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Liao Yiwu

H.A.M. 0
Liao Yiwu (alias Lao Wei)
Autor, Reporter, Musiker und Poet

Geb. 1958 in Sichuan/ VR China

Seine erste Festnahme erfolgt,  als Liao Yiwu mit seinem Gedicht ‚massacre‘ (dt.: ‚Massaker‘) und der Arbeit an einem Film die Geschehnisse auf dem Pekinger Tian’anmen-Platz 1989 thematisiert. Wenig später wird der Dichter erneut verhaftet – diesmal erregt eine  Sammlung von Untergrund-Gedichten aus den 1970er Jahren den Unmut der Staatsführung. Nach einer Veröffentlichung eigener Arbeiten im Internet folgt im Dezember 2002 die nächste Festnahme. Seine durchlittenen vier Jahre Haft und Drangsal bringen den chinesischen Poeten bis an den Rand des Selbstmordes. Aber sie können ihn nicht mundtot machen, im Gegenteil: Mit 36 weiteren Intellektuellen unterzeichnet Liao Yiwu im August 2007 einen offenen Brief an die chinesische Regierung und die Organisatoren der Olympischen Spiele in Peking 2008.

im Frühjahr 2009 wird der widerständige Schriftsteller und Musiker von den chinesischen Behörden an einer Reise nach Australien gehindert, wo er für einen   Text über die Folgen des großen Erdbebens in der Provinz Sichuan geehrt werden sollte. Die Entgegennahme des Preises scheitert schließlich an „Behinderungen, Schikanen und schließlich einem offiziellen Ausreiseverbot an der Grenze“, so der Frankfurter S. Fischer-Verlag. Zwei Jahre zuvor hat Liao Yiwu auch den Freedom to Write Award  des Independent Chinese PEN Center nicht entgegennehmen dürfen.

Im Vorfeld der Frankfurter Buchmesse 2009 wird der Autor von Fräulein Hallo und der Bauernkaiser – Chinas Gesellschaft von unten (Fischer 2009) vom Berliner „Haus der Kulturen der Welt“ für Anfang Oktober zu einer Podiumsdiskussion über den rasanten gesellschaftlichen Wandel im Asien-Pazifik-Raum eingeladen, gemeinsam mit den chinesischen Autoren Li Dawei, Yu Hua, Yang Lian, Li Er und Xu Lu. Die chinesische Staatssicherheit verweigert ihm jedoch die Ausreise und damit die Möglichkeit zur Teilnahme des international bekannten Dissidenten auch an der Frankfurter Buchmesse, deren Ehrengast die VR China in diesem Jahr ist.

Mit einer an die Botschaft der VR China gerichteten Resolution, protestieren auch die Wuppertaler Armin T. Wegner – sowie die Else Lasker-Schüler -Gesellschaft am 25. September 2009 energisch gegen das Reiseverbot.  „Zugleich verurteilen wir die Zensur gegen Liao Yiwu und andere oppositionelle Autor/inn/en in China – wie auch jegliches Zurückweichen von Organisatoren der Buchmesse und von deutschen Politikern vor Zensur und anderen Menschenrechtsverletzungen in China. Nicht nur uns verpflichtet der Namen des deutschen Dichters Armin T. Wegner (1886-1978) zu diesem Protest. Wie der bedeutende Autor Liao Yiwu heute gab Armin T. Wegner seinerzeit ein Beispiel für Zivilcourage. Was ihr Fehlen zur Folge hat, konnte die Welt damals sehen – und wir sehen es heute. In seinem ‚Brief an Hitler‘ (1933) formulierte Wegner exemplarisch und zeitlos, er schreibe als ein Deutscher, ‚dem die Gabe der Rede nicht geschenkt wurde, um sich durch Schweigen zum Mitschuldigen zu machen, wenn sein Herz sich vor Entrüstung zusammenzieht.‘


Liao Yiwu schrieb unter anderem 1989 anlässlich der blutigen Niederschlagung von Protesten auf dem Platz des Himmlischen Friedens das Gedicht ‚Massaker‘. Dort heißt es: ‚Wir erleben ein Massaker in diesem Land der Utopien. Der Regierungschef braucht sich nur zu erkälten, und schon müssen die Massen mit ihm niesen.‘

In China konnte dieses Gedicht – wie alle Bücher von Liao und vieler anderer – bisher nicht veröffentlicht werden. Sofortige Aufhebung aller Reiseverbote und aller Zensurmaßnahmen!“

Anfang Juli 2011 gelingt es dem unter massivem Druck der chinesischen Behörden stehenden Liao Yiwu mit einem Täuschungsmanöver, sich ins bundesdeutsche Exil nach Berlin abzusetzen. Wenig später erscheint im S. Fischer-Verlag in Frankfurt/M. sein Zeugenbericht aus chinesischen Gefängnissen: „Für ein Lied und hundert Lieder“.

Quellen:

Internationale Armin T. Wegner-Gesellschaft/ Else Lasker-Schüler-Gesellschaft/ Wuppertal

Literatur:

„China von unten“ (2001) wird in China aus den Läden zurückgerufen.
„China von unten“, erscheint bei Maitian Publ. House/ Taiwan 2002).
„L’empire des bas-fonds“ (aus d. Chinesischen auf Französisch übersetzt von Marie Holzman). Editions Bleu de Chine, Paris. Enthält 12 der 72 Porträts aus der Originalausgabe. ISBN 2-910884-60-0 (2003)
„The Corpse Walker – Real Life Stories: China from the Bottom Up“. Random House, ISBN 978-0-375-42542-4 (2008)        

Fräulein Hallo und der Bauernkaiser – Chinas Gesellschaft von unten S. Fischer-Verlag, Frankfurt/ Main 2009,  ISBN-13 9783100448125


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