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Kunst in Auschwitz

H.A.M. 0

Kunst in Auschwitz von 1940 bis 1945 – zwischen Kunst auf Befehl und freier Gestaltung

»Die Welt von Auschwitz liegt jenseits der Sprache, so wie sie jenseits des Vorstellbaren liegt.«1
Wenn die Sprache versagt, vermag die Kunst Auskünfte zu geben. Kunst reflektiert Gedanken und Gefühle, zugleich aber auch Bedürfnisse und Ängste. So geben die Künstler in Auschwitz mit ihren Kunstwerken Einblick in ihr Denken und Fühlen während ihrer Inhaftierung. Es stellen sich die Fragen, unter welchen Bedingungen es in Auschwitz möglich war, Kunst zu schaffen und wie sich die entstandenen Werke aus heutiger Sicht deuten lassen.


Waldemar Nowakowski
Vor der Gaskammer / Przed komorą
Konzentrationslager Auschwitz, 1940-1944,
Aquarell, Tusche auf Karton/ karton, tusz, akwarela

 

 

 

 

 

 


Die in Auschwitz entstandenen Kunstwerke lassen sich nach Irena Szymariska aufgrund ihrer Entstehungsgeschichte klassifizieren: Kunst auf Befehl und (halb) offizielle Aufträge, Arbeiten für das Lagermuseum, aber auch heimliche Gefälligkeiten und Kunst im Verborgenen. Einige Bilder geben Einblicke in den Tagesablauf von Häftlingen, andere Bilder offenbaren deren Seelenzustand. Oft enthalten die Kunstobjekte versteckte Botschaften und lassen die Hoffnungen und Träume der Häftlinge erahnen.
Die Motivation, als Häftling im Konzentrationslager Auschwitz Kunstwerke zu fertigen, lässt sich aus heutiger Sicht schwer erklären. Eine Antwort gibt Franciszek Jazwiecki in einem Eintrag seines Lagertagebuches: »Um eine Weile Glück zu erringen, vor allem, um zu vergessen, zeichnete ich mit Bleistift und zeichnete weiter in den Lagern Porträts, weil ich keine anderen Mittel hatte. Diese im Verborgenen gemachten Porträts ließen mich vergessen, führten mich in eine andere Welt, in meine Welt der Kunst. Dass Zeichnen mit dem Tode bestraft wurde, nahm ich einfach nicht zur Kenntnis, nicht weil ich mutig war, sondern weil ich die Gefahr nicht beachtete, so anziehend war es, zu schaffen in der eigenen Welt … Der Verlust meiner Arbeiten erfüllte mich jedes Mal mit tiefer Trauer und nur unter Anspornung der ganzen Willenskraft und Selbstüberwindung begann ich mit der Arbeit von vorn.«2
Damit steht für Jazwiecki das innere schöpferische Gebot im Vordergrund, das ihn in eine andere Welt, in seine Welt der Kunst führte.


Mieczystaw Koscielniak
Erledigt / Zalatwiony
Konzentrations-lager Auschwitz I, 1942, Schwarze Tusche auf Papier / papier, czarny tusz

 

 

 

 

 


Auch für den Maler Wladystaw Siwek war die künstlerische Betätigung ein Mittel zum Überleben: »Wenn ich nicht gemalt hätte, hätte ich Auschwitz nicht überlebt. In der Lagermalerei fand ich nicht nur ein Dach über dem Kopf. Es regnete dort nicht. Ich musste nicht mit der Schaufel schwer arbeiten …, aber das Wichtigste dabei war: Wenn ich malte, vergaß ich, dass ich im Lager war, obwohl wir in beständiger Angst malten.«3
Die Künstler in Auschwitz lebten stets mit der Angst, entdeckt zu werden. Dennoch ignorierten sie diese Gefahr und führten ihren Überlebenskampf mit Mitteln der Kunst. Wie Franciszek Jazwiecki in seinem Lagertagebuch festhielt, waren die Strafen bei einer Entdeckung drakonisch: »Schläge in die Zähne, in den Magen: Du Hund, Pole, Kunstmaler. Und ich bekomme ein halbes Jahr Päckchen- und Schreibverbot und – damit ich über meine Verbrechen nachdenken kann – drei Monate Strafkompanie.«4
Die unmenschlichen Lebensbedingungen der Häftlinge müssen bei einer kunsthistorischen Bewertung der im Konzentrationslager Auschwitz entstandenen Kunst stets berücksichtigt werden, und auch die schwierige Beschaffung des Materials darf nicht außer Acht gelassen werden.
Die Kunst in Auschwitz ist ein wichtiges Ausdrucksmittel für den Überlebenskampf und den inneren Widerstand der Häftlinge.


Bronislaw Czech
Eine Tatra-Landschaft / der Rysy Gipfel / Widok tatrzanski – Rysy
Konzentrations-lager Auschwitz, 1942, Öl auf Leinwand / plotno, olej

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