Drücke „Enter”, um zum Inhalt zu springen.

Specht, Minna

H.A.M. 0

Minna Specht
Pädagogin


Geb. 22.12. 1879 in Reinbek b. Hamburg
Gest. 3.2. 1961 in Bremen


Minna SpechtMinna Specht wurde als siebtes von sieben Kindern des Ehepaares Mathilde und Wilhelm Specht geboren. Ausbildung: Nach dem Besuch des Lehrerinnenseminars in Hamburg arbeitete sie ab 1903 in einem Lyzeum in Hamburg. Von 1906-1909 studierte sie Geschichte, Geographie und Geologie an der Universität in Göttingen. Danach kehrte sie als Oberlehrerin wieder an das Lyzeum in Hamburg zurück. 1914 nahm sie ein zweites Studium in Göttingen in Mathematik und Philosophie auf und legte die Ergänzungsprüfung für Mathematik ab.


Beruflicher Werdegang: Infolge der 1914 beginnenden Zusammenarbeit mit Leonard Nelson (1882-1927) übernahm Minna Specht 1924 die Leitung des Landerziehungsheims Walkemühle bei Melsungen in Niedersachsen. Das Landerziehungsheim war ein Internat mit einer reformpädagogisch orientierten Kinderabteilung und einer Abteilung für junge Erwachsene, die zu sozialistischen Führern ausgebildet werden sollten.
Nach der Schließung der Walkemühle durch die Nationalsozialisten ging sie 1933 ins Exil nach Dänemark und 1938 nach Großbritannien, um die Kinder zu retten und das auf Freiheit und Selbsttätigkeit der Kinder basierende Schulexperiment der Walkemühle fortzusetzen. 1940 wurde sie als „feindliche Ausländerin“ für ein Jahr auf der Isle of Man interniert und leitete dort die Lagerschule. Nach ihrer Entlassung nahm sie die bildungspolitische Arbeit im German Educational Reconstruction Committee (G.E.R.) auf. Im Nachkriegsdeutschland leitete sie 1946-1951 die Odenwaldschule in Oberhambach in Hessen, war dann „Inspektorin“ der Vereinigung der Landerziehungsheime, gewählte Vertreterin für Erziehung und Unterricht in der deutschen Unesco-Kommission und Mitarbeiterin des Unesco-Instituts für Pädagogik in Hamburg.


Die Bedeutung von Minna Specht ist auf zwei Ebenen hervorzuheben:
a) Erwachsenenbildung: Sie entwickelte und praktizierte eine Erziehung mit politischem Anspruch, in deren Vordergrund die Ausbildung zu vernünftiger Selbstbestimmung und Disziplin stand. Inhaltlich war die erfahrungs- und theoriebezogene Aufarbeitung gesellschaftlicher Realität vorgesehen, wodurch ein soziales Verantwortungsgefühl internalisiert und die Verpflichtung zum Kampf für Freiheit und Gerechtigkeit abgeleitet werden sollte. Es war eine autoritäre, rigide Pädagogik, was von Minna Specht später erkannt wurde. Dennoch hielt sie an den Prinzipien der Gesinnungsformung, der Charakterbildung und der moralischen Verantwortung in der Erziehung Erwachsener fest.
b) Kindererziehung: Im Exil gelang es ihr, eine Pädagogik zu konzipieren, die durch Gemeinschaftserleben, Einfachheit der Lebensumstände und Unabhängigkeit von Traditionen darauf abzielte, den asylsuchenden Kindern in ihren Heimen Selbstvertrauen und Vertrauen in andere Menschen zu vermitteln. Sie analysierte die nationalsozialistische Erziehung und ihre Folgen und forderte und praktizierte in der Nachkriegszeit eine Erziehung zur Demokratiefähigkeit, Friedensbereitschaft und Toleranz. Ihre Hoffnung war, daß eine europäische Gemeinschaft auf sozialistischer Grundlage entstehen könnte, die durch Erziehung vorbereitet werden sollte.


Nachlass:

Archiv der Sozialen Demokratie (AdsD) der Friedrich-Ebert-Stiftung, Bonn


Werk- und Literaturauswahl:

Hansen-Schaberg, Inge (Hrsg.), unter Mitarbeit von Sigrid Rathgens: Minna Specht: Gesinnungswandel. Beiträge zur Pädagogik im Exil und zur Erneuerung von Erziehung und Bildung im Nachkriegsdeutschland [Schriften des Exils zur Bildungsgeschichte und Bildungspolitik, hrsg. von Hildegard Feidel-Mertz, Bd. 2]. Frankfurt a.M. 2005 (im Druck).

dies.: Minna Specht – Eine Sozialistin in der Landerziehungsheimbewegung (1918 bis 1951). Untersuchung zur pädagogischen Biographie einer Reformpädagogin [Studien zu Bildungsreform Bd. 22]. Frankfurt/Main, Bern, New York, Paris 1992.

dies.: Die erlebnis- und erfahrungsbezogene Pädagogik Minna Spechts. In der Schriftenreihe „Wegbereiter der modernen Erlebnispädagogik“, Heft 31. Lüneburg 1992.

dies.: Minna Spechts Pädagogik im Exil (1933 bis 1945). In: Lehmann, Monika / Schnorbach, Hermann (Hrsg.): Aufklärung als Lernprozeß. Festschrift für Hildegard Feidel-Mertz. Frankfurt a.M. 1992, S. 120-128.

dies.: Rückkehr und Neuanfang. Die Wirkungsmöglichkeiten der Pädagoginnen Olga Essig, Katharina Petersen, Anna Siemsen und Minna Specht im westlichen Deutschland der Nachkriegszeit. In: Historische Kommission der DGfE (Hrsg.): Jahrbuch für Historische Bildungsforschung, Band 1. Weinheim, München 1993, S. 319-338.

dies.: „Geist und Tat“. Konzeptionelle Vorschläge Minna Spechts zur Schulreform auf dem Hintergrund ihrer Erfahrungen in der Landerziehungsheimbewegung. In: Eierdanz, Jürgen / Kremer, Armin (Hrsg.): „Weder erwartet noch gewollt“ – Kritische Erziehungswissenschaft und Pädagogik in der Bundesrepublik Deutschland zur Zeit des ‚Kalten Krieges‘. Baltmannsweiler 2000, S. 91-111.

Hansen-Schaberg, Inge / Lost, Christine: Minna Specht (1879-1961): Reformpädagogin und Sozialistin. Zur Geschichte doppelter Verdrängung und vertaner Chancen. In: Pehnke, Andreas (Hrsg.): Ein Plädoyer für unser reformpädagogisches Erbe. Neuwied 1992, S. 151-163.

Hansen-Schaberg, Inge / Lost, Christine: Minna Specht (1879-1961): Reformpädagogische Konzepte im internationalen Kontext. In: Neue Sammlung 33 (1993), S. 141-152.

Hansen-Schaberg, Inge / Lost, Christine: Zwischen Weimarer Republik und geteiltem Deutschland – Pädagoginnen und ihr Exil. In: Neue Sammlung 34 (1994), Heft 3, S. 441-458.

Harder-Gersdorff, Elisabeth: Minna Specht. Sozialismus als Lebenshaltung und Erziehungsaufgabe. In: Brehmer, Ilse (Hg.): Mütterlichkeit als Profession. Pfaffenweiler 1990, S. 165-174.

Heckmann, Charlotte: Begleiten und Vertrauen. Pädagogische Erfahrungen im Exil 1934-1946. Hrsg. und kommentiert von Inge Hansen-Schaberg und Bruno Schonig. Frankfurt a.M., Berlin, Bern, New York, Paris, Wien 1995.

MINNA SPECHT. Berichte aus der Odenwaldschule Neue Folge, Heft 15/1993.

Nielsen, Birgit S.: Erziehung zum Selbstvertrauen. Ein sozialistischer Schulversuch im dänischen Exil 1933-1938. Vorwort von Hellmut Becker. Wuppertal 1985.


Autorin:

Inge Hansen-Schaberg


Inge Hansen-Schaberg: Leben und Wirken von Minna Specht
Vortrag zur Eröffnung der Ausstellung im Schloß Reinbek am 13. 2. 2000

Wenn Sie den Wortlaut des Vortrages lesen möchten, klicken Sie bitte hier, um den gesamten Text herunterzuladen (PDF-Dokument)


Links (deutsch):

http://www.philosophisch-politische-akademie.de/specht1.html

http://www.fes.de/archiv/1abt/specht-m.htm

http://www.odenwaldschule.de/frames/geschichte.html

http://www.transcript-verlag.de/ts206/ts206_1.pdf

http://www.fis-bildung.de/fis4free/fis_list.html?feldname1=Schlagw%F6rter&feldinhalt1=MELSUNGEN&ckd=yes&mtz=200

http://www.ecole.ch/Geheeb-Archiv/GA_Archivplan.htm

http://www.reformpaedagogik-archiv.de/Themen.html

http://www.reinhard-staehling.de/html/textzumroman.htm

Die Kommentare sind deaktiviert.