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Litten, Hans

H.A.M. 0

Hans Litten
Rechtsanwalt


Geb. 19.6. 1903 in Halle/ Saale
Gest. 5.2. 1938 KZ Dachau


Hans LittenDer Sohn eines Jura-Professors aus wohlhabenden jüdischen Kreisen wendet sich vom Judentum ab und beschwört damit einen Konflikt mit seinem konservativen Vater herauf, in dessen Abwendung vom Judentum und christlicher Taufe der Sohn einen opportunistischen Akt sieht. Auch die sehr unterschiedlichen politischen Anschauungen trennen Vater und Sohn Hans, den hingegen eine lebenslang harmonische Beziehung mit seiner Mutter verbinden wird.


Seine Jugend verbringt Litten im ostpreussischen Königsberg. Bereits in seiner Schulzeit wendet er sich sehr bewußt dem Judentum zu und schließt sich der sozialreformerischen deutsch-jüdischen Jugendgruppe Schwarzer Haufen an, zu deren führenden Mitgliedern er auch während der anschließenden Studien-Jahre in München und Berlin gehört. Auf Wunsch des Vaters hatte sich Hans Litten gegen seine ursprünglichen kunstwissenschaftlichen und musischen Interessen und für das Fach Jurisprudenz entschieden.

 


Im September 1928 erhält er seine Zulassung als Anwalt und läßt sich in Berlin nieder, wo er u.a. auch mit dem Strafverteidiger Max Alsberg zusammenarbeitet.

Die verbotene blutig endende Mai-Kundgebung vom 1. Mai 1929, bei der 25 Demonstranten erschossen werden, wird für Hans Litten zum Schlüsselerlebnis. Er erstattet Strafanzeige gegen den (SPD) Polizeipräsidenten. Als proletarischer Anwalt arbeitet er, der selber parteipolitisch ungebunden ist, in der Folgezeit häufig für die Rote Hilfe und vertritt in ihrem Auftrag Kommunisten als Verteidiger oder Nebenkläger.


Im November 1930 überfällt ein SA-Sturm Angehörige des Arbeiter-Wandervereins Falke, die sich im Tanzpalast Eden in Berlin-Charlottenburg versammelt haben. Im darauffolgenden Eden-Palast-Prozeß tritt Hans Litten als Nebenkläger auf und lädt unter anderem Adolf Hitler vor, der am 8. Mai 1931 zur Frage des Verhältnisses der NSDAP zur Gewaltanwendung im politischen Kampf als Zeuge vernommen wird. Der durch Littens Fragen bezüglich Schriften von Josef Goebbels in die Enge getriebene Hitler verliert dabei vor Gericht die Fassung.

Es folgen noch fünf weitere Prozesse, die den Überfall des SA Sturms 33 zum Gegenstand haben, darunter der sogenannte Felseneck-Prozeß, in dessen Verlauf Hans Litten zeitweise von der Verteidigung ausgeschlossen wird, desgleichen in einem neuen Verfahren (wegen angeblicher Zeugenbeeinflußung).


Der von der NS-Presse zunehmend heftig Attackierte bleibt – aus Solidarität mit den Arbeitern – in Deutschland, obgleich ihn seine Mutter bereits kurz vor der Machtübernahme der Nationalsozialisten immer wieder zur Flucht drängt. Littens Vater (Dekan der Juristischen Fakultät Königsberg und mehrere Jahre deren Rektor) verläßt Deutschland 1932, nachdem er von Studenten wegen seiner jüdischen Abstammung angegriffen worden war. Hans Littens zweiter Bruder wird ihm 1934 ins Exil folgen.


In der Nacht des Reichstagsbrandes am 28. Februar 1933 wird auch der Rechtsanwalt Hans Litten verhaftet, in Schutzhaft genommen und bleibt, ohne, daß je ein Strafverfahren gegen ihn eingeleitet wird, inhaftiert. Er wird mißhandelt und versucht, sich das Leben zu nehmen, nachdem er ein unter Folter erwzungenes Geständnis widerrufen hat.


Littens Mutter, die über zahlreiche gesellschaftliche Verbindungen verfügt, bittet bei höchsten politischen Stellen um Hilfe für ihren inhaftierten Sohn, jedoch vergeblich. Auch ein vom Reichspräsident Hindenburg befürwortetes Gnadengesuch bleibt ohne Erfolg. Im Juni 1934 wenden sich britische Juristen in der Sache Hans Litten an Hindenburg und im darauffolgenden Jahr mit einer Petition an Adolf Hitler.

Aussenminister von Ribbentrop antwortet in Hitlers Auftrag mit einem ausführlichen Schreiben, in dem Hans Litten als geistiger Führer der Kommunisten und unverbesserlicher Feind der menschlichen Gesellschaft beschrieben und seine Freilassung endgültig abgelehnt wird.


Angesichts der Ausweglosigkeit seiner Situation nimmt sich Hans Litten im Judenblock des Konzentrationslagers Dachau das Leben.

Direkt nach seinem Tod emigrieren Littens Mutter und sein Bruder Heinz nach Großbritannien.


Literatur:

Irmgard Litten: Eine Mutter kämpft gegen Hitler, Bonn 2000

Cord Brügmann: Unvergessener Anwalt, AnwBl 1998, 75

Maren Witthoeft: Hans Litten – Ein zu Unrecht vergessener Anwalt

Carheinz v. Brück: Ein Mann, der Hitler in die Enge trieb,
Berlin 1975


Quelle:

Hans Litten – „proletarischer Anwalt“, in: Zwischen Recht und Unrecht. Lebensläufe deutscher Juristen. Hrsg.: Justizministerium des Landes NRW, Düsseldorf 2004, S. 37ff.

 

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