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Langhoff, Wolfgang

H.A.M. 0

Wolfgang Langhoff
Schauspieler, Autor und Regisseur

Geb. 6. 10. 1901 in Berlin
Gest. 25.8. 1966 in Berlin


Der Name dieses Mannes ist untrennbar verknüpft mit den durch ein Lied noch heute bekannten Moorsoldaten (dessen Urfassung von dem ebenfalls im KZ Börgermoor inhaftierten Gewerkschaftler Johannes Esser stammt) Doch berühmt wurde Wolfgang Langhoff mit seinem gleichnamigen KZ-Erfahrungsbericht. Die Moorsoldaten erschienen 1935 in der Schweiz. Es war nicht das erste Buch über die Konzentrationslager, jedoch eines der ersten. Aber diese aus Verlags(über)vorsicht im Untertitel als unpolitischer Tatsachenbericht bezeichnete Publikation bekam weltweite Resonanz und wurde der erfolgreichste Versuch, die Welt über die Nazibarbarei zu informieren. Zwar blieb letztlich die Warnung vor dem wahren Gesicht des Dritten Reiches zur „Abwehr der drohenden Gefahr aufzurufen“, wie es im Vorwort der ersten legalen Ausgabe in Deutschland 1946 hieß, erfolglos. Dennoch ist diese sachliche Darstellung der KZ-Erlebnisse ein historisches Dokument von zeitloser Aussage.


Als Kleinkind von einem Jahr war der Sohn eines Kaufmanns und einer Künstlerin mit den Eltern von Berlin nach Freiburg im Breisgau gezogen, wo Wolfgang Langhoff das dortige Realgymnasium besuchte. Einem Klischee nach zieht es gerade junge Leute aus gebirgigen Regionen zur Christlichen Seefahrt. So auch den 14jährigen Wolfgang, der mehr als zwei Jahre als Schiffsjunge, später als Leichtmatrose arbeitete. Vielleicht geschah das auch, um einmal Bücher darüber zu schreiben. Neben der Schriftstellerei schwärmte er jedoch bereits von der Schauspielerei. Diese Liebe überwog und führte ihn von 1919 bis 1923 an ein Theater in Königsberg. Muskelgestärkt wurde der ehemalige Matrose als Jugendlicher Held von Bühnen in Hamburg, Wiesbaden und Düsseldorf engagiert.


Politisiert worden war Wolfgang Langhoff schon zur See. Schauerleute und Matrosen waren gewerkschaftlich stark organisiert. Auseinandersetzungen zwischen den Rechten und den Linken in der Weimarer Republik und die gesellschaftskritischen Theaterstücke einer neuen Generation von Autoren animierten ihn zum Eintritt in die Kommunistische Partei Deutschlands. Noch im selben Jahr, wir schreiben 1928, gründete er die Agitprop-Truppe Nordwest ran. Für ihre erfolgreichen Auftritte im Ruhrgebiet und dem Rheinland schrieb er die Texte. Auch inszenierte er als einer der ersten Regisseure Bertolt Brechts Lehrstück Die Maßnahme, in der es nach dem Willen des Dichters um das „Denken vor Gewehrläufen“, aber auch um die Erziehung der Aufführenden geht: „Prinzipiell ist für das Lehrstück kein Zuschauer nötig, jedoch kann er natürlich verwertet werden. Es liegt dem Lehrstück die Erwartung zugrunde, dass der Spielende durch die Durchführung bestimmter Handlungsweisen, Einnahme bestimmter Haltungen Wiedergabe bestimmter Reden und so weiter gesellschaftlich beeinflusst werden kann.“ Getreu diesem Satz von Brecht hat Langhoff seine Regietätigkeit verstanden, vor allem in der DDR.


Als am 27. Februar 1933, knapp einen Monat nach der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler, in Berlin das Reichstagsgebäude brannte, war das der willkommene Anlass, bekannte Regimegegner mundtot zu machen. Auch Wolfgang Langhoff, der rote Hund, wie sein Spitzname lautete, wurde verhaftet und erst ins Konzentrationslager Bürgermoor, anschließend nach Lichtenburg gebracht. Bis heute ist nicht ganz geklärt, ob Wolfgang Langhoff seine Freilassung den Interventionen des Zürcher Verlegers Emil Oprecht und der Kollegen um Leopold Lindtberg vom Schauspielhaus Zürich verdankt. Tatsache ist, im Zuge einer sehr seltenen Großzügigkeit des Regimes, der sogenannten Osteramnestie von 1934, kam er frei. Unmittelbar bevor die Grenzen für Flüchtlinge dicht gemacht wurden, konnte Langhoff im Juni 1934 in die Schweiz emigrieren.


In Zürich, diesem sicheren Hort so vieler deutscher Exilanten, erhielt Wolfgang Langhoff gleich nach seinem Eintreffen ein Engagement am Schauspielhaus, das bis Kriegsende 1945 dauerte. Zum Ensemble gehörten – neben Therese Gieshe – auch Wolfgang Heinz, Leonard Steckel, Leopold Lindtberg, Ernst Ginsberg und der Bühnenbildner Teo Otto. Mit diesen Letzgenannten spielte er in der Uraufführung von Else Lasker-Schülers Arthur Aronymus am 19. Dezember 1936.


Wie in Deutschland führte Langhoff auch wieder Regie und betätigte sich politisch. Allerdings illegal, um nicht seine Aufenthaltsgenehmigung zu gefährden. Er leitete die heimliche kommunistische Parteizelle des Schauspielhauses und schloss sich im Untergrund der Bewegung Freies Deutschland an, deren Vorbild von Exilanten in der Sowjetunion gegründet worden war (zu den Mitgliedern dieses Nationalkomitees Freies Deutschland (NKFD zählten u.a. Anna Seghers und Friedrich Wolf).


Nach dem Ende der Nazidiktatur ging Walfgang Langhoff über seinen letzten Wirkungsort in Deutschland, den Städtischen Bühnen Düsseldorf, nach einem Jahr in den sowjetischen Sektor Berlins, um die Leitung des Deutschen Theaters zu übernehmen. Hier inszenierte er nicht nur Brecht-Stücke – neben deutscher Klassik – sondern gab dem aus dem Exil heimgekehrten Autor auch Gastrecht, bis der sein eigenes Ensemble am Schiffbauerdamm übernehmen konnte.


Wolfgang Langhoff war ein in der Wolle gefärbter Marxist. Das hat jedoch seinen künstlerische Verantwortung und Moralvorstellung nicht entscheidend vernebeln können, auch nicht die vielen hohen Ehrungen, die ihm die SED und damit der kommunistische Staat DDR zuteil werden ließen. Demütigend war die Selbstkritik, zu der ihn das Politbüro nach seiner Inszenierung des Peter Hacks-Stücks Die Sorgen und die Macht zwang und letztlich auch seine Abberufung als Intendant erwirkte.


Er fiel dennoch nicht ins Bodenlose, flüchtete nicht in den Westen wie viele andere Künstler. Der Kommunist Langhoff blieb in der DDR, war sogar ab 1962 bis zu seinem Tode Vizepräsident der Deutschen Akademie der Künste.

Seine bleibende Bedeutung hat dieser unbestritten große Schauspieler und Regisseur des deutschsprachigen Theaters jedoch in seinem wichtigsten Buch, den Moorsoldaten. Ebenso authentisch wie akribisch hat er die Schikanen beschrieben, aber auch die ungebrochene Haltung der Häftlinge, die sich unter unmenschlichen Bedingungen solidarisierten: Im Kampf gegen den Faschismus. Im Konzentrationslager.


Literatur:

Wolfgang Langhoff:
Die Moorsoldaten
Vnw Verlag Neuer Weg, 1995
ISBN 3-880212-26-0

Fietje Ausländer, Susanne Brandt, Guido Fackler:
Das Lied der Moorsoldaten 1933 bis 2000
Bearbeitungen-Nutzungen-Nachwirkungen.
Hgg. vom Dokumentations- und Informationszentrum (DIZ) Emslandlager (Papenburg) in Kooperation mit der Stiftung Deutsches Rundfunkarchiv (Frankfurt a.M./Potsdam – Babelsberg). Papenburg 2002


Autor:

Hajo Jahn


Links (deutsch):

http://www.dhm.de/lemo/html/nazi/kunst/langhoff

http://de.wikipedia.org/wiki/Wolfgang_Langhoff

http://www.filmevona-z.de/filmsuche.cfm?sucheNach=personNr&wert=79952

http://dispatch.opac.ddb.de/DB=4.1/REL?PPN=118569538

http://www.diz-emslandlager.de/index.html

http://www.uni-wuerzburg.de/germanistik/vk/mitarbeiter/fackler/moorsoldaten.html

http://nibis.ni.schule.de/~szcoll/aktiv/projekte/moor/moor1/moor.htm

http://www.lernen-aus-der-geschichte.de/resmedia/document/document/A005T02D.PDF

volume_up.gifhttp://www.autorenlexikon-emsland.de/johann_esser.htm

http://geschichtsatlas.de/~gd11/projekt/projekt.html

volume_up.gifhttp://geschichtsatlas.de/%7Egd11/moorsoldaten/moorsoldaten.mp3


International:

 

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