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Schiffer, Brigitte

H.A.M. 0

Brigitte Schiffer

Komponistin, Musikethnologin, Musiklehrerin und Musikkritikerin

Geb. 14.07. 1909 in Berlin

Gest.18.01.  1986 in London/ GB

 

“Es ist gut, dass man überall Freunde hat“ *)

 

Ihre Kinder- und Jugendjahre verlebt die Kaufmannstochter in Berlin, Davos und Lausanne, Freiburg im Breisgau sowie im ägyptischen Alexandria und erhält in diesen Jahren privaten Klavier- und Musiktheorieunterricht bei wechselnden Lehrern. Zurückgekehrt nach Berlin, beginnt sie 1930 ein Studium an der damaligen Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst, wo u.a. Heinz Tiessen ihr Lehrer im Fach Komposition ist. Zusätzlich studiert Brigitte Schiffer ab 1931 Philosophie und Musikwissenschaft, unter anderem bei {ln:Sachs, Curt ‚Curt Sachs}.

 

Von April bis Oktober 1933 begibt sie sich im Auftrag des Berliner Phonogramm-Archivs auf einer Forschungsreise nach Ägypten in die Oase Siwa. Seit Ende Januar desselben Jahres haben die Nationalsozialisten die Regierungsgewalt in Deutschland, und das hat für Brigitte Schiffer zur Folge, dass sie, aufgrund ihrer jüdischen Herkunft, nicht weiter an der Universität immatrikuliert ist. Lediglich die Intervention des Musikwissenschaftlers Arnold Schering, Ordinarius für Musikgeschichte an der Hochschule, ermöglicht ihr eine Fortsetzung des Studiums, das sie 1935 dann mit der Promotion und einer Arbeit über “Die Oase Siwa und ihre Musik“ abschließen kann.

 

Die Restriktionen der Nazis sind für sie dennoch weiterhin spürbar: Das bereits während ihrer Zeit als Kompositionsstudentin in den 1930er Jahren entstandene Streichquartett in drei Sätzen kann im herrschenden politischen und von Antisemitismus geprägten Klima, unter dem Druck des judenfeindlichen Fritz Stein, ab 1934 Direktor der Hochschule, nur in kleinem Kreis aufgeführt werden kann. Kurz nach Abschluss ihres Studiums emigriert Brigitte Schiffer nach Ägypten und heiratet im September 1935 in Nikosia einen Berufskollegen, den Musikethnologen Hans Hickmann. “Da sich das deutsche Konsulat in Kairo geweigert hatte, diese „Mischehe“ zu trauen, fand die Hochzeit in Nikosia auf Zypern statt.“ (Hier zitiert aus: {ln:nw:http://www.lexm.uni-hamburg.de/object/lexm_lexmperson_00003245;jsessionid=70638691B71B1CF1BED6C40ECC5233DE?wcmsID=0003&XSL.lexmlayout.SESSION=lexmperson_all})

 

In Kairo ist sie ab 1937 bis Anfang der 1960er Jahre am staatlichen Institut für die künstlerische Ausbildung von Frauen (“Higher Institute of Education for Women in Fine Arts“) tätig, zunächst als Musiklehrerin, und nach einiger Zeit als Leiterin der Musikabteilung des Instituts. Daneben verfasst sie zahlreiche Beiträge für den ägyptischen Rundfunk. 1950 hält Schiffer als erste Frau bei den Internationalen Ferienkursen für Neue Musik Darmstadt einen Vortrag, in der Folgezeit wird sie dort zur regelmäßigen Kursteilnehmerin und Berichterstatterin. Nach mehr als 20 Jahren in Kairo lässt sich Brigitte Schiffer Anfang der 1960er Jahre in London nieder und berichtet von dort als Musikkritikerin über Musikereignisse, insbesondere für britische, deutsche und schweizerische Tageszeitungen und Musikzeitschriften.

 

Das kompositorische Werk von Brigitte Schiffer, ihres Zeichens promovierte Musikwissenschaftlerin, Musikpädagogin, -ethnologin und -journalistin, weltgewandt, polyglott und vernetzt mit der internationalen Musikszene wie kaum ein anderer, geschweige denn eine andere Frau ihres Fachs, existiert nur noch bruchstückhaft, darunter jenes Streichquartett aus dem Jahr 1934, das im Rahmen der Berliner Veranstaltungsreihe “musica reanimata“ (der Verein zur Wiederentdeckung NS-verfolgter Künstler widmet Brigitte Schiffer 2014 sein 113. Gesprächskonzert) sowie beim Deutschlandfunk-Forum Neuer Musik 2016 “Jüdische Identitäten“ wiederentdeckt wird.

 

Buchtipp:

*) Matthias Pasdzierny / Dörte Schmidt / Malte Vogt (Hg.): „Es ist gut, dass man überall Freunde hat.“ Brigitte Schiffer und ihre Korrespondenz mit Heinz Tiessen, Alfred Schlee, Hans Heinz Stuckenschmidt und Carla Henius. Edition text+kritik, September 2016, ISBN 978-3-86916-358-1

 

Quellen:

{ln:nw:https://de.wikipedia.org/wiki/Brigitte_Schiffer }

{ln:nw:http://www.deutschlandfunk.de/forum-neuer-musik-2016-juedische-identitaeten-brigitte.1989.de.html?dram:article_id=358523 }

{ln:nw:https://www.etk-muenchen.de/search/Details.aspx?sort=1&q=Brigitte+Schiffer&ISBN=9783869163581 }

{ln:nw:http://www.lexm.uni-hamburg.de/object/lexm_lexmperson_00003245;jsessionid=70638691B71B1CF1BED6C40ECC5233DE?wcmsID=0003&XSL.lexmlayout.SESSION=lexmperson_all}

 

Links (deutsch):

{ln:nw:http://www.musica-reanimata.de/de/komponisten.bio/0090.komponisten.bio.php?id=brigitte.schiffer }

{ln:nw:http://www.tagesspiegel.de/kultur/musica-reanimata-wie-ich-sie-liebe-die-freunde/10118756.html }

{ln:nw:https://www.udk-berlin.de/universitaet/fakultaet-musik/institute/institut-fuer-musikwissenschaft-musiktheorie-komposition-und-musikuebertragung/musikwissenschaft/forschungsstelle-exil-und-nachkriegskultur/forschung/ }

{ln:nw:http://www.zlb.de/fileadmin/user_upload/recherche/Bibliographien/2014-06-26_Brigitte_Schiffer.pdf }

{ln:nw:http://www.deutschlandfunk.de/forum-neuer-musik-2016.2581.de.html }

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