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Hesse, Helmut

H.A.M. 0

Helmut Hesse
Theologe

Geb. 1916 in Elberfeld (heute Wuppertal)
Gest. 24.11.1943 im KZ Dachau


Wo der Herr nicht bei uns wäre –
so sage Israel -.
wo der Herr nicht bei uns wäre;
wenn die Menschen sich wider uns setzen:
so verschlängen sie uns lebendig,
wenn ihr Zorn über uns ergrimmte;
so ersäufte uns Wasser, Ströme
gingen über unsre Seele;
es gingen Wasser allzu hoch über
unsre Seele.
Gelobt sei der Herr, daß er uns
nicht gibt zum Raub in ihre Zähne!
Unsre Seele ist entronnen wie
ein Vogel dem Stricke des Voglers;
der Strick ist zerrissen, und wir sind los.
Unsre Hilfe steht im Namen des
Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat.

(Psalm 124)


Helmut Hesse war das jüngste von 5 Kindern des renommierten Hermann Hesse aus Ostfriesland, Leiter des Elberfelder Predigerseminars und Moderator des Reformierten Bundes in Deutschland, auch im Ausland angesehen , Schüler des Dörpfeld-Gymnasiums, Leiter von Schülerbibelkreisen. Zeit seines kurzen Lebens kränklich bis schwer krank, aber fröhlich und humorvoll.


Er organisierte Freizeiten, trat 1943 in die SA ein und 1935 wieder aus, weil der Beschluß des Deutschen Reichstags, ein Gesetz zum ‚Schutz des Deutschen Blutes und der Deutschen Ehre‘ zu erlassen, seinem Verständnis des 1. Gebotes („Ich bin der Herr, dein Gott, du sollst keine anderen Götter neben mir haben“) verstieß.

Er lernte von Karl Barth, daß Beten nicht allein das Falten der Hände, sondern auch der Einsatz von Menschen sei.


Während seines Studiums in Berlin, wo ihm die Charité einen unheilbaren Gehirntumor diagnostizierte, setzte er sich für verfolgte und unterdrückte Menschen im Büro Grüber ein. Heinrich Grüber war neben Dietrich Bonhoeffer einer der wenigen evangelischen Theologen, die auch für ungetaufte Juden eintraten. Von den 55 Mitarbeitern des Büros Grüber überlebten nur wenige.


Helmut Hesse vermittelte Pässe, fälschte Lebensmittelkarten und Fahrausweise. Er war Vikar in Honnef und predigte dort 1941 zum ersten Mal deutlich politisch über Jona 1:


„Darum bitte Gott, daß dich nicht Angst und Menschenfurcht zum stummen Hunde machen, wo dir die Sünde Groß-Ninnives begegnet. Predige auch du wider Groß-Ninive zum Zeugnis über sie. Oder willst du dich durch stillschweigendes Zusehen beteiligen an dem Mißbrauch, den man mit dem Namen des Allmächtigen treibt, an Gotteslästerung und Sabbatschändung, an dem Mord wherloser Geschöpfe Gottes? Siehst du nicht, wie alle Gebote Gottes verlacht werden?“


Er machte Examen unter dramatischen Umständen und wurde aus der Liste der Kandidaten der Rheinischen Kirche gestrichen, weil er sich weigerte, das Konsortium anzuerkennen, das mit staatlicher Duldung prüfte und ordinierte.

Der Kirchenhistoriker Herwarth Vorländer urteilt, Hesse habe sich die Abkehr der verfaßteb Kirche und das Weitere selber zuzuschreiben; das ist logisch richtig, aber sachlich falsch. Denn mit blóßer Sturheit ist das Verhalten Hesses nicht zu begründen; er bereif sich auf die Vorlage des Pfarrernotbundes (Gründer: martin Niemöller) und wollte kein anderes Bekenntnis anerkennen als das aus Dahlem. Auch der damalige Superintendent verweigerte jede Hilfe. Hermann und Helmut Hesse waren völlig isoliert.


Am 6. Juni 1943 erfolgte die Festnahme, u.a. mit der Begründung, Hesse habe den Bombenangriff auf Barmen und Elberfeld als Strafgericht Gottes bezeichnet, am 13. November die Einlieferung ins KZ Dachau, das sein Vater lebend verließ, während der Sohn 11 Tage später an „sepsis post aginam“ stirbt, weil ihm ein lebenswichtiges Medikament verweigert wird.


Seine Mutter, die bereits zwei Söhne im Krieg verloren hatte, reagierte auf seinen Tod mit einem Liedvers zu Helmut Hesses Lieblingspsalm 124:

„Gelobt sei Gott; er faßt uns mächtig an;
und riß uns los aus unsrer Feinde Zahn.
Wir sind entflohn so wie ein Vögelein des
Voglers Strick;
die Schlinge schloß uns ein.
Jedoch sie riß;
so kann nur Gott befrein“


Autor:

Eberhard Röhrig

Leicht überarbeitete Fassung des Referates „Widerstand und Theologie, Märtyrer Helmut Hesse, Wuppertaler Theologe“ –

gehalten anläßlich einer Veranstaltung der Else-Lasker-Schüler-Gesellschaft und der Gewerkschaft Ver.di zur Bücherverbren-nung in der City-Kirche Wuppertal-Barmen am 1.4.2004


Literatur:

Annkathrin Amelsberg,
Helmut Hesse – Spuren eines Märtyrers der Bekennenden Kirche
Verlag Institut Kirche und Judentum,
März 2006, ISBN 3-923095-34-1


Links (deutsch):

http://www.e-k-i-r.de/ekir/ekir-kirchengeschichte-rheinland_19824.asp

 

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