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Gumpert, Martin

H.A.M. 0

Martin Gumpert
Arzt, Sozialreformer, Medizinhistoriker, Dichter und Schriftsteller


Geb. 13.11.1897 in Berlin
Gest. 18.04.1955 in New York/ USA


„Daß man euch durch die Straßen jagen wird,
daß man eure Schränke durchwühlen wird,
daß man euer Telephon überwachen wird,
daß man euch Titel und Namen nehmen wird.

Daß euch eure Freunde nicht mehr grüßen werden,
daß euch eure Frauen nicht mehr lieben werden,
daß euch eure Kinder nicht mehr achten werden,
daß eure Diener euch nicht mehr dienen werden.

Euch fehlt die Phantasie, was wahr wird zu ersinnen,
euch fehlt die Kraft, was wirklich wird zu glauben,
euch fehlt der Mut, was klar ist zu erkennen,
euch fehlt das Wort, um was ihr wißt zu sagen.“

(aus: Martin Gumpert: Euch fehlt die Phantasie, 1934)


Ab 1913 erschienen erste Gedichte von Gumpert in verschiedenen literarischen Zeitschriften und 1917 sein erster Gedichtband.. Nach dem Abitur diente Gumpert im 1. Weltkrieg als Sanitätssoldat in einem deutschen Kriegslazarett in der Türkei und studierte anschließend in Berlin und Heidelberg Medizin.


Im Jahre 1923 schrieb er seine Dissertation mit dem Titel „Der Streit um den Ursprung der Syphilis. In den Jahren 1923 bis 1927 war Gumpert Assistent im Städtischen Rudolf-Virchow-Krankenhaus in Berlin-Wedding, wo er die Abteilung für geschlechtskranke Kinder leitete.


Im Jahr 1928 wurde Gumpert Leiter des Städtischen Ambulatoriums für Geschlechtskrankheiten in Berlin-Wedding und eröffnete parallel dazu eine eigene dermatologische Praxis. Als sozial engagierter Arzt suchte er nach Behandlungsmöglichkeiten für körperliche Entstellungen, unter denen einige seiner Patienten litten, wie Narben, Muttermale oder Folgen von Hauterkrankungen.

Nach einer Weiterbildung in plastischer Chirurgie in Paris initiierte Gumpert – damals einer der profiliertesten und engagiertesten Dermatologen Berlins – die Entstellungsbehandlung als neues Fachgebiet der Dermatologie, war an der Gründung einer ärztlichen Arbeitsgemeinschaft für Entstellungsfürsorge beteiligt und eröffnete 1928 in Berlin-Wedding die erste städtische Beratungsstelle für Entstellungsbekämpfung. Seine Erfahrungen aus der Entstellungsbehandlung faßte Gumpert in seinem 1931 erschienenen Buch Die gesamte Kosmetik zusammen.


Im April 1933 wurde Gumpert als „Nichtarier“ von den Nationalsozialisten seiner ärztlichen Ämter enthoben und bekam seine Zulassung als Kassenarzt entzogen; Ende des Jahres starb seine Ehefrau Charlotte. Jeglicher Möglichkeit, ärztlich tätig zu sein, beraubt, zog er sich in seine Charlottenburger Wohnung in Berlin zurück und widmete sich seiner schriftstellerischen Arbeit und medizinhistorischen Studien. Daraus gingen die Biographie Hahnemann, Die abenteuerlichen Schicksale eines ärztlichen Rebellen und seiner Lehre, der Homöopathie (1934), Das Leben für die Idee, Porträts bedeutender Ärzte und Forscher (1935), und Dunant, Der Roman des Roten Kreuzes (1938) hervor. Der Ausschluss aus dem Schriftstellerverband im Jahr 1934 bedeutete für Gumpert jedoch das Ende jeglicher Publikationsmöglichkeit in Deutschland.


So entschied er sich zur Emigration und kam durch einen glücklichen Umstand Ende 1935 in den Besitz eines Quota-Visums für die USA. Im Frühjahr 1936 konnte er in die Vereinigten Staaten einwandern. Nach bestandener Sprachprüfung erfüllte Gumpert die Voraussetzungen, um in New York City als Arzt praktizieren zu dürfen und eröffnete eine dermatologische Praxis. In New York wohnte Gumpert zunächst im Bedford-Hotel, das vielen deutsche Emigranten vorübergehend als Unterkunft diente. Klaus Mann, der hier ab 1936 lebte, hat Gumpert in seinem Roman aus dem Jahre 1939 Der Vulkan – Roman unter Emigranten als Professor Abel ein Andenken gesetzt.

In seiner New Yorker Praxis wandte Gumpert sich zunehmend der Geriatrie und Gerontologie – der Behandlung und Erforschung von Alterskrankheiten und des Alterungsprozesses – zu, einer zur damaligen Zeit noch sehr jungen Fachrichtung, die sich in den vierziger Jahren in den USA gerade erst zu etablieren begann. Gumpert engagierte sich in verschiedenen gerontologischen Fachgesellschaften und veröffentlichte eine große Zahl populärwissenschaftlicher Artikel rund ums Thema Altwerden sowie die Ratgeber You Are Younger Than You Think (1944), The anatomy of happiness (1951, in Deutschland unter dem Titel Die Kunst glücklich zu sein erschienen) und You and your doctor, a guide to modern medicine, showing how to be a good doctor´s good patient“ (1952), (in Deutschland 1954 als: Patient und Arzt). Ab1952 gab er eine Monatszeitschrift für Senioren, Lifetime living, heraus. Neben seiner Tätigkeit als niedergelassener Arzt arbeitete er im Laufe der Jahre an mehreren New Yorker Krankenhäusern. Von 1952 bis zu seinem Tode war er Leiter der Geriatrischen Ambulanz des Jewish Memorial Hospital. Außerdem war er zeitweilig medizinischer Berater des Time Magazine.


Gumpert nahm auch seine schriftstellerische Arbeit wieder auf und veröffentlichte mehrere Bücher, wie die Autobiographie Hölle im Paradies, Selbstdarstellung eines Arztes (1939), Heil Hunger! Health under Hitler (1940), Der Geburtstag (1948) und die Berichte aus der Fremde (1937). Sein letztes Buch Breaking the Age Barrier (1953), das eine Sammlung von Porträts berühmter alter Menschen enthät, blieb unveröffentlicht. Thomas Mann, mit dessen Familie Gumpert seit der gemeinsamen Emigrationszeit in den Vereinigten Staaten eine langjährige Freundschaft verband lobte Gumperts Werke als „klare, kluge und menschenfreundlichen Bücher“.
1949 kam Gumpert erstmals wieder nach Europa und auch nach Deutschland. Eine endgültige Rückkehr kam für ihn, der seit 1941 amerikanischer Staatsbürger war, nicht in Betracht. Es folgten noch drei weitere Europareisen, u.a. 1954 nach London, wo er am Internationalen Gerontologen-Kongreß teilnahm. Kaum 58-jährig, starb Martin Gumpert an den Folgen eines Herzleidens.


Zusammengestellt von:

Hans Joachim Schneider


Literatur:

Karin Geiger: Der diagnostische Blick. Martin Gumpert als Arzt, Medizinhistoriker und ärztlicher Schriftsteller ( = Studien zur Geschichte der Medizingeschichte und Medizingeschichtsschreibung; Bd. 2), Remscheid: Gardez! Verlag 2004, ISBN 3-89796-145-8

Jutta Ittner: Augenzeuge im Dienst der Wahrheit. Leben und literarisches Werk Martin Gumperts (1897-1955), Aisthesis-Verlag, Bielefeld 1998, ISBN: 3-89528-170-0


Links (deutsch):

http://de.wikipedia.org/wiki/Martin_Gumpert

http://dispatch.opac.ddb.de/DB=4.1/REL?PPN=118543571

http://www.historicum.net/sehepunkte/2005/03/pdf/7054.pdf

http://www.pewid.ch/SCI/gumpert.html

http://www.arsolution.de/kantorei/lohff.htm

http://www.antiquario.de/a_autoren/g/Gumpert_Martin.html

 

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