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Hindemith, Paul

H.A.M. 0

Paul Hindemith

Komponist

Geb. 16.11.  1895 in Hanau

Gest. 28.12. 1963 in Frankfurt am Main

 

“Musik machen ist besser als Musik hören“ *)

(Paul Hindemith)

 

Der Sohn eines Anstreichers und Dekorationsmalers verbringt die frühe Kindheit in seiner Geburtsstadt unweit von Frankfurt, kommt mit drei Jahren zu seinen Großeltern ins schlesische Naumburg am Queis und übersiedelt mit seiner Familie im Jahr 1900 nach Mühlheim am Main. Hier geht der junge Paul zur Grundschule und erhält ersten Geigenunterricht. Auf Empfehlung seiner Violinlehrerin Anna Hegner besucht er ab 1908 das Hoch’sche Konservatorium, studiert in der Violinklasse von Adolf Rebner, erhält ab 1912 Kompositionsunterricht bei Arnold Mendelssohn und Bernhard Sekles und spielt in den Sommerferien in diversen Schweizer Kurkapellen.

 

Auf die musikalische Bildung seiner drei Kinder – Paul, der Älteste, die drei Jahre jüngere Schwester Antonie und der 1900 geborene Bruder Rudolf – hat der  musisch begabte Vater, dem selber eine entsprechende Ausbildung verwehrt geblieben ist, immer großen Wert gelegt, und unter dem Namen “Frankfurter Kindertrio“ werden die drei Hindemith-Sprösslinge sehr bald auch öffentlich bekannt. Vor allem die seit 1915 vaterlosen Hindemith-Söhne (Rudolf Hindemith, der sich noch im Alter von 44 Jahren als Kriegsfreiwilliger gemeldet hat, fällt im September 1915 in der Herbstschlacht in der Champagne bei Souain-Perthes als Infanterist im Nahkampf) Paul und Rudolf werden in der Folgezeit zum musikalischen Aushängeschild der Familie (beide spielen später auch im “Amar-Quartett“, einer der führenden Gruppen in der Neue-Musik-Szene der Zwanziger Jahre, wobei der jüngere Rudolf als Cellist bald wieder aussteigt, weil er sich oft hinter Paul zurückgesetzt fühlt).

 

Paul Hindemith erhält im Todesjahr seines Vaters 1915 die Stelle des Konzertmeisters am Frankfurter Opernhaus, wird dann aber auch zum Kriegsdienst eingezogen und Anfang 1918 als Militärmusiker eines Infanterie-Regiments ins Elsass verlegt. Die Gräuel des Krieges erlebt der Musiker im Frühjahr 1918 in Nordfrankreich und Belgien. Am 5. Dezember 1918 wird Hindemith aus dem Militärdienst entlassen und nimmt seine Arbeit als Konzertmeister an der Frankfurter Opernbühne wieder auf. Durch seinen Freund und nun auch Schwager, den Rundfunkpionier und damaligen Leiter des Frankfurter Senders, {ln:Flesch, Hans ‚Hans Flesch}, kommt Hindemith ab 1924 mit dem neuen Medium Rundfunk in Berührung. Auf Initiative Fleschs entstehen in der Folge etliche Auftragswerke fürs Radio, unter anderem 1929 das musikalische Hörbild “Der Flug der Lindberghs“, eine Gemeinschaftsproduktion mit {ln:Weill, Kurt ‚Kurt Weill} und {ln:Brecht, Bertolt ‚Bert Brecht}. Die Berliner Hochschule für Musik beruft Hindemith 1927 zum Professor für Komposition, und ab 1929 lehrt er dazu auch noch an der 1927 gegründeten Musikschule Neukölln.

 

Zwischenzeitlich werden mehrere seiner Werke bei den renommierten Donaueschinger Musiktagen uraufgeführt, darunter das Streichquartett op. 22, die Kammermusik Nr. 1 op. 24a sowie die „Junge Magd“ op. 23 Nr. 2. “Spektakuläre Aufführungen exzentrischer Stücke wie ‘Mörder, Hoffnung der Frauen‘ op. 12 mit Texten von {ln:Kokoschka, Oskar ‚Oskar Kokoschka} oder ‘Das Nuschi-Nuschi‘ op. 20, eines Spiels für birmanesische Marionetten, sprengen den Rahmen der konventionell-bürgerlichen Oper“ (Hier zitiert aus: {ln:nw:https://www.dhm.de/lemo/biografie/paul-hindemith} und  nicht zuletzt dies bringt Hindemith den Ruf des europaweit einflussreichsten und meistgeachteten modernen Musikers ein. Die von ihm in den Jahren 1923 bis 1930 mitgeleiteten Kammermusiktage werden fortan zu einem der wichtigsten Foren neuer Musik, zu dessen bedeutendstem Vertreter Paul Hindemith selber wird. 1927 wird er als Kompositionslehrer an die Berliner Hochschule für Musik berufen. 1931 wird sein, in Zusammenarbeit mit {ln:Benn, Gottfried ‚Gottfried Benn} entstandenes, Oratorium „Das Unaufhörliche“ uraufgeführt. Nicht zuletzt auch die Literatur ist für Hindemith stets ein Quell für sein kompositorisches Schaffen, und die expressionistischen Gedichte {ln:Lasker-Schüler, Else ‚Else Lasker-Schülers} faszinieren und begeistern ihn ebenso wie die Lyrik eines Georg Trakl,  Christian Morgenstern oder Rainer Maria Rilke.

 

Immer wieder sind es musikalische wie auch technische Innovationen, die das Interesse des Künstlers wecken, so auch das sich in den ersten Entwicklungsstufen befindliche Trautonium, einem Vorläufer des modernen Synthesizers. Auf Hindemiths Anregung findet 1930 in Berlin die Erstpräsentation auf dem Berliner Fest “Neue Musik“ statt, und anlässlich seines  40. Geburtstages wird Paul Hindemiths dritte und zugleich letzte Komposition für dieses Instrument erstmals durch Oskar Sala aufgeführt.

 

In den 1930er Jahren verlagert er seine musikalischen Aktivitäten als Bratschist zunehmend ins europäische Ausland, und Konzertreisen führen ihn ab 1937 zum ersten Mal auch in die USA. In seinem Geburtsland wird seine Tätigkeit derweil  von den nationalsozialistischen Machthabern zunehmend behindert, auch und vor allem wegen seiner für die Nazis “untragbaren Gesinnung“. Teile von Hindemiths Kompositionen werden unter dem Verdikt des “Kulturbolschewismus“ oder als “entartete Kunst“ aus den Musik-Programmen entfernt, und bereits 1934 erhalten die Werke des “atonalen Geräuschemachers“ (so Propagandaminister Joseph Goebbels) Sendeverbot im deutschen Rundfunk.

 

Zum Zeichen seiner Solidarität mit den Verfolgten des NS-Regimes spielt Paul Hindemith an Heiligabend 1933 im Berliner Untersuchungsgefängnis Moabit, wo zu jener Zeit unter anderem sein Schwager Hans Flesch einsitzt, auf der Bratsche Stücke von Johann Sebastian Bach. 1935 geht der von seiner Stelle Beurlaubte (dessen Symphonie “Mathis der Maler“ im Jahr zuvor von Wilhelm Furtwängler mit Erfolg uraufgeführt worden ist) in die Türkei, um das Konservatorium von Ankara aufzubauen. Ab 1936 wird nun auch die Aufführung all seiner Werke verboten, was Hindemith veranlasst, seine Stellung 1937 zu kündigen. Höhepunkt der Konfrontation mit dem NS-System ist schließlich 1938 die NS-Ausstellung “Entartete Musik“, in der ausdrücklich auf die jüdische Abstammung seiner Ehefrau Gertrud verwiesen wird. Schlussendlich ist dies der Auslöser für die Entscheidung der Eheleute, Nazi-Deutschland zu verlassen. Sie gehen ins Exil, zuerst in die Schweiz und 1940 dann weiter in die Vereinigten Staaten.

 

New Haven in Connecticut wird von nun an ihr  Zuhause und an der Universität Yale findet Paul Hindemith bis 1953 sein neues berufliches Betätigungsfeld. Das (seit 1940) Mitglied der American Academy of Arts and Sciences wird 1946 US-amerikanischer Staatsbürger, widmet sich ab Ende der 40er Jahre auch und vor allem dem Dirigat im Bereich der Klassischen Musik und gastiert weltweit und mit renommierten Klangkörpern wie den Berliner und den Wiener Philharmonikern. 1953 übersiedelt Hindemith, mittlerweile Ehrendoktor der FU Berlin und Ehrenmitglied der Wiener Konzerthausgesellschaft, in die Schweiz, lässt sich am Genfer-See nieder und pendelt ab 1951 zwischen seinem eigens für ihn eingerichteten Lehrstuhl für Musiktheorie, Komposition und Musikpädagogik in Zürich und der Universität Yale an der Ostküste der USA. 1957 beendet er seine Lehrtätigkeit, konzentriert sich nun an ausschließlich auf seine kompositorische und Dirigenten-Tätigkeit und unternimmt diverse Tourneen durch Asien und die USA. Im Alter von 68 Jahren erliegt der hochgeehrte und mit zahlreichen internationalen Preisen geehrte Musiker im Frankfurter Marienkrankenhaus einer schweren Erkrankung. Seine letzte Ruhe findet er in Bonay in der Schweiz. Der Nachlass eines der bedeutendsten Musik-Repräsentanten des 20. Jahrhunderts wird im Hindemith-Institut in Frankfurt am Main aufbewahrt und in Form einer historisch-kritischen Gesamtausgabe ediert.

 

Abschließend noch ein Nachtrag zur jüngsten deutsch-deutschen Geschichte: „Mathis der Maler“, Hindemiths “Werk über den Gegensatz von Geist und Macht, Kreativität und Ideologie, Freiheit und Engstirnigkeit“ ({ln:nw:https://www.br-klassik.de/aktuell/news-kritik/semperoper-dresden-mathis-der-maler-premiere-100.html}), entstanden in den Anfangsjahren des Nazi-Regimes, hat  am 1. Mai 2016 an der Dresdner Semperoper Premiere. Endlich und nach vielen Jahren, denn: “Lange hat es gedauert: Sowohl unter den Nazis als auch unter der DDR-Führung konnte Paul Hindemiths Oper „Mathis der Maler“ in Dresden nicht aufgeführt werden.“ ({ln:nw:https://www.perlentaucher.de/stichwort/hindemith-paul.html})

 

Quellen:

*) Eingangszitat: Daniela Goebel “Paul Hindemith als Pädagoge“/ {ln:nw:http://www.nmz.de/artikel/paul-hindemith-als-paedagoge }

{ln:nw:https://de.wikipedia.org/wiki/Paul_Hindemith }

{ln:nw:https://www.dhm.de/lemo/biografie/paul-hindemith }

{ln:nw:http://www.hindemith.info/de/leben-werk/unbekannter-hindemith/ }

“Hindemith, Paul“, in: Hessische Biografie (Stand: 13.2.2013)/ {ln:nw:http://www.lagis-hessen.de/pnd/118551256 }

{ln:nw:https://www.perlentaucher.de/stichwort/hindemith-paul.html }

{ln:nw:https://www.br-klassik.de/aktuell/news-kritik/semperoper-dresden-mathis-der-maler-premiere-100.html }

 

Links (deutsch):

{ln:nw:https://de.wikipedia.org/wiki/Paul-Hindemith-Gesellschaft_in_Berlin }

{ln:nw:http://www.lagis-hessen.de/pnd/118551256 }

volume_up{ln:nw:http://www.hindemith.info/de/home/ }

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volume_up{ln:nw:https://www.youtube.com/watch?v=DoDBxrMrBgw }

volume_up{ln:nw:http://www.hr-online.de/website/rubriken/hrsinfonieorchester/index.jsp?rubrik=40612&key=standard_document }

volume_up{ln:nw:http://www.rundfunkschaetze.de/fruheste-sendemitschnitte/hindemith-radiomoritat-sabinchen-1930/ }

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volume_up{ln:nw:http://www.ardmediathek.de/tv/kulturWelt-Bayern-2/Nachtkritik-Mathis-der-Maler-Sempero/Bayern-2/Audio-Podcast?bcastId=9486832&documentId=35064996 }

{ln:nw:http://www.hindemith.info/de/leben-werk/werkverzeichnis/ }

{ln:nw:http://www.spektrum.de/magazin/paul-hindemith-leben-und-werk/824759 }

{ln:nw:http://www.badische-zeitung.de/klassik-2/weg-damit-her-damit–78911338.html }

{ln:nw:http://theater.ulm.de/archiv/spielzeit-07-08/documents/einblicke-texte/drittesphilharmonischeskonzert/paul_hindemith-werdegang_und_werk.pdf }

{ln:nw:http://www.ph-orchesterakademie.de/paul-hindemith/ }

{ln:nw:http://www.deutschlandfunk.de/hindemith-und-der-kuhhirtentum-die-welt-des-musikers-und.1242.de.html?dram:article_id=337700 }

{ln:nw:http://www.trautonium.de/hindemith.htm }

{ln:nw:https://www.uni-marburg.de/musik-in-hessen/themen/reeducation/hindemithbedeutung }

{ln:nw:http://www.kassel.de/imperia/md/images/cms04-miniwebs/musikakademie/kottmann_spohr_-_hindemith__kopie_rev_fass_ro.pdf }

 

International:

volume_up{ln:nw:http://www.hindemith.info/en/home/ }

volume_up{ln:nw:https://www.youtube.com/watch?v=7JSPDikVBFc }

film{ln:nw:https://www.youtube.com/watch?v=sJ_283p9LE8 }

{ln:nw:http://www.allmusic.com/artist/paul-hindemith-mn0000112665/biography }

{ln:nw:http://holocaustmusic.ort.org/politics-and-propaganda/third-reich/hindemith-paul/ }

{ln:nw:http://www.telegraph.co.uk/culture/music/classicalmusic/10484549/Paul-Hindemith-The-20th-centurys-most-neglected-composer.html }

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