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Leiser, Erwin

H.A.M. 0

Erwin Leiser

Publizist und Regisseur

Geb. 16.05. 1923 in Berlin

Gest. 22.08. 1996 in Zürich/ Schweiz

 

“Was Hiroshima widerfuhr, kann uns allen geschehen. Die ganze Welt ist ein Hiroshima, das die Bombe noch nicht getroffen hat.

Bei uns allen liegt die Entscheidung, ob die Menschheit zusammen sterben muß oder zusammen leben kann.“ *)

 

Sein Vater wird schon sehr bald nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten 1933 und den nachfolgenden Boykottaufrufen gegen Juden aus seinem Beruf als Rechtsanwalt und Notar gedrängt und verstirbt 1937.  Der Sohn erlebt die Pogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 noch in seiner Geburtsstadt Berlin, aber bereits im Februar 1939 gelingt dem noch nicht einmal 16Jährigen die Flucht nach Schweden, wenn auch getrennt von seiner Mutter, die nach London emigriert. In Lund studiert Erwin Literaturgeschichte, Philosophie, Psychologie und Deutsch und veröffentlicht  seine ersten Arbeiten.

 

Nach Ende des Zweiten Weltkrieges bleibt er in Schweden, arbeitet von 1950 bis 1958 in Stockholm als Feuilleton-Redakteur der Zeitung “Morgon-Tidningen“ und widmet sich, neben seiner journalistischen Tätigkeit, der Übersetzung deutschsprachiger Literatur ins Schwedische, darunter Werke der (ebenfalls vor den Nazis nach Schweden emigrierten) Literatur-Nobelpreisträgerin {ln:Sachs, Nelly ‚Nelly Sachs}, von {ln:Brecht, Bertolt ‚Bertolt Brecht}, Friedrich Dürrenmatt und Max Frisch. Arbeiten, die in den späteren Jahren Grundlage eines internationalen Theaterjahrbuchs werden sollen.

 

Nach 1958 ist Erwin Leiser als nunmehr freier Journalist für Zeitungen, Hörfunk und Fernsehen tätig. Er dreht als Regisseur und Autor zahlreiche Dokumentarfilme und Reportagen, darunter  „Den blodiga Tiden“ (“Die blutige Zeit“, dt. Verleihtitel: “Mein Kampf“) aus dem Jahr 1960, eine Dokumentation über das „Dritte Reich“, die bis heute als Klassiker unter den Dokumentationen über die Zeit des Nationalsozialismus gilt. “Leiser stellte Fragen, die am Grundkonsens unserer Republik rüttelten: Wie konnte das alles Anfang der dreißiger Jahre so selbstverständlich entstehen? Und wie war zu begreifen, nachdem alle wußten, was sich ereignet hatte, daß jedermann es so schnell zu verdrängen suchte?“ (hier zitiert aus: {ln:nw:http://www.zeit.de/1996/36/Erwin_Leiser} )

 

Auch in der Folgezeit bleibt die Auseinandersetzung mit Faschismus und Nationalsozialismus  prägendes Thema seiner filmischen und publizistischen Arbeit. 1961 verlässt Leiser seine skandinavische Exilheimat und übersiedelt nach Zürich, wo er im selben Jahr noch den Dokumentarfilm „Eichmann und das Dritte Reich“ dreht, “produziert von der Schweizer Praesens Film in Co-Produktion mit Artur Brauners CCC. Während der Prozess gegen Adolf Eichmann in Israel stattfand, porträtierte Leiser den „Schreibtischtäter“ und eiskalten Organisator des Massenmords an den Juden“ (hier zitiert aus:  {ln:nw:http://www.filmportal.de/person/erwin-leiser_96969f87e364480ba63861cf824d596b}) und “Es sind unter anderem die beiden dffb Studenten des ersten Jahrgangs 1966, Hartmut Bitomsky und Harun Farocki, die in späteren Arbeiten diesen kritischen und analytischen Umgang mit Archivmaterialien und Zeitgeschichte aufgreifen und weiterentwickeln werden“ (hier zitiert aus: {ln:nw:https://dffb-archiv.de/editorial/erwin-leiser})

 

In den nachfolgenden Jahren entstehen Filme zu den unterschiedlichsten Themen. So behandelt “Keine Welt für Kinder“ (1972) die Situation junger Menschen in Elendsvierteln der sogenannten „Dritten Welt“, und die nukleare Bedrohung steht im Mittelpunt von zwei Filmen über Überlebende des Atombombenabwurfs: „Wähle das Leben“ (1963) sowie „Hiroshima – Erinnern und Verdrängen“ (1985). Neben der Arbeit fürs Kino entstehen auch diverse Fernseh-Beiträge, darunter Künstlerporträts, u.a. über {ln:Lang, Fritz ‚Fritz Lang} (1968), Hans Richter (1968, 1973) und den amerikanischen Pop-Art-Maler James Rosenquist (1986).

 

Der vielfach ausgezeichnete Regisseur und Buchautor hat von 1966 bis 1969 das Amt des Künstlerischen Direktors der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin inne und wird im Juli 1996 zum Direktor der Sektion Film- und Medienkunst der Akademie der Künste in Berlin-Brandenburg gewählt. Der im Alter von 73 Jahren verstorbene Erwin Leiser findet auf dem Jüdischen Friedhof in Zürich (wo u.a. auch die Schriftstellerin {ln:Susman, Margarete ‚Margarete Susman}, die Lyrikerin {ln:Kaléko, Mascha ‚Mascha Kaléko} und der Dramaturg {ln:Hirschfeld, Kurt ‚Kurt Hirschfeld} begraben sind) seine letzte Ruhe.

 

Quellen:

*) entnommen aus: Erwin Leiser, “Wähle das Leben“. Das Buch zum Film. Hans Deutsch Verlag Wien-Stuttgart-Basel 1963, S. 167

{ln:nw:https://de.wikipedia.org/wiki/Erwin_Leiser }

{ln:nw:http://www.zeit.de/1996/36/Erwin_Leiser }

{ln:nw:http://www.filmportal.de/person/erwin-leiser_96969f87e364480ba63861cf824d596b }

{ln:nw:http://www.alemannia-judaica.de/zuerich_friedhof_obfries.htm }

film{ln:nw:https://dffb-archiv.de/editorial/erwin-leiser }

 

Links (deutsch):

{ln:nw:https://portal.dnb.de/opac.htm?method=simpleSearch&query=118779338 }

{ln:nw:https://de.wikipedia.org/wiki/Mein_Kampf_(Dokumentarfilm) }

film{ln:nw:https://www.youtube.com/watch?v=IDlNju9wTS0}

film{ln:nw:https://www.youtube.com/watch?v=JNIiQP-xd9c}

{ln:nw:http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-9086563.html }

{ln:nw:https://www.jmberlin.de/brauner-sammlung-eichmann-und-das-dritte-reich }

{ln:nw:http://www.cargo-film.de/blog/2015/jan/27/agb/ }

 

International:

{ln:nw:http://www.imdb.com/name/nm0500557/ }

{ln:nw:http://www.nytimes.com/1996/08/26/arts/erwin-leiser-a-maker-of-films-about-the-nazi-era-dies-at-73.html }

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