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Masereel, Frans Laurent Wilhelmina Adolf Lodewijk

H.A.M. 0

Frans Laurent Wilhelmina Adolf Lodewijk Masereel

Grafiker, Zeichner, Maler und Holzschneider

Geb. 30.07. 1889 in Blankenberghe/ Belgien

Gest. 03.01. 1972 in Avignon/ Frankreich


„Wenn Sie das Wort engagiert brauchen wollen, bin ich einverstanden. Ich bin für die humanistischen Angelegenheiten in unserer Zeit und auch in unserer Kunst! Ein Künstler, der etwas zu sagen hat, ist immer eine Fahne. Der Künstler soll ein Vorbild sein für die allgemeinen Bürger der Welt.“ (Frans Masereel)*


Von 1907 bis 1908 besucht er, dessen künstlerisches Talent sich schon in frühen Jahren zeigt, die Kunstakademie in Gent und unternimmt in diesen Jahren auch, gemeinsam mit seinem Bruder Robert und einigen Freunden,  erste Reisen, zum Teil per Rad, zum Teil zu Fuß, in die Niederlande und nach Deutschland, wo Masereel familiäre Wurzeln hat. 1909 besucht er zum ersten Mal Paris, wohin er im darauffolgenden Jahr dann auch mit der aus Gent stammenden Pauline Imhoff übersiedelt. Das Jahr 1911 verbringt der Künstler überwiegend in Tunesien und widmet sich hier vor allem der Malerei. Bald darauf entstehen auch erste Radierungen und Holzschnitte.


Mit Ausbruch des Ersten Weltkrieges im August 1914 kehrt Masereel umgehend aus seinem Sommerurlaub in der Bretagne nach Belgien zurück, verlässt aber infolge der deutschen Besetzung sein Geburtsland wieder und schlägt sich in teilweise mühsamen Fußmärschen über Dünkirchen nach Paris durch. In der Tasche diverse auf seinem Weg durch das zerstörte Belgien angefertigte  Skizzen, die, von Masereel noch einmal überarbeitet, 1915 in diversen französischen Publikationen veröffentlicht werden. Im darauffolgenden Jahr übersiedelt der Künstler mit seiner Familie in die Schweiz, wo er in Genf auch  seinen Freund aus Vorkriegszeiten, den französischen Journalisten und Schriftsteller Henri Guilbeaux, wieder trifft, der ihn in die literarischen und politischen Kreise der Schweizer Kriegsgegner einführen wird und nicht zuletzt Kontakt herstellt zum seit Kriegsbeginn in der Schweiz weilenden Literatur-Nobelpreisträger und pazifistischen Romancier Romain Rolland, für dessen 10-bändiges Werk “Jean Christophe“ Masareel in den zwanziger Jahren 666 Holzschnitt-Illustrationen anfertigen wird.


Fortan wird das Antikriegs-Umfeld auch und vor allem zum Antrieb für sein künstlerisches Schaffen, und neben der Mitarbeit für Guilbeaux‘ Zeitschrift ‘Demain‘ gründet er, gemeinsam mit Claude le Maguet (Claude Salives), die gegen den Krieg gerichteten Zeitschrift ‘Les Tablettes‘, für die er bis 1919 fast 50 Holzschnitte anfertigt. Daneben entstehen für die Tageszeitung ‘La Feuille‘  bis 1920 zahlreiche Antikriegszeichnungen.


Der konsequente Humanist, der in seinem Werk die Menschen in ihrer Verlorenheit und Verlassenheit inmitten einer modernen Zivilisation darstellt, veröffentlicht 1919 seine mit “Mein Stundenbuch“ betitelte Serie von 167 Holzschnitten, die in Deutschland im darauffolgenden Jahr von Kurt Wolff verlegt wird. Seine allegorische Geschichte in 83 Holzschnitten, die 1920 unter dem Titel “Die Idee“ entsteht, wird mit Jahrzenten Verspätung erst 1959 als Nr. 675 im Insel-Verlag, Leipzig in die Buchhandlungen kommen.


In den 20er Jahren führen Frans Masereel diverse Reisen nach Deutschland und ins mitteleuropäische Ausland. Aber auch das Ausland ist immer wieder zu Besuch bei ihm und bereits 1923 erscheint die erste Monografie über den belgischen Grafiker, verfasst von Stefan Zweig und Arthur Holitscher. 1924 empfängt er in seiner Pariser Wohnung den Maler George Grosz, mit dem ihn bald eine künstlerische Seelenverwandtschaft verbinden wird, denn, so Masereel: “Auch er denkt, dass die Kunst soweit wie möglich eine Aktion sein muß, und dass der Künstler der sozialen Frage gegenüber nicht indifferent sein darf.” (Paris, Bibliothèque Nationale/ Quelle: http://www.frans-masereel.de/15204_1924.html). Es folgen Ausstellungen in Moskau, Paris, Winterthur und bei Alfred Flechtheim in Berlin, in den frühen 30er Jahren dann auch in Amsterdam, München, Köln und Hamburg. 1932 nimmt der pazifistische Künstler, den Freundschaften mit Carl Sternheim und Franz Werfel verbinden und der Marx und Kropotkin liest, am Weltkongress gegen Krieg und Faschismus in Amsterdam teil. Im selben Jahr noch folgt die erste Probeaufführung einer Verfilmung seines Bilderromans “Die Idee“, für die Masereel mit dem tschechischen Trickfilmer Berthold Bartosch zusammengearbeitet hat. Mit der Machtübergabe an die Nationalsozialisten wird auch sein Werk nun in Hitler-Deutschland, wie das vieler anderer Künstler und Intellektuellen, verfemt, denn, so der Schweizer Kunstsammler Georg Reinhart in einem Brief an Hermann Hesse “Zwar ist er kein Jude und auch kein Kommunist (nicht einmal Salon-Kommunist), aber seine Ansichten über Menschlichkeit, Krieg und Frieden, Machthaber und Unterdrückte stehen heute im Reich nicht hoch im Kurs und es könnte einen Buchhändler die Fensterscheiben kosten, wenn er Masereels ‘25 Images de la passion d’un homme’ ins Schaufenster legen würde.” (“Marbacher Magazin”, 31/1984, S. 63/ hier zitiert aus: http://www.frans-masereel.de/15231_1933_34.html).


Neben Ausstellungen in London und Paris reist Masereel mehrfach in die Sowjetunion und als Mitglied einer Delegation französischer Künstler 1937 auch ins republikanische Spanien. 1938 wird die „Passion eines Menschen“ mit dem Text des Chorwerks „Jemand – eine weltliche Kantate“, das Hans Sahl in Anlehnung an die Holzschnitte für das 15. Schweizerische Arbeiter-Sängerfest geschrieben hat, in Zürich neu aufgelegt, und für Bert Brechts “Furcht und Elend des Dritten Reiches“ entwirft Masareel Bühnenbilder und Dekorationen.


Vor den heranrückenden Truppen der deutschen Wehrmacht fliehen die Eheleute Masereel im Juni 1940 mit Freunden zu Fuß aus Paris Richtung Südfrankreich, wo sich der Künstler schließlich in Avignon niederlässt. Aber auch hier ist er vor den heranrückenden Nazis nicht sicher und muss erneut fliehen: diesmal und unter falschem Namen nach Lausson bei Montflanquin im Département Lot et Garonne, wo die Masereels bis 1945 in der Mühle von Bezis wohnen und kurz vor Kriegsende in ein nahegelegenes baufälliges Schloss umziehen.


1947 beginnt Frans Masereel mit seiner Lehrtätigkeit an der von seinem Freund H. Henry Gowa neu gegründeten Schule für Kunst und Handwerk im zu dieser Zeit unter französischer Militärregierung stehenden Saarbrücken, leitet hier bis 1951 die Meisterklasse für Malerei und pendelt von 1949 bis zu seinem Ausscheiden 1951 zwischen seinem neuen Wohnsitz am alten Hafen von Nizza und dem Saarland.


Am 26. September 1953 regt er, gemeinsam mit den deutschen Künstlern HAP Grieshaber, Erich Heckel, Gerhard Marcks, Ewald Mataré, Otto Pankok, Max Pechstein, Karl Rössing und anderen in Zürich an, die ‘XYLON Societé Internationale des Graveurs sur Bois‘ zu gründen. Aus der Idee wird schließlich Realität und Masereel erster Präsident der ‘Internationalen Vereinigung der Holzschneider‘. Drei Jahre später entsteht ein weiteres großes, 100 Blätter umfassendes, Holzschnittwerk unter dem Titel “Mijn Land“. Mittlerweile stellt der Künstler weltweit aus, in West wie Ost, darunter in der DDR und in China, wo 1958 erstmals in Peking, Shanghai und Wuhan die Werke des flämischen Holzschneiders einem durchaus kundigen Publikum präsentiert werden.


1964 erhält der Biennale-Preisträger des Jahres 1950 den Kulturpreis des Deutschen Gewerkschaftsbundes. Vier Jahre später ernennt ihn die Hochschule für Bildende Künste in Dresden zum Ehrensenator. Im Alter von 82 Jahren stirbt  Frans Masereel im südfranzösischen Avignon und findet später auf dem Friedhof von Sint Amandsberg, einer Gemeinde der belgischen Stadt Gent, seine letzte Ruhe. Seit 1987 hat die nach ihm benannte Stiftung an Masereels langjährigen Wirkungsstätte in Saarbrücken ihren Sitz und im ‘Frans Masereel Centrum‘ in Kasterlee bei Antwerpen präsentiert eine Dauerausstellung die Werke des sozialkritischen Ausnahme-Künstlers und überzeugten Pazifisten, der zeitlebens nie aufgehört hat, seinen Traum von einer freien Gesellschaft zu träumen.


Quellen:

*) Eingangszitat: “Frans Masereel: Holzschnitte für den Frieden.“ DLF, Kalenderblatt v. 30.07. 2014/ http://www.deutschlandfunk.de/frans-masereel-holzschnitte-fuer-den-frieden.871.de.html?dram:article_id=293020

http://www.frans-masereel.de/15159_Biography.html

http://de.wikipedia.org/wiki/Frans_Masereel

http://www.sulb.uni-saarland.de/de/service/wir/ausstellungen/2012/masereel/

http://www.galerielehner.at/index.php?artist=11&lang=de


Links (deutsch):

http://www.frans-masereel.de/14846_Home.html

https://archive.org/details/politischezeichn00mase

https://portal.dnb.de/opac.htm?method=simpleSearch&query=118578669

http://www.textverzeichnisse.ch/Portals/7/Masereel%20Frans.%20Gratulation%20Theo%20Pinkus..pdf

http://www.xylon-international.org/de/informationen.shtml


International:

http://fr.wikipedia.org/wiki/Frans_Masereel

http://www.memorial-caen.fr/10EVENT/EXPO1418/fr/texte/093text.html

http://fransmasereelcentrum.be/en/

http://legrandj.eu/article/frans_masereel

http://www.iisg.nl/exhibitions/art/indexmasereel.html

http://graphicwitness.org/historic/fm.htm

http://dormirajamais.org/masereel/

http://www.unionpacifiste.org/spip.php?article53

http://www.ville-equihen-plage.fr/pageLibre00010374.html

filmhttp://www.youtube.com/watch?v=zT__PCFqd2M

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