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Sänger, Fritz

H.A.M. 0
Fritz Sänger (Pseudonyme: Günther Friebe, Matthias Monten, Paul Pommer)
Publizist

Geb. 24.12. 1901 in Stettin
Gest. 30. 6. 1984 in München

„Denn nichts kann mehr entmutigen als die Erfahrung, daß junge Menschen unkritisch und parteiisch von vorherein sind. Solange ich in meiner Partei bin – seit mehr als vierzig Jahren – war ich niemals auch ihr gegenüber unkritisch und bin es heute noch nicht. Ich sage meine Kritik gegen meine Partei öffentlich, wenn es nötig ist.“

Fritz Sänger, Bundestagsabgeordneter Brief an die Junge Union, August 1961


Innere Emigration war vor allem in der Bundesrepublik, aber auch gelegentlich in der DDR ein Begriff, mit dem sich so mancher Zeitgenosse schmückte, um seine ambivalente Haltung während der NS-Diktatur zu kaschieren. Beweise dafür oder dagegen waren kaum möglich. Anders bei Fritz Sänger. Die folgende Biografie ist – hier gekürzt – dem Archiv der sozialen Demokratie der Friedrich-Ebert-Stiftung entlehnt:

Fritz Sänger wuchs zusammen mit drei Geschwistern in Stettin in einem evangelischen, zunächst gut situierten Elternhaus auf. Nach dem Tod des Vaters, eines Großhandels-Exportkaufmanns, musste die Mutter die Familie durch ihre eigene Arbeit ernähren. Die finanziellen Verhältnisse waren karg. Sänger schloss die Schule 1918 mit dem Einjährigen-Freiwilligenzeugnis ab und besuchte dann als Stipendiat das Lehrerseminar in Pyritz (Pommern). Durch einen Schulfreund, Sohn eines Sekretärs des Metallarbeiterverbandes, kam Sänger in Verbindung mit sozialdemokratischem Gedankengut und trat am 1. April 1920 der SPD bei.
Am 1. Juli 1920 wurde er Redakteur der vom Preußischen Lehrerverein herausgegebenen Halbmonatsschrift Der Ruf. Obwohl er im September 1921 noch die Lehrerprüfung ablegte, wurde er Journalist: Volontariat und anschließende Redakteurstätigkeit leistete er vom Oktober 1921 bis November 1922 beim Generalanzeiger für Stettin und Pommern. Danach war er bis April 1927 Sekretär des Deutschen Beamtenbundes in Pommern. Nebenher arbeitete er jedoch beim Vorwärts und dem Sozialdemokratische Pressedienst mit.


Durch seine parteipolitischen Aktivitäten wurde Sängers Position im Deutschen Beamtenbund auf die Dauer schwierig und seine Ernennung zum Bundessekretär Anfang 1927 nicht dauerhaft wirksam. Er zog es vor, ab Mai 1927 als Redakteur die Preußische Lehrerzeitung zu leiten.
Während seiner Tätigkeit für den Preußischen Lehrerverein musste Sänger dann vom Posten des Redakteurs der Verbandszeitung auf den des Verbandssekretärs wechseln, weil der Vorstand der Meinung war, er gebe der Zeitung ein politisch zu einseitiges Gesicht. Nachdem die Nationalsozialisten die Macht bestimmten, wurde Sänger am 18. April 1933 vom Preußischen Lehrerverein fristlos entlassen.


Durch die Mitbegründung des Pressebüros Die Brücke suchte sich Sänger finanziell über Wasser zu halten: Durch die vom Pressebüro herausgegebenen Korrespondenzen förderte er zugleich den Zusammenhalt unter den Angehörigen der ehemaligen sozialdemokratischen Lehrer und Redakteure. Während des Dritten Reiches half Sänger in vielen Fällen dabei, NS-Verfolgte untertauchen zu lassen oder außer Landes zu bringen, so im Fall des sozialdemokratischen Schulstadtrats von Neukölln, Kurt Löwenstein, und der jüdischen Ehefrauen der Journalistenkollegen Dolf Sternberger und Otto Suhr.
Ab Juni 1935 war er mittellos. Eine Aushilfsstelle als Pressestenograph beim Deutschen Nachrichtenbüro musste er bereits im September 1935 wegen seiner politischen Vergangenheit wieder aufgeben. Sein Lebensunterhalt war erst gesichert, als ihn die Berliner Redaktion der Frankfurter Zeitung zum 1. Oktober 1935 aufnahm.


Während seiner Tätigkeit für die Frankfurter Zeitung sammelte Sänger systematisch Informationen, Weisungen für die gleichgeschaltete Presse usw., schon im Hinblick auf eine Überlieferung für die Zeit nach einem Ende des NS-Systems. Seine Erfahrungen mit dem NS-Pressewesen hat Sänger in seinen Büchern Politik der Täuschungen (1975) und Der Freiheit dienen (1985) geschildert. Zum 31. August 1943 wurde die Frankfurter Zeitung verboten. Sänger fand aber ein Unterkommen als Mitarbeiter der Berliner Redaktion des Neuen Wiener Tagblatts.
In Berlin kam Sänger bald mit sozialdemokratischen NS-Gegnern und Widerstandskreisen in Kontakt. Nach der Entlassung Carlo Mierendorffs aus dem Konzentrationslager lernte Sänger durch ihn Theodor Haubach und durch diesen wiederum 1942 Julius Leber kennen. Sänger sprach mit dieser Gruppe über die geistigen und politischen Grundlagen einer möglichen Opposition gegen die NS-Herrschaft. Er lieferte den Widerstandskreisen aus seiner beruflichen Kenntnis Informationen über den Regierungs- und Propagandaapparat.


Nach der militärischen Zerschlagung des Dritten Reiches half Sänger in Gifhorn, wohin es ihn und seine Familie verschlagen hatte, als Sonderbeauftragter für die Betreuung der NS-Verfolgten. Schon am 6. Oktober 1945 holte ihn die britische Besatzungsmacht als Chefredakteur der Braunschweiger Neuen Presse (später Braunschweiger Zeitung) zurück in den Journalismus. 1946 wurde Sänger Mitglied des Gemeinderates von Gifhorn und Vorsitzender der SPD-Fraktion im Kreistag. Ab August 1946 folgte die Mitgliedschaft im hannoverschen bzw. niedersächsischen Landtag. Ab Mai 1946 baute Sänger zusammen mit Peter Raunau und Werner Schumann den Sozialdemokratischen Pressedienst wieder auf, dessen Chefredakteur er bis Juli 1947 blieb, um dann Chefredakteur und Geschäftsführer des Deutschen Pressedienstes zu werden.


Sein Landtagsmandat legte er nieder. Nach Zusammenlegung der Agenturen der westlichen Besatzungszonen zur Deutschen Presseagentur übernahm Sänger auch hier den Posten des Chefredakteurs und eines der Geschäftsführer. Letzteres blieb er bis 1955, während er den Chefredakteursposten am 31.5.1959 unfreiwillig aufgab, letztlich aufgrund des Drucks der damaligen Bundesregierung.
Als Mitglied der Redaktionskommission des Parteivorstands und schließlich als Sekretär der Redaktionskommission auf dem Godesberger Parteitag im November 1959 konnte Sänger entscheidenden Einfluss auf die Formulierung des Programms nehmen, mit der „seine“ SPD ihren ideologischen Ballast abwarf und zur Volkspartei wurde. Den Bundestag, dem er von 1961 bis 1969 zwei Legislaturperioden angehörte, hatte Fritz Sänger schon von Anfang an mit seiner Arbeit begleitet: Zum Zusammentritt des ersten frei gewählten Parlaments im September 1949 hatte er unter dem Titel Die Volksvertretung die erste Auflage eines Handbuches des deutschen Bundestages herausgegeben, das Auskunft über die Abgeordneten, die Organisation und Arbeitsweise des Parlaments und die rechtlichen Grundlagen gab.
Sein Hauptaugenmerk als Abgeordneter galt der Presse- und Medienpolitik allgemein sowie der Pressegesetzgebung im besonderen. Zu Sängers 80. Geburtstag stiftete der Parteivorstand der SPD den alle zwei Jahre zu verleihenden Fritz-Sänger-Preis für mutigen Journalismus.


Links (deutsch):

http://www.fes.de/archiv/_stichwort/saenger.htm

http://www.stiftung.koerber.de/frames/bg-d/frames.php?param=http%3A//www.stiftung.koerber.de/bg/recherche/de/person.php%3Fid%3D14594%26refer%3D

http://www.spd-stormarn.de/kreisverband/Geschichte4.html

http://www.spd-stadt-gifhorn.de/geschichte_spdovgf.html

http://www.message-online.de/arch3_02/32_grunert.html

http://www.20-juli-44.de/pdf/1963_saenger.pdf

http://www.jaecker.com/reich.htm

http://www.antiquario.de/a_autoren/s/Saenger_Fritz.html

http://www.dpa.de

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