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Heine, Fritz

H.A.M. 0

Fritz Heine
Journalist und Politiker


Geb. 6.12.1904 in Hannover
Gest. 5.5.2002 in Zülpich


Für seine Genossinnen und Genossen war er die „graue Eminenz“ im Parteivorstand, für die SED ein angloamerikanischer Agent, für die Historiker „eine der wichtigsten Figuren des Widerstands der Partei gegen die Nazis“, für Hunderte Juden auf dem Weg von Marseille nach Amerika ihr „furchtloser, selbstloser Retter“.


Der Sohn eines Orgelbauers aus sozialdemokratischen Elternhaus absolviert eine kaufmännische Lehre, geht – auf Anregung der heimatlichen SPD -, 1925 für sechs Monate als Volontär zum SPD-Parteivorstand nach Berlin und arbeitet sich hier vom Sekretär des Schatzmeisters zum technischen Leiter der Werbeabteilung hoch.


1932 wird Fritz Heine wegen Beleidigung eines NSDAP-Politikers zu einer Bewährungsstrafe verurteilt und emigriert – nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933, dem Verbot der SPD und der Verhaftung ihrer Mitglieder – nach Prag. Der Sekretär des Exil-Parteivorstands der SPD (Sopade) für Verlags- und Propagandafragen ist in den Folgejahren maßgeblich daran beteiligt, den Neuen Vorwärts und die Deutschland-Berichte zu verbreiten, organisiert den sozialdemokratischen Widerstand im Reich und verhilft namhaften Parteimitgliedern – unter ihnen Hans Vogel, Erich Ollenhauer (SPD-Vorsitzender in den 60er Jahren) und Erich Stampfer – zur Flucht aus Deutschland. Von Prag aus knüpft Heine ein Netzwerk von Widerstandsgruppen, die er mit Informationen und Publikationen versorgt und und erhält so über Jahre hinweg die Verbindung zwischen Deutschland und Prag aufrecht.


1938 übersiedelt der SPD-Parteivorstand nach Paris und Heine, der sowohl englisch als auch französisch spricht, jung genug und ohne Familie ist, wird 1940 beauftragt, Verfolgte in den noch nicht von den Deutschen besetzten Süden Frankreichs zu bringen und ihnen von da aus möglichst auch zur Flucht aus Europa zu verhelfen.


Fritz Heine geht in die Hafenstadt Marseile. Die Dachkammer eines Hotels wird sein Wohn- und Arbeitszimmer, zur Anlaufstelle und Beratungsbüro für Nazi-Verfolgte und Ratsuchende. Er trifft den us-amerikanischen Journalisten Varian Fry, der im Auftrag des Emergency Rescue Committee (ERC) gefährdete und politische Flüchtlinge aus dem Land bringt (bis zu seiner Ausweisung im September 1941 werden es an die 1500 Menschen sein, die er retten kann, darunter die Maler Marc Chagall und Max Ernst sowie die Philosophin Hannah Arendt), besorgt Geld und Papiere für die Flüchtlinge, von denen allerdings auch einige – im Vertrauen auf ihre Prominenz – sich seiner Hilfe verweigern: die beiden ehemaligen Minister und SPD-Reichstagsabgeordneten Breitscheid und Hilferding werden an die Nazis ausgeliefert und kommen ums Leben. Breitscheid im KZ Buchenwald, Hilferding unter ungeklärten Umständen in einem Pariser Gefängnis.

Die Situation der Flüchtlinge im Marsaille der frühen 40er Jahre beschreibt die – ebenfalls vor den Nazis über Frankreich nach Mexiko emigrierte – Schriftstellerin Anna Seghers in ihrem Roman Transit (1944).


1941 muß Heine selber vor den Nazis fliehen und gelangt über Lissabon nach London, wo er ab 1942 bis Kriegsende Mitarbeiter des Political Intelligence Department (PID) ist. 1946 kehrt er – zusammen mit Erich Ollenhauer – nach Deutschland zurück, wird im selben Jahr auf dem Parteitag in den geschäftsführenden SPD-Parteivorstand gewählt und übernimmt die Leitung des Presse- und Propagandaressorts in einer Zeit, in der – vor allem in der britischen Besatzungszone – zahlreiche sozialdemokratische Tageszeitungen entstehen, darunter die Rheinische Zeitung in Köln, das Hamburger Echo und der Berliner Telegraf.

Nach seinem Abwahl aus dem Parteivorstand wird Fritz Heine im Juni 1958 Direktor der Konzentration GmbH, die er bis 1974 verantwortlich leitet.


Er erhält u.a. den Wenzel-Jaksch-Preis sowie – am 10. November 1987 – mit der Auszeichnung als Gerechter der Völker die höchste Ehrung, die Israel einem Nicht-Juden zuteil werden lassen kann.

Fritz Heine – einer der letzten Parteisoldaten der SPD, Gegner des NS-Regimes, Retter der Flüchtlinge von Marseille, Gegenspieler des CDU-Vorsitzenden Konrad Adenauer und schließlich Herr der sozialdemokratischen Zeitungen – stirbt im Alter von 97 Jahren.


Literatur:

Stefan Appelius:
„Der Teufel hole Hitler. Briefe der
sozialdemokratischen Emigration“
Klartext Verlag, Essen 2003
http://www.klartext-verlag.de
ISBN 3-88474-824-6

ders.:
„Heine. Die SPD und der
lange Weg zur Macht“
Klartext Verlag, Essen 2000
ISBN 3884747215


Links (deutsch):

http://www.lyrikwelt.de/rezensionen/ueberfranzhessel-r.htm

http://www.uni-oldenburg.de/presse/einblicke/31/appelius.pdf

http://library.fes.de/fulltext/afs/htmrez/80570.htm

http://www.fes.de/archiv/_vorsitz/51173.htm

http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/type=rezbuecher&id=443

http://www.freitag.de/2004/33/04331502.php

http://www.shoa.de/deutsche_exilpresse.html

http://www.gegen-diktatur.de/beispiel.php?beisp_id=335&tafel_id=5&thema=

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