung mit den Worten notiert: „Vielleicht bin ich unglücklich, aber ich will es nicht wissen.“ Von 1937 bis 1940 verband Erich Maria Remarque eine leidenschaftlich-dramatische Liebesbeziehung mit der ebenfalls aus Nazi-Deutschland in die USA emigrierten Schauspielerin Marlene Dietrich.

1948 kehrte Remarque nach Europa zurück.


Der Dramatiker Rolf Hochhuth erinnerte in seiner Rede zum 50. Jahrestag der Bücherverbrennungen am 10. Mai 1983 in Wien an einen der schlimmsten Fälle von Sippenhaftung während des Dritten Reichs, an „Elfriede Scholz, die in Dresden ihrer Bemerkung wegen denunziert worden war, Hitler werde seinen Krieg verlieren. Man brachte sie nach Berlin vor den Präsidenten des sogenannten Volksgerichtshofes, der übrigens ein dichtender Intellektueller war, vor Dr. Roland Freisler, der einen Roman über Ulrich von Hutten veröffentlicht hat. Freisler – was auf mittelhochdeutsch: »Der Schreckliche« hieß – verurteilte in einem seiner Schnellverfahren die Frau wegen ihrer »defaitistischen« Vermutung zu einigen Jahren Zuchthaus.
Dann blätterte er noch in ihrer Akte. »Geborene Remark?« fiel ihm auf. »Aus Osnabrück?«
Die Verurteilte bejahte.
Freisler: »Sind Sie etwa verwandt mit jenem Osnabrücker, der sich Remarque nennt und >Im Westen nichts Neues< geschrieben hat?« Die Frau bestätigte: »Der ist mein Bruder.«
Daraufhin brachte Freisler sie nicht ins Zuchthaus, sondern unter die Guillotine. Da heute niemand mehr von dieser Enthaupteten spricht, da Remarque vor Entsetzen über das Schicksal seiner Schwester nach dem Krieg für die Öffentlichkeit, mindestens für die deutsche, die er strikt gemieden hat, bis zu seinem Tode, sozusagen für immer verstummt ist, und da ja Remarques >Im Westen nichts Neues< das meistgehasste und in aller Welt meistgerühmte der verbrannten Bücher war – und wer es heute liest, der weiß: es ist und bleibt das Meisterwerk eines Frontsoldaten gegen den Krieg -, so wollte ich zuerst diese Tragödie berichten, die nur die schlimmste – mir bekannte – von vielen ist.“


Die Erzählungen und Romane von Erich Maria Remarque sind vielfach verfilmt worden, beispielsweise Der Weg zurück (1931), Drei Kameraden (1938), Arc de Triomphe (1946), Zeit zu leben, Zeit zu sterben (1954), oder Die Nacht von Lissabon (1962).


Autor:

Hajo Jahn


Quelle:

Erich Maria Remarque: Im Westen nichts Neues, (c) 1987, 1992, 1993 Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln, ISBN 3-462-01844-2, S, 126

Bereits Anfang der 30er Jahre, noch vor dem offiziellen Machtantritt der Nationalsozialisten, wird der Film Im Westen nichts Neues verboten. Ingeborg Küster, die Witwe von Fritz Küster, bis 1929 Vorsitzender der Deutschen Friedensgesellschaft und Herausgeber der in Berlin erscheinenden pazifistischen Wochzeitung Das Andere Deutschland, erinnert sich:

„Ganz nahe bei uns, es war beinahe schräg über den Nollendorfplatz, war ein großes und bekanntes Kino. Und dort wurde dieser Film gezeigt, und Nationalsozialisten ließen weiße Mäuse los. Die Frauen kreischten und schrieen und sprangen auf die Bänke. Jedenfalls hieß es dann: der Film erzeugte Unruhe und er könnte nicht gezeigt werden, es gäbe Krawalle. Die ganzen Krawalle waren die weißen Mäuse! Und der Film wurde also verboten… Daraufhin hat Fritz Küster dann den Film gemietet, und hat in Berlin-Neukölln einen Riesensaal gemietet, und dann an den Litfaßsäulen geschrieben: ‚Die Deutsche Friedensgesellschaft zeigt den verbotenen Film Im Westen nichts Neues. Nur Mitglieder haben Zutritt!'“

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© Ulrike Müller


Werkauswahl:

Im Westen nichts Neues (1929)
Der Weg zurück (1931)
Drei Kameraden (1938)
Liebe deinen Nächsten (1941)
Arc de Triomphe (1946)
Der Funke Leben (1952)
Zeit zu leben und Zeit zu sterben (1954)
Der schwarze Obelisk (1956)
Die Nacht von Lissabon (1963)
Schatten im Paradies (posthum veröffentlicht 1971)

Die Bücher von Erich Maria Remarque erscheinen beim Verlag Kiepenheuer & Witsch. Weitere Informationen unter:

http://www.kiwi-koeln.de/autorinhalt.php?suchbuchstabe=r&autorid=1248


Links (deutsch):

http://www.remarque.uos.de

http://www.deutsches-filminstitut.de/zengut/dt2tb00154p19.htm

http://www.dhm.de/lemo/html/biografien/RemarqueErichMaria

http://www.remarque.uni-osnabrueck.de/archadr.htm

http://www.goethe.de/os/hon/aut/derema.htm

http://www.prisma-online.de/tv/person.html?pid=erich_maria_remarque

http://www.erft.de/schulen/abtei-gym/remarque/nacht.htm

http://www.cyranos.ch/litrem-d.htm

http://www.stephanmaus.de/rezension-dietrich-remarque.htm


International:

 

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