Drücke „Enter”, um zum Inhalt zu springen.

Müller, Herta

H.A.M. 0
Herta Müller
Schriftstellerin

Geb. 17.8. 1953 in Nitzkydorf/ Rumänien

Herta Müller, deren Familie zur deutschen Minderheit der Banater Schwaben gehört, studiert nach dem Abitur an der Universität im westrumänischen Timişoara (der ehemals österreichischen Festungsstadt Temesvár) Germanistik und Rumänistik. Ihren Lebensunterhalt verdient sie sich in dieser Zeit mit Schul- und privatem Deutschunterricht. Ab 1976 arbeitet sie als Übersetzerin in einer Maschinenfabrik, wird allerdings 1979 nach ihrer Weigerung, mit dem rumänischen Staatssicherheitsdienst  Securitate zusammenzuarbeiten, entlassen.

Ihr erstes Buch Niederungen, von den Banater Schwaben als “Nestbeschmutzung“ empfunden, kann 1982 in Rumänien, wie alle Publikationen, nur zensiert erscheinen. 1987 reist Herta Müller mit ihrem damaligen Ehemann, dem Schriftsteller Richard Wagner, in die Bundesrepublik Deutschland aus, erhält in den Folgejahren u.a. Lehraufträge als “writer in residence“ an Hochschulen im In- und Ausland und lehrt 2005 im Rahmen einer “Heiner-Müller-Gastprofessur“ an der Freien Universität in Berlin, wo sie auch heute noch lebt und arbeitet.

Die Trägerin zahlreicher renommierter Auszeichnungen und Literatur-Preise (darunter 1994 der Kleist-Preis, den vor ihr bereits Exilanten wie Walter Hasenclever , Fritz von Unruh , Bert Brecht ,  Leonhard Frank , Paul Zech , Hans Henny Jahnn und Carl Zuckmeyer , Anna Seghers und Else Lasker-Schüler erhalten haben) gehört bis zu ihrem Austritt 1997 dem P.E.N.-Zentrum Deutschland an und ist seit 1995 Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung. 2009 wird ihr Roman “Atemschaukel“, das auf der Grundlage einer gemeinsamen Arbeit mit dem Georg Büchner-Preisträger Oskar Pastior  entstanden ist,  für den Deutschen Buchpreis nominiert.

Im Oktober 2009 wird Herta Müller der Nobelpreis für Literatur zuerkannt.  


Zu den zahlreichen Gratulaten weltweit zählt auch die Else Lasker-Schüler-Gesellschaft , deren Mitglied die Preisträgerin seit vielen Jahren ist. Hajo Jahn, Initiator und Vorsitzender der in Wuppertal ansässigen Literaturgesellschaft: “Bei einem Else-Lasker-Schüler-Veranstaltung im Wuppertaler Theater REX erklärte die Autorin: ‚Wenn sie mich in Rumänien zum Verhör holten, sagten sie, sie wüssten alles über mich. Aber ich ging mit meinen Gedanken in ein Gedicht und wusste genau, sie wissen gar nichts über mich.‘ Wir haben Herta Müller – die an mehreren Else-Lasker-Schüler-Foren teilgenommen hat sowie an den Dichterlesungen in Asylbewerberheimen 1992 und Mitglied ist seit 1993 – noch am Tag der Bekanntgabe der hohen Auszeichnung herzlich beglückwünscht. Sie hat das ELS-Büro im September 2000 an der Herzogstr. 42 in Wuppertal mit einer Lesung eröffnet, war mehrere Jahre lang Vorstandsmitglied und 2001 Teilnehmerin beim Else-Lasker-Schüler-Forum in Israel: Die Else-Lasker-Schüler-Gesellschaft freut sich ungemein, mit Herta Müller eine Literaturnobelpreisträgerin unter ihren Mitgliedern zu haben – die zweite nach Elfriede Jelinek. Mit dieser international wichtigsten Literaturauszeichnung wird der Blick auf die Themen gelenkt, die Herta Müller bewegen – die Erfahrungen im totalitären Ceausescu-Regime, die Verfolgung von Schriftstellern und anderen Intellektuellen, die widerständig sind in Diktaturen, zensiert, eingesperrt, verfolgt und vertrieben werden. Sie schildert diese Erfahrungen ohne falsche Sentimentalität oder erhobenen Zeigefinger, übersetzt die historische Wirklichkeit mahnend kompromisslos in eine unnachahmliche, poetische Sprache. Der Schreckensherrschaft setzt sie eigene Wortschöpfungen entgegen wie einst Else Lasker-Schüler – “Atemschaukel“: Ein großartiger Roman, eine wunderbare Sprache. Wie gemeißelt. Und kein Zurückweichen vor der Unmenschlichkeit. Ein gutes Korrektiv für die, welche hierzulande auf dem vermeintlich linken Auge so lange blind waren oder noch immer sind.

Die Heimatlosigkeit, von der das Nobelpreiskomitee in seiner Würdigung spricht, kommt aus ihrer Erfahrung des Totalitarismus, der Allgegenwart von Angst, Misstrauen und Gewalt. Herta Müller ist eine der wichtigsten Stimmen jener Entwurzelten, die aus ihren Heimaten fliehen mussten und noch immer vertrieben werden, solange es machtgierige Politiker gibt. Diesem Ziel dient auch das “Zentrum für verfolgte Künste“ (in Solingen).


Angesichts der zunehmenden “Ostalgie“, der Verklärung der untergegangenen kommunistischen Diktaturen, gibt die verdiente Ehrung für Herta Müller ihrem und unserem Anliegen noch mehr Gewicht.“  (Hajo Jahn und der Vorstand der Else-Lasker-Schüler-Gesellschaft)           


Quellen:

Links (deutsch):

International:

Die Kommentare sind deaktiviert.