Friedrich Hacker (Frederick J. Hacker)
Psychiater, Psychoanalytiker und Aggressionsforscher
Geb. 19.01. 1914 in Wien/ Österreich-Ungarn
Gest. 23.06. 1989 in Mainz
“Gewalt ist das Problem, als dessen Lösung sie sich ausgibt“
Friedrich Hacker *)
Friedrich Hacker besucht das Gymnasium Stubenbastei im I. Wiener Gemeindebezirk und immatrikuliert sich anschließend für das Studium der Medizin. Im Frühjahr 1938 erfolgt der “Anschluss“ Österreichs an Hitler Deutschland, und wie zahlreiche andere (darunter {ln:Troller, Georg Stefan ‚Georg Stefan Troller}, {ln:Wilder, Billy ‚Billy Wilder}, {ln:Fried, Erich ‚Erich Fried}, {ln:Morgan, Ernst ‚Ernst Morgan}, {ln:Zweig, Stefan ‚Stefan Zweig} und {ln:Stolz, Robert ‚Robert Stolz}), flüchtet auch der 24jährige jüdische Student vor den Nazis und gelangt zunächst in die Schweiz, wo er an der Universität Basel sein Studium fortsetzen und abschließen kann. 1940 verlässt Hacker Europa und emigriert in die Vereinigten Staaten. Nach Anstellungen in mehreren Krankenhäusern gründet er 1945 die “Hacker Psychiatric Clinic“ (mit Sitz in Beverly Hills und Lynwood, Kalifornien) sowie die “Hacker Foundation“ (Beverly Hills), die 1952/ 53 von {ln:Adorno, Theodor W. ‚Theodor W. Adorno Adorno} geleitet wird. Auch mit den ebenfalls vor den Nationalsozialisten ins Exil geflüchteten Mitgliedern der Frankfurter Schule arbeitet Hacker eng zusammen, darunter an einer wegweisenden Untersuchung über den “autoritären Charakter“.
In den nachfolgenden Jahren lehrt er als Psychiatrie-Professor an den Universitäten von Kansas und Los Angeles und initiiert 1968 schließlich in seiner Geburtsstadt Wien die {ln:Freud, Sigmund ‚Sigmund-Freud}-Gesellschaft, als deren erster Präsident er maßgeblich dazu beiträgt, die langjährige Wohnung des Begründers der Psychoanalyse (in der Wiener Berggasse 19) zu erhalten, die seit Ende der 60er Jahre auch das Sigmund-Freud-Museum beherbergt. Georg Markus, Schriftsteller, Sachbuchautor und Zeitungskolumnist berichtet in diesem Zusammenhang über folgende Anekdote:
“Nachdem es ihm (Friedrich Hacker, Anm.d.Red.) gelungen war, die österreichische Regierung für das Projekt zu gewinnen, schlug Hacker dem damaligen Bundeskanzler Josef Klaus vor, Freuds in London lebende Tochter Anna zur bevorstehenden Eröffnung des Museums in der Wiener Berggasse Nr. 19 einzuladen. Der Regierungschef war sofort einverstanden, bat Hacker jedoch, für ihn den Text des Einladungsbriefes an Anna Freud aufzusetzen, da er selbst nicht recht wüsste, wie die berühmte Tochter eines noch berühmteren Vaters anzusprechen sei und mit welchen Worten eine solche Einladung zu erfolgen hätte…Professor Hacker, der Anna Freud gut kannte, formulierte den Brief, der dann vom Kanzler unterzeichnet wurde. Eine Woche später läutete Hackers Telefon, am Apparat war Anna Freud. „Stellen Sie sich vor, Doktor Hacker“, sagte sie, „ich habe einen Brief vom österreichischen Bundeskanzler erhalten, in dem er mich zur Eröffnung eines Freud-Museums einlädt. Ich komme natürlich gerne, aber ich habe noch nie einem Bundeskanzler geschrieben, und da wäre meine Bitte an Sie: Könnten Sie so nett sein, für mich das Antwortschreiben aufzusetzen?“ Hacker kam auch dieser Bitte nach. Er antwortete seinem eigenen Brief und Anna Freud unterschrieb. Aus Einladung und Antwort entwickelte sich ein intensiver Schriftverkehr zwischen Josef Klaus und Anna Freud, der sich über mehrere Monate hinzog. Wobei jeder einzelne Brief vom unermüdlichen Friedrich Hacker stammte.“ (Hier zitiert aus: Georg Markus: “Die Enkel der Tante Jolesch“, Amalthea Verlag Wien, veröffentlicht in: Kurier v. 9.8. 2015: Friedrich Hacker: Vater des „Freud-Museums“/ Georg Markus über den Psychiater und Aggressionsforscher/ {ln:nw:https://kurier.at/stars/friedrich-hacker-im-portraet-vater-des-freud-museums/145.710.826} }
Friedrich Hacker, Gründer und wissenschaftlicher Leiter des „Instituts für Konfliktforschung“ in Wien, ist weltweit auch und vor allem ein immer wieder gefragter Experte bei der Aufklärung spektakulärer Verbrechensfälle, etwa in den USA beim Kidnapping von Patty Hearst, der Enkeltochter des amerikanischen Medienmoguls William Randolph Hearst oder bei der Geiselnahme des österreichischen Botschafters 1980 in Bogotá, bei der Friedrich Hacker die Terroristen zur Freilassung ihrer Geiseln überreden kann. Auch nach dem Anschlag auf die israelische Olympiamannschaft bei den Olympischen Spielen 1972 in München berät er die bundesdeutschen Behörden und ist als Sachverständiger bei diversen, aufsehenerregenden Prozessen geladen (u.a. nach der Ermordung der Schauspielerin Sharon Tate).
Der international renommierte Psychiater, Aggressionsforscher und Terrorismusexperte, dessen Publikationen weltweit Millionenauflagen erreicht haben, stirbt im Alter von 75 Jahren während einer Fernsehdiskussion. Beigesetzt wird Prof. Friedrich Hacker in einem Ehrengrab auf dem Wiener Zentralfriedhof.
Quellen:
*) Das Eingangszitat wurde entnommen aus: Friedrich Hacker – Thesen zur Gewalt/ {ln:nw:http://www.mp3-kolleg.de/schroeder/material/CCSchroeder_WS1415_Friedrich_Hacker-Thesen_zur_Gewalt.pdf }
{ln:nw:https://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_Hacker }
{ln:nw:http://www.nytimes.com/1989/06/30/obituaries/dr-f-j-hacker-75-a-psychiatric-expert-on-violence-in-man.html }
Links (deutsch):
{ln:nw:https://portal.dnb.de/opac.htm?method=simpleSearch&query=124486436 }
{ln:nw:http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-44914589.html }
{ln:nw:https://www.rowohlt.de/autor/friedrich-hacker.html }
{ln:nw:http://www.marcuse.org/herbert/pubs/70spubs/71hackeraggress.htm }
{ln:nw:http://webcache.googleusercontent.com/search?q=cache:Kx_kP8f_RYgJ:archiv.ub.uni-marburg.de/ep/0002/article/download/5396/5261+&cd=5&hl=de&ct=clnk&gl=de }
{ln:nw:http://www.zeit.de/1972/50/wo-gefoltert-wird/komplettansicht }
{ln:nw:http://www.ardmediathek.de/radio/Klassiker-von-Fragen-an-den-Autor/F-Hacker-2-9-1973-Terror/SR-2-KulturRadio/Audio-Podcast?bcastId=583144&documentId=8195446 }
{ln:nw:http://www.mediathek.at/atom/130761D4-1DD-00051-00000CFC-1306C8B9 }
{ln:nw:http://www.oesterreich-am-wort.at/trefferliste/action/expert/aspect/czo0NToiKGluZGV4UGVyc29uczpmcmllZHJpY2ggaGFja2VyKikgIEFORCBleDpvZWF3Ijs=/ }
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