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Graf, Oskar

H.A.M. 0

Oskar (Maria) Graf
Schriftsteller


Geb. 22.7. 1894 in Berg (am Starnberger See)
Gest. 28.6. 1967 in New York/ USA


„Ich war nie Parteisozialist und habe mir nicht erst von marxistischen Schriftgelehrten sagen lassen müssen, was Sozialismus ist. Mir ist – um mit Gorki zu reden – „mein Sozialismus von Kind an auf den Rücken geprügelt worden“. Das hat mich – nicht etwa aus einem inneren Wagnis, sondern gleichsam instinktiv und zwangsläufig – zum Rebellen gemacht, über dessen Wesen ich mir längst vor Camus Klarheit verschafft habe. Der Rebell bedarf keiner sozusagen moralischen Zurede von anderer Seite, er handelt nicht nach dem Rezept einer politischen Überzeugung, die ihm von irgendwelchen politischen Ideologen oktroyiert worden ist, sondern einzig und allein aus einer grundmenschlichen Empörung gegen jeden Mißbrauch der Schwächeren durch die Stärkeren, aus der erlittenen Einsicht, daß Unrecht und Unmenschlichkeit, niederträchtiger Massenbetrug und chauvinistische Völkerverhetzung gemeine Verbrechen asozialer Machthaber sind.“

(Oskar Maria Graf)*


Das neunte von elf Kindern eines Bäckers besucht ab 1900 die Volksschule in Aufkirchen und muß bereits als 11jähriger im elterlichen Betrieb mitarbeiten. Nach dem Tod des Vaters im Jahre 1906 übernimmt Grafs ältester Bruder Max die Bäckerei. Oskar beginnt bei ihm seine Bäckerlehre, flieht jedoch 1911 vor dem brutalen Regiment des Bruders nach München, wo er als Hilfsarbeiter sein Leben fristet, Anschluß an die Schwabinger Bohème findet und in Kreisen des Simplicissimus und die Jugend verkehrt.


Ab 1912 folgen erste Gedichte und Aphorismen. Graf wird Schriftführer der Gruppe Tat um Erich Mühsam und schließt Freundschaft mit dem Schriftsteller Franz Jung sowie dem Maler Georg Schrimpf, mit dem er im Frühjahr 1913 in die Südschweiz geht. Nach weiteren literarischen Versuchen als Expressionist zieht Oskar Graf im Kriegsjahr 1914 in die deutsche Reichshauptstadt Berlin und veröffentlicht expressionistischer Gedichte in der Zeitschrift Aktion. Im selben Jahr noch kehrt er wieder nach München zurück und wird Anfang Dezember zum Militär einberufen.


1915 kämpft er als Soldat an der Ostfront. Nach Lazarettaufenthalten in Deining und München kommt Graf erneut – diesmal allerdings in die Etappe – nach Rußland und Litauen. Sein Bruder Max fällt im Mai 1915 an der Westfront. Graf, der zwischenzeitlich auch Beiträge für Franz Jungs Zeitschrift Die Freie Straße schreibt, verweigert im Januar 1916 den Befehl und wird – nach einem weiteren Lazarettaufenthalt – in die Irrenanstalt Görden bei Brandenburg eingeliefert, später nach Haar bei München verlegt und Anfang Dezember aufgrund eines psychiatrischen Gutachtens als dienstuntauglich aus dem Militär entlassen.


Auf Anraten des Malers Jacob Carlo Holzer legt sich Graf 1917 den zweiten Vornamen Maria zu, um nicht mit dem Kriegsmaler Oskar Graf verwechselt zu werden. Im Mai desselben Jahres heiratet er in erster Ehe Karoline Bretting, schreibt Rezensionen und Kurzgeschichten für die München-Augsburger Abendzeitung und lebt ab 1918 für einige Zeit von einem Stipendium von Professor Roman Woerner und Hertha König. Graf wird wegen Beteiligung am Munitionsarbeiter-Streik festgenommen und vorübergehend inhaftiert. Seine Tochter Annemarie wird im Juni geboren.


Oskar Maria Graf schlägt sich als Schieber und Alleinunterhalter im Kreis des Holländers Hoboken durch, beteiligt sich zu Beginn der Revolutionswirren im November 1918 am Marsch von der Theresienwiese zu den Kasernen und veröffentlicht mit Die Revolutionäre seinen ersten Gedichtband in einem Dresdner Verlag. 1919 beteiligt er sich als Zensor für die bürgerliche Presse an der Räterepublik in Bayern, wird nach dem Ende der Räterepublik inhaftiert, nach wenigen Tagen jedoch schon wieder – nicht zuletzt auf Fürsprache von Rainer Maria Rilke – entlassen. Er veröffentlicht seinen zweiten Gedichtband Amen und Anfang und ein Künstlerporträt über den mit ihm befreundeten Maler Georg Schrimpf, geht 1920 als Dramaturg an die Neue Bühne eines Münchner Arbeitervereins und begegnet dort zum erstenmal auch Bertolt Brecht.


1921 erscheint Grafs Ua – Pua …! Indianer-Dichtungen beim Verlag Franz Ludwig Habbel, Regensburg, in einer Auflage von zweihundert Exemplaren mit Kreidezeichnungen von Georg Schrimpf, über dessen verstorbene Frau Maria Uhden bei bei Klinkhardt & Biermann in Leipzig dann auch eine von Graf verfasste Künstlerbiografie herauskommt. 1922 veröffentlicht er im Berliner Malik-Verlag von Wieland Herzfelde seinen ersten Erzählungsband Zur freundlichen Erinnerung sowie unter dem Titel Frühzeit seine Jugenderlebnisse


Am 9. November 1923 wird Oskar Maria Graf Zeuge des Hitler-Putsches in München. Es folgen 1924 erste Lesungen in München, sein Bayerisches Lesebücherl Weißblaue Kulturbilder bei Albert Langen, München, und Die Traumdeuter Aus einer alten bayerischen Familienchronik im Herder Verlag, Freiburg/ Brsg. Auf Bestellung schreibt und veröffentlicht Graf 1925 seinen Roman Die Heimsuchung im Verlag der Buchgemeinde, Bonn, sowie mit dem Roman Die Chronik von Flechting die Geschichte seiner Familie im Münchner Drei Masken-Verlag.

Der von ihm 1926 gegründete und verantwortlich geleitete Jung-Münchner-Kulturbund organisiert kulturpolitische und politische Veranstaltungen. Daneben folgen weitere Zeitungsartikel Grafs sowie mit dem – erneut im Drei Masken-Verlag veröffentlichten – Band Finsternis sechs Dorfgeschichten.


1927 erscheint im Verlag Neuen Gesellschaft, Berlin Licht und Schatten. Eine Sammlung zeitgemäßer Märchen und bei Engelhorn (Stuttgart) der Erinnerungsband Wunderbare Menschen. Heitere Chronik einer Arbeiterbühne nebst meinen drolligen und traurigen Erlebnissen dortselbst, ein Buch, das Oskar Maria Graf übrigens „dem standhaften Kampfgenossen, meinem Freund Lorenz Ehrhart, Packträger im Münchner Hauptbahnhof, in alter Anhänglichkeit“ widmet. Nach Erscheinen seines Gedichtbandes Im Winkel des Lebens“ gelingt ihm mit der Umarbeitung und Erweiterung seiner Jugenderlebnisse Frühzeit (1922) zu dem Roman Wir sind Gefangene. Ein Bekenntnis aus diesem Jahrzehnt ein erster internationaler literarischer Erfolg, dem im darauffolgenden Jahr 1928 mit dem bestellten Schnurren- und Geschichtenbuch Das bayerische Dekameron im Verlag für Kulturforschung, Wien (mit Steinzeichnungen von Walter Marcuse) der Einstieg ins literarische Geschäft folgt.


Im Herbst 1929 erscheinen Grafs Kalendergeschichten mit dem Anhang Kleiner bayerischer Dialektspiegel. 1930 liest er vor Mitgliedern des Bundes proletarisch-revolutionärer Schriftsteller in Berlin und des Schutzverbandes deutscher Schriftsteller in München (unter dem Präsidium von Thomas Mann). Auf der Vorlage eines tatsächlichen Geschehens schreibt Graf 1931 seinen Bolwieser – Roman eines Ehemannes (1976 von Rainer Werner Fassbinder verfilmt) und veröffentlicht 1932 mit Dorfbanditen. Erlebnisse aus seinen Schul- und Lehrlingsjahren, den Roman Einer gegen alle (mit einer Umschlagzeichnung von Georg Salter) sowie das Notizbuch des Provinzschriftstellers Oskar Maria Graf 1932. Erlebnisse, Intimitäten, Meinungen.


Mit der Einladung zu einer Lesereise nach Wien beginnt am 24. Februar 1933 das österreichische Exil des Schriftstellers Oskar Maria Graf. Seine Lebensgefährtin Mirjam Sachs, mit der er seit 1931 zusammenlebt, folgt ihm wenige Tage nach den Reichstagswahlen vom 5. März 1933. Nach der von den Nationalsozialisten organisierten Bücherverbrennung am 10. Mai auf dem Berliner Opernplatz, bei der Oskar Maria Grafs Werke „verschont“ worden sind, veröffentlicht der überzeugte Antifaschist am 12. Mai in der Wiener Arbeiterzeitung, dem Zentralorgan der Sozialdemokratie Deutschösterreichs seinen berühmten Protest unter dem Titel Verbrennt mich!


Wie fast alle links gerichteten, entschieden sozialistischen Geistigen in Deutschland, habe auch ich etliche Segnungen des neuen Regimes zu spüren bekommen: Während meiner zufälligen Abwesenheit aus München erschien die Polizei in meiner dortigen Wohnung, um mich zu verhaften. Sie beschlagnahmte einen großen Teil unwiederbringlicher Manuskripte, mühsam zusammengetragenes Quellenstudien-material, meine sämtlichen Geschäftspapiere und einen großen Teil meiner Bücher. Das alles hart nun der wahrscheinlichen Ver-brennung. Ich habe also mein Heim, meine Arbeit und – was vielleicht am schlimmsten ist – die heimatliche Erde verlassen müssen, um dem Konzentrationslager zu entgehen.

Die schönste Überraschung aber ist mir erst jetzt zuteil geworden: Laut „Berliner Börsenkurier“ stehe ich auf der weißen Autorenliste des neuen Deutschland und alle meine Bücher, mit Ausnahme meines Hauptwerkes „Wir sind Gefangene“, werden empfohlen! Ich bin also dazu berufen, einer der Exponenten des „neuen“ deutschen Geistes zu sein!

Vergebens frage ich mich, womit ich diese Schmach verdient habe.

Das dritte Reich hat fast das ganze deutsche Schrifttum von Bedeutung ausgestoßen, hat sich losgesagt von der wirklichen deutschen Dichtung, hat die größte Zahl ihrer wesentlichsten Schriftsteller ins Exil gejagt und das Erscheinen ihrer Werke in Deutschland unmöglich gemacht. Die Ahnungslosigkeit einiger wichtigtuerischer Konjunkturschreiber und der hemmungslose Vandalismus der augenblicklich herrschenden Gewalthaber versuchen all das, was von unserer Dichtung und Kunst Weltgeltung hat, auszurotten, und den Begriff „deutsch“ durch engstirnigsten Nationalismus zu ersetzen. Ein Nationalismus, auf dessen Eingebung selbst die geringste freiheitliche Regung unterdrückt wird, ein Nationalismus, auf dessen Befehl alle meine aufrechten sozialistischen Genossen verfolgt, eingekerkert, gefoltert, ermordet oder aus Verzweiflung in den Freitod getrieben werden!

Und die Vertreter dieses barbarischen Nationalismus, der mit Deutschsein nichts, aber auch schon gar nichts zu tun hat, unterstehen sich, mich als einen ihrer „Geistigen“ zu beanspruchen, mich auf ihre sogenannte weiße Liste zu setzen, die vor dem Weltgewissen nur eine schwarze Liste sein kann!

Diese Unehre habe ich nicht verdient!

Nach meinem ganzen Leben und nach meinem ganzen Schreiben habe ich das Recht, zu verlangen, daß meine Bücher der reinen Flamme des Scheiterhaufens überantwortet werden und nicht in die blutigen Hände und die verdorbenen Hirne der braunen Mordbanden gelangen!

Verbrennt die Werke des deutschen Geistes! Er selber wird unauslöschlich sein, wie eure Schmach!

(Alle anständigen Zeitungen werden um Abdruck dieses Briefes ersucht. Oskar Maria Graf.)

Quelle: http://www.oskarmariagraf.de


Daraufhin werden auch Grafs Bücher von Münchner Studenten im Beisein der Professorenschaft in der Aula der Münchner Universität verbrannt.

Einen Tag vor Beginn des Reichstagsbrandprozesses in Leipzig im Herbst 1933 hält Graf in Wien einen Vortrag zum Thema Der Reichstagsbrandprozess oder Wer schweigt, macht sich mitschuldig sowie später den Vortrag Dimitrow (!) klagt an! Gemeinsam mit Wieland Herzfelde, Anna Seghers und Jan Petersen gibt er die Monatsschrift Neue deutsche Blätter in Prag heraus, die bis August 1935 erscheinen.

Nach der Jahresversammlung der Vereinigung sozialistischer Schriftsteller in Wien, wo Graf zum Obmannstellvertreter gewählt wird, und einer Lesung in Innsbruck erlebt er 1934 den Februar-Aufstand der Wiener Arbeiter gegen die Regierung Dollfuß und flieht zwei Tage nach dessen Scheitern aus Österreich nach Bratislawa und weiter nach Brünn, wo er mit Mirjam Sachs eine gemeinsame Wohnung bezieht. Im Frühjahr desselben Jahres wird der Schriftsteller Oskar Maria Graf, zusammen mit dem Physiker und Nobelpreisträger Albert Einstein und 35 weiteren Reichsangehörigen, von den Nazis ausgebürgert – ein Vierteljahrhundert wird er als paßloser Emigrant und Staatenloser in den Ländern seines Exils leben und erst im März 1958 die USA-Bürgerschaft erhalten.


Im Juli 1934 Jahres reist Graf, gemeinsam mit anderen Schriftstellern und Nazigegnern, darunter Klaus Mann, Johannes. R. Becher, Egon Erwin Kisch und Ernst Toller, nach Moskau zum Ersten Allunionskongress der sowjetischen Schriftsteller und durch den Süden der Sowjetunion. Sein Bericht über diese Reise erscheint 1974 unter dem Titel Reise in die Sowjetunion 1934 mit einem Nachwort von Hans-Albert Walter im Luchterhand Verlag, Darmstadt (Neuauflage 1992).

Im Malik Verlag in London und in der Verlags-Genossenschaft ausländischer Arbeiter in der UdSSR in Moskau/Leningrad erscheint 1936 Der Abgrund Ein Zeitroman. Graf veröffentlicht Beiträge in der
von Brecht, Feuchtwanger und Bredel in Moskau gegründeten literarischen Monatsschrift Das Wort, hält 1937 Einführungen zu Lesungen von Fritz Brügel und Klaus Mann in Brünn und spricht eine Gedenkrede für den Mitte September 1937 verstorbenen ehemaligen tschechoslowakischen Staatspräsidenten Tomáš Garrigue Masaryk. Ebenfalls im Londoner Malik-Verlag erscheint Anton Sittinger. Ein satirischer Roman. Graf, Mitarbeiter der von Thomas Mann und Konrad Falke in Zürich gegründeten Zweimonatsschrift Maß und Wert, muß sich im Frühjahr 1937 nun zweimal täglich bei der Polizei melden und entkommt nur nach harten Verhandlungen seiner drohenden Ausweisung aufs Land.


1938 ist Oskar Maria Graf Delegierter der deutschen Gruppe beim PEN-Club-Kongress in Prag. Nach dem deutschen Einmarsch in die Tschechoslowakische Republik flieht er Mitte Juli vor den Nationalsozialisten über die Niederlande in die Vereinigten Staaten, wo er bis 1940 als Präsident der German American Writers Association vorsteht. Ebenfalls 1938 beginnt Graf seine Mitarbeit an der deutsch-jüdischen Zeitschrift Aufbau in New York Von Juni bis August 1940 ist er Stipendiat in der Künstlerkolonie Yaddo, wo er sein Buch Das Leben meiner Mutter beendet und das im November bei Howell & Solkin, New York, in englischer Sprache unter dem Titel The Life of My Mother. A biographical novel erscheint. 1942 gründet Graf, zusammen mit Wieland Herzfelde und weiteren emigrierten deutschen Schriftstellern, in New York – in der Nachfolge des Malik-Verlages – den Aurora-Verlag, in dem bis 1947 zwölf Bücher veröffentlicht werden.

Auf die Initiative Grafs – der sich übrigens lange beharrlich weigert, die fremde Sprache zu erlernen, aus Angst um den Verlust der eigenen -, geht der 1943 ins Leben gerufene Emigranten-Stammtisch in German Town auf der Ostseite Manhattans (später Yorkville) zurück, der für Jahrzehnte an jedem Mittwoch zum regelmässigen Treffpunkt für deutschsprachige Exilanten wie z.B. den Wiener Illustrator, Grafiker und Zeichner Leo Glückselig werden soll.


„Das Motto des Stammtisches lautete damals: ‚Wir sind für alle und alles‘. Bekannte und heute weniger bekannte Emigranten fanden sich ein, Intellektuelle und Arbeiter, Künstler und Wissenschaftler, Originale und Lebenskünstler. Häufig kamen Bertolt Brecht (1898-1956), der Graf als Schriftsteller sehr schätzte, und der Verleger und Publizist Wieland Herzfelde (1896-1988) zu Besuch, in den 60er Jahren auch Uwe Johnson (1934-1984). eindeutiger Mittelpunkt, um den sich alles drehte, was Oskar Maria Graf, der mit seiner Persönlichkeit und manchmal rauhen Art das Geschehen dominierte. Der Schriftsteller hielt Hof, der Kreis war sein ‚Schwabing in New York‘, und er bestimmte die Stammtisch Hierarchie: Wen Graf beschimpfte, der gehörte dazu.“ *)

*) Rainer Hering: Deutscher Treffpunkt in Manhattan. Der Oskar-Maria-Graf-Stammtisch, in DAMALS (12/ 2002), S. 70/71


Im Oktober 1944 heiratet Osaker Maria Graf seine langjährige Lebensgefährtin Mirjam Sachs. Der geplante Deutschland-Besuch nach der Niederlage des Faschismus 1945 scheitert jedoch an der Tatsache, daß Graf als immer noch Staatenloser kein Re-Enter-Permit erhält und auch die von ihm erwogene Rückkehr damit nicht realisiert werden kann. Der als „Wilder KP-Mann“ Denunzierte mußte bereits 1943 eine (allerdings erfolglose) Hausdurchsuchung des FBI über sich ergehen lassen, und auch eine Universitätsanstellung scheitert an der politischen Haltung des überzeugten Pazifisten Oskar Maria Graf, der 13 Jahre später erst amerikanischer Staatsbürger wird – und sich bei seiner Vereidigung standhaft weigert, für die neue Heimat zur Waffe zu greifen:


„Ich werde niemals einen Staat oder irgendein System mit der Waffe verteidigen, weil das für mich barbarisch ist. Wenn ich Sie umbringe, kann ich nicht mehr mit Ihnen reden. Ich bin seit dreißig Jahren Anhänger Tolstois und ungefähr so etwas wie ein religiöser Sozialist“ – mit diesen Worten begründete Oskar Maria Graf 1958 seine Verweigerung des Kriegsdienstes vor der Einbürgerungsbehörde der USA, die ihm nach 15-jähriger Wartezeit beim Eid auf die Landesverfassung die Verpflichtung erließ, Amerika mit der Waffe zu verteidigen. Während etwa 250 zur Vereidigung Geladene kollektiv die übliche Formel sprachen, schwor er allein auf eine viel kürzere, aus der „alles, was Militär- und Kriegsdienst betraf, herausgelassen“ war.

Quelle: Ulrich Dittmann: Schandfleck der ganzen bayrischen Armee. Oskar Maria Grafs Antithese kontinuierlicher Isolation und Verzweiflung. Hier in: http://www.literaturkritik.de/public/rezension.php?rez_id=7395&ausgabe=200409


Noch 1958 unternimmt Graf seine erste Europareise nach dem Krieg und besucht Berlin, München, seinen Geburtsort Berg, Wien, Zürich, Genua und Nervi.

Am 11. November 1959 stirbt Grafs Ehefrau Mirjam. Drei Jahre später heiratet Oskar Maria Graf, seit 1960 Ehrendoktor der Wayne State University of Detroit, in New York Dr. Gisela Blauner. Bis zu seinem Tod 1967 folgen noch mehrere Deutschland-Aufenthalte, immer wieder verbunden mit dem Gedanken an eine endgültige Niederlassung in seinem Geburtsland. Hierhin wird der in seiner us-amerikanischen Exilheimat Verstorbene allerdings erst 1968 zurückkehren: mit der Beisetzung seiner Urne auf dem Friedhof München-Bogenhausen.


Quelle:

Hans Dollinger: Das Oskar Maria Graf Lesebuch, München (List) 1993, S. 84 ff., hier zitiert aus: Oskar Maria-Graf Gesellschaft e.V., http://www.oskarmariagraf.de


Werke (Auswahl):

1918: Die Revolutionäre (Gedichte)
1925: Die Chronik von Flechting
1927: Wir sind Gefangene. Ein Bekenntnis
1929: Kalendergeschichten“ (Erzählungen)
1931: Bolwieser. Roman eines Ehemannes
1932: Einer gegen alle. Roman
1935: Der harte Handel. Ein bayrischer Bauernroman
1936: Der Abgrund. Ein Zeitroman
1937: Anton Sittinger. Ein satirischer Roman
1940: Das Leben meiner Mutter
1947: Unruhe um einen Friedfertigen. Roman
1959: Die Erben des Untergangs. Roman einer Zukunft
1959: Die Flucht ins Mittelmäßige. Ein New Yorker Roman
1964: Er nannte sich Banscho. Der Roman einer Gegend
1966: Gelächter von außen. Aus meinem Leben 1918 – 1933


Literatur/ CD:

Ulrich Dittmann, Hans Dollinger (Hg.):
Oskar Maria Graf
Verlag Buch und Media, München 2005
ISBN 3-86520-083-4

Ulrich Kaufmann, Detlef Ignasiak (Hg):
Oskar Maria Graf: Briefe aus New York 1950-62
P. Kirchheim-Verlag, München, ISBN 3-87410-066-9

Oskar Maria Graf: Made in Bavaria.
Geschichten und Interviews von und mit dem Autor.
2 CDs. Gesprochen vom Autor.
Der Hörverlag, München 2003
ISBN 3-89940-045-3


Links (deutsch):

http://www.oskarmariagraf.de

http://www.gemeinde-berg.de/1geschichte/graf.htm

http://de.wikipedia.org/wiki/Oskar_Maria_Graf

http://www.lesekost.de/deutsch/graf/HHL255.htm

http://www.lesekost.de/deutsch/graf/HHL255B.htm

http://www.perlentaucher.de/autoren/11099.html

http://www.literaturkritik.de/public/rezension.php?rez_id=5938&ausgabe=200305

http://www.zvab.com/angebote/oskar-maria-graf.html

http://www.damals.de/sixcms/detail.php?id=135214

http://de.wikipedia.org/wiki/Malik-Verlag

http://de.wikipedia.org/wiki/Aurora-Verlag


International:

http://library.albany.edu/speccoll/findaids/ger002.htm

http://www.davidrumsey.com/amico/amico883693-70196.html

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