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Werfel, Franz

H.A.M. 0

Franz Werfel
Dichter


Geb. 10.9.1890 in Prag/ Österreich-Ungarn
Gest. 26.8.1954 in Beverly Hills/ USA


Franz Werfel„Ich trage viel in mir.
Vergangenheit früherer Leben,
Verschüttete Gegenden,
Mit leichten Spuren von Sternenstrahlen.
Oft bin ich nicht an der Oberfläche,
Hinabgetaucht in fremdeigene Gegenden bin ich.
Ich habe Heimweh.
O Reste, Überbleibsel, o vergangene Vergangenheit!“

(Aus: Jugendgedichte: Der Weltfreund)

 


Die Lebensgeschichte des Lyrikers, Dramatikers, Romanciers, Erzählers, Essayisten und Übersetzers klingt wie ein Roman: Der strenge Vater, ein böhmischer Handschuhfabrikant, möchte dem Sohn das Dichten austreiben, diese brotlose Kunst und unsinnige Jugendschwärmerei.

Eine fromme Kinderfrau und die barocke Katholizität Prags prägen ihn, den Juden, ebenso wie die Vorstellungen der Anarchisten. Heiraten wird er die berühmte Alma Mahler, die vor ihm mit dem Komponisten Gustav Mahler und dem Architekten Walter Gropius verehelicht war, Mit ihr und in Begleitung des Schriftstellers Heinrich Mann flieht er zu Fuß über die Pyrenäen nach Spanien und Portugal und von dort in die USA. Seiner Frau, die Muse und Geliebte vieler Größen ihrer Zeit, verdankt er Weltruhm.


Schon am deutschen Gymnasium Stefansgasse in Prag im Jahre 1909 begann für Franz Werfel eine lebenslange Freundschaft mit Franz Kafka, Max Brod, Willy Haas und Ernst Deutsch. Nach dem Abitur (Matura) volontierte Werfel ab 1910 bei einer Hamburger Speditionsfirma und wird nach der Veröffentlichung seiner ersten Gedichte Lektor im Leipziger Kurt Wollf-Verlag. Dabei begegnet er Rainer Maria Rilke, Walter Hasenclever, Kurt Hiller und Karl Kraus. 1916 bis 1917 diente Werfel an der ostgalizischen Front.


Als Franz Werfel im Sommer 1917 in das Wiener Kriegspressequartier versetzt wird, lernt er Alma Mahler-Gropius kennen, die er am 6. Juli 1929 zur Frau nimmt. Ihrem Einfluss, seiner Zauberin ist der Weltruhm zuzuschreiben, der im Roman Die 40 Tage des Musa Dagh und den von Hollywood verfilmten Werken Das Lied der Bernadette und Jakobowsky und der Oberst gipfelte. Er wir zum Wortführer des Expressionismus und erlangt frühe Berühmtheit. Der frühe Tod seines Sohnes Martin-Carl-Johannes, der ein Jahr nach seiner Geburt 1918 starb, und der seiner Stieftochter Manon Gropius, die 1935 an Kinderlähmung starb, versetzte Franz Werfel einen tiefen Schock, den er in zahlreichen Werken verarbeitet hat.


Zu einem der berühmtesten in dieser Zeit entstandenen Werke zählt der im November 1933 erschienene Roman Die 40 Tage des Musa Degh, in dem Franz Werfel den Völkermord an den Armeniern 1915/16 literarisch verarbeitet. Wenige Monate später, im Februar 1934, wird der Roman von den Nationalsozialisten wegen „Gefährdung öffentlicher Sicherheit und Ordnung“ verboten und Werfel selber noch im Entstehungsjahr des Buches aus der Preussischen Akademie der Künste ausgeschlossen.


Während der 20er und 30er Jahre gehört Werfel zu den bekanntesten und meistgelesen deutschsprachigen Autoren. 1926 wird er mit dem Grillparzer-Preis, 1927 mit dem Tschechoslowakischen Staatspreis, 1927 mit dem Schiller-Preis und 1937 mit dem österreichischen Verdienstkreuz für Kunst und Wissenschaft 1. Klasse ausgezeichnet, wobei er diese Erfolge und seine Popularität eher seinem epischen Werk als seiner Lyrik oder seinen Dramen zu verdanken hat. Er selbst schätzt seine Lyrik viel höher ein als alle anderen Werke. Die umfangreichen Romane, die zwischen 1920 und 1945 entstanden, standen oft im unmittelbaren Zusammenhang mit der Lebenssituation des Dichters.


Die Machtergreifung der Nazis, der Anschluß von Österreich an das Deutsche Reich und das Verbot seiner Bücher zwangen Franz Werfel (und seine Frau) 1938 ins Exil. Sie lebten bis zum Sommer 1940 im französischen Sanary-sur-Mer, wohin sich auch andere deutschsprachige Widerständige, Gegner und Opfer der Nazis gerettet hatten (darunter Heinrich, Thomas, Erika und Klaus Mann, Lion Feuchtwanger, Hermann Kesten, Bert Brecht, René Schickele, Arthur Koestler, Alfred Kantorowicz, Alfred Kerr, Annette Kolb, Walter Benjamin, Ernst Toller, Walter Hasenclever, Ernst Bloch und Egon Erwin Kisch).

Von dort gelang den Werfels gemeinsam mit Heinrich Mann zu Fuß die abenteuerliche Flucht über die Pyrenäen. Am 4. Oktober 1940 verlassen die Eheleute auf der Nea Hellas den Hafen von Lissabon und erreichen am 30. Oktober die Vereinigten Staaten von Amerika, wo Franz Werfel nach zwei vorausgegangenen Herzinfarkten 1945 im kalifornischen Beverly Hills an einer chronischen Angina Pectoris stirbt.


Werfels Interesse für die Aufbauarbeit der jüdischen Pioniere hatte ihn zwar kurzzeitig 1924 nach Palästina geführt, er verabsäumte es aber, an der Aufbauarbeit des Judenstaates mitzuwirken. Seiner kulturellen Wurzeln beraubt, starb Werfel verbittert in Hollywood. Angeblich wurde er im Smoking begraben, mit Seidenhemd, neben sich ein zweites Hemd zum Wechseln, die Brille in der Jackentasche.


Autor:

Hajo Jahn


Textgrundlage:

Literatur Lexikon, Autoren und Werke deutscher Sprache, herausgegeben von Walter Killy, Bertelsmann Lexikon Verlag, Gütersloh/München, 1991.

1924 Verdi. Roman der Oper
1928 Der Abituriententag. Die Geschichte einer Jugendschuld
1929 Barbara oder die Frömmigkeit
1931 Die Geschwister von Neapel
1933/47 Die vierzig Tage des Musa Dagh (hist. Roman, 2 Bde.)
1937 Höret die Stimme (= 1956 Jeremias; hist. Roman)
1939 Der veruntreute Himmel (urspr.: Der gestohlene Himmel)
1941 Das Lied von Bernadette
1946 Stern der Ungeborenen
1952
(1938/39 e) Cella oder die Überwinder (Frgm.)
Erzählungen/Novellen
1920 Nicht der Mörder, der Ermordete ist schuldig
1927 Der Tod des Kleinbürgers
1927 Geheimnis eines Menschen (Novellen)
1931 Kleine Verhältnisse
1941 Eine blaßblaue Frauenschrift

Dramen
1911 Der Besuch aus dem Elysium (Einakter)
1912 Die Versuchung
1914 (1916 a Berlin) Die Troerinnen des Euripides
1919 Mittagsgöttin (Zauberspiel)
1920 (1921 a Leipzig) Spiegelmensch
(„magische Verstrilogie“)
1921 (1922 a Wien) Bocksgesang (Tragödie)
1922 (1923 a Prag) Schweiger (Trauerspiel)
1925 (a Magdeburg) Juarez und Maximilian („drama-
tische Historie“)
1926 (a Bonn, Breslau, Köln, München) Paulus unter
den Juden („dramatische Legende“)
1930 (a Wien) Das Reich Gottes in Böhmen (Tragödie
eines Führers)
1936 (1937 a New York) Der Weg der Verheißung
(Bibelspiel; 1937 Vertonung: Kurt Weill: The Eternal Road)
1937 In einer Nacht
1944
(1941/42 e;
1944 a New York [engl.], Basel [dt.]) Jacobowsky und
der Oberst (Komödie einer Tragödie)

Lyrik
1911 Der Weltfreund (Gedichte)
1913 Wir sind (Gedichte)
1915 Einander – Oden, Lieder, Gestalten
1917 Gesänge aus den drei Reichen (ausgew. Ged.)
1919 Der Gerichtstag (Gedichte)
1923 Beschwörungen (Gedichte)
1928 Neue Gedichte
1946 Gedichte aus den Jahren 1908 bis 1945
Prosa-Sammelband
1975 Zwischen Oben und Unten. Prosa – Tagebücher – Aphorismen – Literarische Nachträge

Gesamtausgaben
1948-67 Gesammelte Werke in Einzelbänden, hg. v. Adolf D. Klarmann, Frankfurt/M.
1989-93 Gesammelte Werke in Einzelbänden, hg. v. Knut Beck, Frankfurt/M.

Werke:
(e = entstanden; a = Uraufführung)


Literatur:

Heinke Wunderlich: Sanary-sur-Mer – Deutsche Literatur im Exil. Verlag Edition Isele, ISBN 3861423200

Ulrike Voswinckel und Frank Berninger: Exil am Mittelmeer – Deutsche Schriftsteller in Südfrankreich 1933-1941, alliteraverlag, ISBN 386520113X.


Links (deutsch):

http://www.goethe.de/os/hon/aut/dewer.htm

http://www.bautz.de/bbkl/w/werfel.shtml

http://www.litlinks.it/w/werfel.htm

http://infos.aus-germanien.de/Franz_Werfel

http://web.skku.edu/german/essay/mla_bibl/werfel98.htm

http://www.onlinekunst.de/september/10_09_Werfel.htm

http://www.zvab.com/angebote/franz-werfel.html

http://www.3sat.de/3sat.php?http://www.3sat.de/diverses/05634

http://www.armenien.at/thread.php?threadid=2147&page=1

http://www.klick-nach-rechts.de/gegen-rechts/2003/01/werfel.htm

http://www.israel-nachrichten.de/zeitung/aurora.htm

http://www.grin.com/de/preview/22881.html


International:

http://www.tallarmeniantale.com/musa-dagh.htm

http://adirondackreview.homestead.com/transwerfel.html

http://www.usc.edu/isd/archives/arc/libraries/feuchtwanger/exiles/werfel.html

http://www.epdlp.com/escritor.php?id=2432

http://linkszeitung.de/content/view/2058/52

http://www.mairie-sanary.fr/index2.php


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