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Munk, Kaj

H.A.M. 0

Kaj Munk (eigtl. Kaj Harald Leininger Petersen)
Schriftsteller und Theologe


Geb. 13.1.1898 in Maribo (Insel Lolland) / Dänemark
Gest. 4.1.1944 in Hørbylunde/ Dänemark


Am 5. Januar 1944 fand man frühmorgens in einem Straßengraben bei Silkeborg die Leiche eines dänischen Pastors. Es war Kaj Munk aus Vedersø. Am Abend zuvor hatte ihn SS-Leute in seinem Pfarrhaus an der Nordseeküste verhaftet, abtransportiert und unterwegs kaltblütig erschossen. Es war ein von Hitler und Himmler angeordneter Terrorschlag gegen den dänischen Widerstand. Ein Spezialkommando der SS musste dafür eigens aus Berlin anreisen.


Die Nachricht verbreitete sich noch am gleichen Tag über das ganze Land. Mittags bereits informierte der schwedische Rundfunk seine Hörer über den Mord. Im Königlichen Theater Kopenhagen unterbrach der Dichter Kjeld Abell die Aufführung und teilte Zuschauern und Schauspielern das Entsetzliche mit. Die Fahnen wehten im ganzen Land auf Halbmast. Die Beerdigung wurde zu einer politischen Demonstration: Mehrere tausend Menschen, darunter Bischof Scharling von Ribe und mehr als fünfzig Amtsbrüder in Amtstracht gaben Kaj Munk das letzte Geleit. Spontan sangen sie am Ende des Gottesdienstes “Ein feste Burg ist unser Gott … ”

Freunde setzten später auf der Rabenhöhe bei Holstebro einen Gedenkstein mit der Inschrift “Kaj Munk starb am 4. Januar 1944 für sein Vaterland. Einige müssen sich opfern, damit andere leben können”. Am Rand der Reichsstraße 15 steht bei Hørbylunde Bakke, 4 Kilometer westlich vor Silkeborg, ein großes archaisches Kreuz aus Granit – ohne Inschrift, ohne Namen oder Jahreszahl. Aber jeder Däne weiß: An dieser Stelle wurde Kaj Munk erschossen. Stets stehen Blumen davor. Das Volk kennt seine Heiligen.


Warum wurde Kaj Munk ermordet?
Noch am 5. Dezember 1943 hatte er im Kopenhagener Dom gepredigt. Er durfte die Kanzel eigentlich nicht betreten. Aber Munk wagte es trotzdem. Öffentlich drohte er wegen der Judenverfolgung mit Aufruhr: im Lande: “Wenn man hier im Lande mit der Ver-folgung einer gewissen Gruppe unserer Landsleute anfängt, nur um ihrer Abstammung willen, dann ist es christliche Pflicht der Kirche zu rufen: ‘Das ist gegen das Grundgesetz im Reiche Christi, die Barmherzigkeit, und das ist verabscheuungswürdig für jedes freie nordische Denken.’ Geschieht das noch einmal, dann wollen wir mit Gottes Hilfe versuchen, das Volk zum Aufruhr zu bringen.”

Genau einen Monat beseitigte man ihn – die Symbolfigur des dänischen Widerstands.


Wer war Kaj Munk?
Geboren wurde er am 13. Januar 1898 in Maribo. Sein Vater war Gerber. Die Eltern starben, als er noch sehr jung war. Verwandte, Kleinbauern auf der Insel Lolland, adoptierten ihn. Schon als junger Mensch verfasste er beachtliche Texte: Balladen, Gedichtzyklen, Dramen. Zwanzig Jahre lang, von 1924 bis zu seiner Ermordung 1944, wirkte er als Pfarrer in Vedersø an der jütländischen Nordseeküste. Zugleich wurde er ein gefeierter Dramatiker und der Erneuerer des skandinavischen Theaters. 1938 wurden Schauspiele von Kaj Munk gleichzeitig auf elf skandinavischen Bühnen aufgeführt.

(Texte in www.kajmunk.dk und: Kaj Munk, Schauspiele, LIT-Verlag, Münster 2003, ISBN 3-89781-039-5)


Zwei Schauspiele besonders begründeten seinen Ruhm: “Das Wort” heißt das eine. Es spielt unter den Bauern eines jütländischen Dorfes und handelt vom unfassbaren, frühen Sterben, vom Glauben an das Wunder der Auferweckung, von Vernunft und Wahnsinn. Das andere Theaterstück, “Er sitzt am Schmelztiegel”, hat die Verfolgung der Juden in Hitler-deutschland zum Thema und rechnet mit dem vergeblichen Versuch einiger deutscher Gelehrter ab, den Juden Jesus zum Arier zu machen.

Bis zum Beginn des Zweiten Weltkriegs sahen mehr als 160.000 Zuschauer dieses Schauspiel und hörten, was darin ein deutscher Theologe einem nationalsozialistischen Minister vorhält: “Ein Jude hat meinen deutschen Mund gelehrt, jeden Morgen und jeden Abend zu beten: ‘Vergib uns unsere Schuld, wie wir vergeben unseren Schuldigern.’ Geben Sie den Juden Lebensrecht in unserem Volk. Denn die Menschenrechte anderen Menschen wegnehmen heißt, sich selbst zum Verbrecher zu machen.”


Kaj Munk wurde in den dreißiger Jahren auch zum viel gelesenen Kolumnisten der großen dänischen Tageszeitungen. In elf Jahren veröffentlichte er mehr als 600 (!) Artikel zu allen möglichen Themen aus Kirche, Kultur und Politik. Den Parlamentarismus in seiner Ausprägung nach dem Ersten Weltkrieg lehnte er entschieden ab. Er war deswegen in Dänemark durchaus umstritten.

Seine anfängliche Sympathie für die Mussolini und Hitler schlugen ins Gegenteil um, als er deren skrupellose Eroberungspolitik durch schaute. Besonders Hitlers unmenschliche Behandlung der Juden in Deutschland empörte ihn zutiefst.

Nach der Besetzung Dänemarks am 9. April 1940 wurde Kaj Munk zur Symbolfigur des Widerstands. Die Kollaboration vieler seiner Landleute lehnte er scharf ab. Seine Waffe war das Wort.. So schrieb er “Niels Ebbesen” über den “dänischen Wilhelm Tell”, der im Mittelalter einen deutschen Aggressor getötet hatte. Die dänische Untergrundbewegung verbreitete das Freiheitsdrama in Tausenden von Exemplaren.

Auch in Munks – trotz Zensur in Zeitungen und in Buchform veröffentlichten (!) -Predigten aus diesen Jahren finden sich viele Aufrufe zum Widerstand. Dass er sich durch sein offenes Wort in Lebensgefahr brachte, war ihm wohl bewusst. Aber er wollte und konnte die Wahrheit nicht verschweigen.

“Die Kirche ist der Ort, wo das Unrecht in den Bann getan, die Lüge entlarvt, die giftige Bosheit angeprangert werden muss – der Ort, wo Barmherzigkeit geübt werden soll als Quelle des Lebens, als Herzschlag der Menschheit.”


Autor:

Paul Gerhard Schoenborn


Vom selben Autor:

”Mit Gottes Hilfe das Volk zum Aufruhr bringen … ”
Die Rettung der dänischen Juden 1943 und die
prophetische Botschaft des Märtyrers Kaj Munk

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„Kaj Munk – der politische Pfarrer und Dichter, denn die SS erschoss“

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„Kai Munk. Wahrheitszeuge“

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Werke von Kaj Munk

(auf dänisch/ Auswahl)
Kaj Munk Mindeudgave, Kopenhagen, (Nyt Nordisk Forlag
Arnold Busck):
– En Digters Vej og andre Artikler 1948.
– Prædikener 1948.
– Cant og andre Skuespil 1948.
– Kærlighed og andre Skuespil 1948.
– Pilatus og andre Skuespil 1949.
– Egelykke og andre Skuespil 1949.
– Digte 1949.
– Dagen er inde – og andre Artikler 1949.
– Foraaret saa sagte kommer – Erindringer 1949

Munk, Kaj: Vedersø – Jerusalem retur, Kopenhagen (Nyt Nordisk Forlag Arnold Busck) 1934
Munk, Kaj: 10 Oxford Snapshots, klippet af en Dramatiker, Kopenhagen (Nyt Nordisk Forlag Arnold Busck) 1936
Munk, Kaj: Fugl Fønix, Kopenhagen (Nyt Nordisk Forlag Arnold Busck) 1939
Munk, Kaj: Aldrig spørge, om det nytter – Digterens Liv fortalt af ham selv i Breve og Artikler, samlet og tilrettelagt af Niels Nøjgaard, Kopenhagen (Nyt Nordisk Forlag Arnold Busck) 1958
Munk, Kaj: Paradis og Syndefald – En Digtcyclus, Aabyhøj (Forlaget BHS (Jørgen Glenthøj) 1994
Kaj Munk: Af et overfladisk, gejstligt menneskes papirer, Kopenhagen (Nyt Nordisk Forlag Arnold Busck) 2001
Kaj Munk: Ordet II – En almanakshistorie – skuespil i syv akter, Kopenhagen, (Forlag Bindslev) 2003

(auf deutsch/ Auswahl)
Fragment eines Lebens – Erinnerungen, Übersetzung: Maria Bachmann-Isler, Zürich (Artemis Verlag) 1944
Bekenntnis zur Wahrheit, Predigten Übersetzung: Laure Wyß, Zürich (Evangelischer Verlag A. G. Zollikon-Zürich) 1944
Dänische Predigten Mit einem Vorwort von Pastor primarius Olle Nysted, Stockholm (Neuer Verlag – Esselte Aktiebolag) o. J. (1945)
Glückhafte Tage – Fünfzehn kurze Grüße mit Blindladung an die fröhlichsten meiner Kameraden, die Lieblingssöhne der Natur und ihre eifrigsten Jünger: Dänemarks Jäger, aus dem Dänischen von Elsa Carlberg, Zürich (Artemis-Verlag) 1946
Jesusgeschichten, wiedererzählt für die Kleinen, aus dem Dänischen von Gudrun Cavin, Genf, (Rocailles Verlag) 1949
Schauspiele, aus dem Dänischen von Rolf Lehfeldt und Paul Gerhard Schoenborn, mit einem Essay von Arne Munk, Edition ATE im LIT Verlag, Münster 2003


Literatur zu Kaj Munk

(auf dänisch)
Auchet, Marc; Honoré, Paul; Katoppo, Marianne; Iversen, Hans Raun (Hg.): Kaj Munk – Dansk rebel og international inspirator, Kopenhagen (Akademisk Forlag) 1995 (mit einer internationale Kaj-Munk-Bibliographie)
Auchet, Marc: De lollandske stjerner – Kaj Munks forfatterskab set paa baggrund af hans liv, Kopen-hagen (C. A. Reitzel) 1998
Behrens, Carl P./Christensen, Henrik Schjødt/Daugbjerg, Søren (Hg.): „Paa Lolland jeg den hented“ – En samling artikler udgivet i 100-aaret for Kaj Munks fødsel, Herning (Poul Kristensen Forlag) 1998
Brix, Hans: Hurtig svandt den lyse Sommer – Kaj Munk 1924 – 1944, Kopenhagen (Westermann) 1946
Brovst, Bjarne Nielsen: Livet i Vedersø Præstegaard – om Lise og Kaj Munk, Herning (Poul Kristensens Forlag) 1980
Brovst, Bjarne Nielsen: Kaj Munk – liv og død, Aarhus (Centrum) 1984
Brovst, Bjarne Nielsen: Kaj Munk og den stærke mand, Aarhus (Centrum) 1992
Brovst, Bjarne Nielsen: Kaj Munk – krigen og mordet, Aarhus (Centrum) 1993
Brovst, Bjarne Nielsen: Kaj Munk – retsopgør og eftermæle, Aarhus (Centrum) 1998
Franck, Lennart: Kaj Munk – prästen, författeren, rebellen, Partille (Warne Förlag) 1997
Geismar, Oscar: Om Mennesket Kaj Munk, Kopenhagen (Nyt Nordisk Forlaget Arnold Busk) 1945
Holm, Søren: Kaj Munk – Den religiøse Problematik i hans Dramaer, Kopenhagen (Nyt Nordisk Forlag Arnold Busck) 1961
Larsen, J. K.: Kaj Munk som Dramatiker, Kopenhagen (H. Hagerup) 1941
Møller, Per Stig: Munk, Kopenhagen (Gyldendal) 2000
Møller, Per Stig: Mere Munk, Kopenhagen (Gyldendal) 2003
Mogensen, Harald: Kaj Munk paa Teatret – En Teaterbilledbog, Kopenhagen (Nyt Nordisk Forlag Arnold Busck) 1953.
Munk, Arne: Kaj Munk og fosterdrabet, Fredericia (Lohses Forlag) 1996
Munkiana – Mitteilungen der Kaj-Munk-Gesellschaft, ab 1997: Kaj Munk Selskabet, c.o. Jens Kristian Lings, Kjeldbergvej 34, Fjaltring, DK-7620 Lemvig
Nielsen, Svend Aage: Livet gad jeg ønske jer – Erindringer om, taler af og breve fra Kaj Munk, Her-ning (Poul Kristensens Forlag) 1984
Nøjgaard, Niels/ Wested, Martinus und andere: Bogen om Kaj Munk – skrevet af hans Venner, Kopenhagen (Westermann) 1946
Nøjgaard, Niels: Kaj Munk – Digter og Praest – Et Mindealbum, Kopenhagen (Berlingske Forlag) 1945
Nøjgaard, Niels: Ordets Dyst og Daad – Kaj Munks Levnedsløb og Personlighed, Kopenhagen (Nyt Nordisk Forlag Arnold Busck) 1946
Nøjgaard, Niels: Kaj Munk og Diktatorene, Kopenhagen, (Nyt Nordisk Forlag Arnold Busck) 1948
Nøjgaard, Niels: Mest lever vi naar vi dør – Syv Skitser om Kaj Munk, Aarhus (Forlaget Aros) 1973
Schmidt, Børge: I forliset bor sejren – Tekstsamling til debat og voksenundervisning udgivet i forbindelse med to videoprogrammer om Kaj Munk, Aarhus (Danmarks Kirkelige Mediecenter) 1999
Siegumfeldt, H. H.: Kaj Munk – en Mand og hans Daad, Aalborg (Frede og L. C. Lauritzen) 1945. (mit ausführlicher Bibliographie)

(auf deutsch)
Eisenberg, Christian: Die politische Predigt Kaj Munks, Europäische Hochschulschriften, Reihe XXIII Theologie, Band 147 Frankfurt a. M. (Peter D. Lang) 1980
Lehfeldt, Rolf/Schoenborn, Paul Gerhard: Zum 100. Geburtstag von Kaj Munk, in: Grenzlandhefte, Flensburg, 1/1998, S. 29-34
Neergaard, Ebbe: Kaj Munk – Ein Dichter zwischen zwei Weltkriegen, Übersetzung: Maria Bachmann-Isler Zürich (Artemis Verlag) 1945
Schoenborn, Paul Gerhard: Alphabete der Nachfolge – Märtyrer des politischen Christus, Wuppertal (Peter Hammer Verlag) 1996
Schoenborn, Paul Gerhard: „Mit Gottes Hilfe das Volk zum Aufruhr bringen …“ Die Rettung der däni-schen Juden und die prophetische Botschaft des Märtyrers Kaj Munk, Transparent – Extra, In:Transparent, Essen, 11. Jg. (1998), H. 49, S. 1-12
Schwede, Alfred Otto: Verankert im Unsichtbaren – Das Leben Kaj Munks, Berlin (Evangelische Verlagsanstalt) 1970
Munk, Kaj: Schauspiele, aus dem Dänischen von Rolf Lehfeldt und Paul Gerhard Schoenborn, mit einem Essay von Arne Munk, Edition ATE im LIT Verlag, Münster 2003


Sitzen wir im Schmelztiegel?
Sieben Schauspiele des dänischen Pfarrers Kaj Munk erstmals in Deutsch
Autor: Arnim Juhre

„Beide sind vom Jahrgang 1898, Kaj Munk und Bert Brecht. Der eine ist am 13. Januar in Maribo auf Lolland in Dänemark geboren worden, der andere am 10. Februar in Augsburg in Deutschland. Dem einen ist Dänemark zum Schauplatz seines Schicksals geworden, dem anderen zur ersten Exil-Station, zur ersten Bleibe für sechs Jahre, seit er Deutschland 1933 verlassen musste.“

Zum Weiterlesen klicken Sie bitte hier (PDF-Dokument)


Links (deutsch):

http://www.kajmunk.dk/print.php?content.14

http://www.transparentonline.de/Nr68/68_15.htm

http://www.transparentonline.de/Nr56/56_13.htm

http://www.thorsminde.de/kajmunk.html

http://www.net-lexikon.de/Kaj-Munk.html

http://home.t-online.de/home/hasso.b.manthey/philo/brechtmu.htm

http://www.um.dk/deutsch/daenemark/enzyklopaedie/kap6/6-15.asp


International:

http://www.dril.dk/tema/dig/kaj_munk/index.asp

http://www.maribo.net/kaj_munk.htm

http://www.nomos-dk.dk/skraep/kaj_munk-bio.htm

http://www.kajmunk.dk/news.php

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