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Sander, Erich Friedrich August

H.A.M. 0

Erich Friedrich August Sander

Fotograf

Geb. 22.12. 1903 in Linz/ Österreich-Ungarn

Gest. 23.03. 1944 in Siegburg

 

Der Sohn des Fotografen August Sander, in Folge einer Polio-Erkrankung seit 1909 am linken Fuß gelähmt, übersiedelt mit seiner Familie 1910 ins rheinische Köln, wo sich Sander sen. im darauffolgenden Jahr ein eigenes Atelier einrichtet. Erich besucht zunächst die Volksschule in Köln-Lindenthal und wechselt 1914 zum dortigen Realgymnasium, wo er nicht zuletzt durch einen sozialdemokratischen Lehrer schon früh politisch maßgeblich geprägt wird. Sander, Anhänger der Freidenker-Bewegung, tritt 1922 dem Kommunistischen Jugendverband Deutschlands bei und wechselt drei Jahre später zur KPD (aus der er 1929 aufgrund interner Differenzen wieder ausgeschlossen wird). Nach dem Abitur studiert er zunächst in Köln, wechselt später nach Berlin sowie nach  Frankfurt/ Main und hört u.a. Vorlesungen bei {ln:Horkheimer, Max ‚Max Horkheimer} und {ln:Plessner, Helmuth ‚Helmuth Plessner}). Neben der Volkswirtschaft ist es auch die Geschichte, die den Fotografen-Sohn interessiert, vor allem aber die Politik, die ihn weitaus mehr fesselt als seine  akademische Karriere, die nach einem letzten Versuch, 1931 seine Studien mit einer Promotion zu beenden, schließlich erfolglos endet.

 

Sander, einer der führenden Funktionäre der KPD-Abspaltung Kommunistische Partei Opposition, hält weiterhin Kontakt zu anderen linken Gruppierungen in Köln, mit dem Ziel, die politische Arbeiterbewegung wieder zu einen. Im April 1932 wechselt er, um die Einheitsbewegung zu stärken, mit einer Gruppe von Anhängern aus der KPO in die Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands (SAPD) über (der u.a. auch {ln:Brandt, Willy ‚Willy Brandt} angehört), wird im Oktober 1932 deren Kölner Leiter und sucht, vor dem Hintergrund des vordringenden Nationalsozialismus, nicht zuletzt sogar auch Verbindung zur anderen politischen Seite, vertreten durch Otto Straßer von der Schwarzen Front, eine seit 1930 existierende Abspaltung der NSDAP.

 

Von seinen Reisen ins Saargebiet oder nach Paris schmuggelt Erich Sander immer wieder Schriften ins Rheinland, die elterliche Wohnung wird zum geheimen Widerstandsnest, in dem, von ihm zuteil selbst verfasste, Flugblätter hektografiert werden. Die Aktivitäten der SAPD bleiben nicht unentdeckt, seit Juli 1934 wird die Kölner Gruppe von der Gestapo beobachtet, im September desselben Jahres folgt dann eine gezielte Verhaftungswelle, in deren Verlauf auch Erich Sander am 11. September festgenommen wird. Zwischen dem 28. und dem 31. Mai 1935 steht er unter der Anklage der “Vorbereitung zum Hochverrat, zusammen mit 17 anderen Genossen, vor dem Oberlandesgericht Hamm. Erich Sander wird als Kopf der Gruppe zu zehn Jahren  Zuchthaus verurteilt, verbüßt seine Strafe zunächst in Rheinbach und wird am 27. September 1935 in die Strafanstalt Siegburg verlegt. Hier muss er zunächst als Hausknecht im Lazarett arbeiten und wird ab April 1936 immer wieder als Gefangenenfotograf eingesetzt.

 

In dieser Funktion fertigt er “Aufnahmen für den Kriminalbiologischen Dienst an – Gefangene, die als „geistig-minderwertig“ eingestuft wurden sowie sogenannte Berufs- und Gewohnheitsverbrecher und Sittlichkeitsverbrecher wurden unbekleidet fotografiert. Die Aufnahmen sollten im Rahmen der kriminalbiologischen Untersuchung genutzt werden.“ (Hier zitiert aus:  {ln:nw:http://www.lisa.gerda-henkel-stiftung.de/erich_sander_als_gefaengnisfotograf?nav_id=5944}). Daneben fertigt er aber auch Aufnahmen der Zuchthaus-Gebäude und Werkstätten, da sich die Strafanstalt seit Kriegsbeginn um Rüstungsaufträge bewirbt. Es gelingt Sander, heimlich von zahlreichen Fotos Negative oder Abzüge aus dem Zuchthaus zu schmuggeln (ähnlich wie Jahrzehnte später der von den Militärs im Folterzentrum ESMA inhaftierte argentinische Fotograf {ln:Basterra, Victor ‚Victor Basterra}), nachdem ab 1940 zeitweise er selbst, aber auch ihm nahestehende Häftlinge, zu Arbeiten außerhalb des Gefängnisgebäudes eingesetzt werden und die Materialien weiterbefördern können.

 

Geprägt worden in seinem Schaffen ist Erich Sander nicht zuletzt durch den ihm zutiefst verbundenen Vater, einem der wichtigsten Fotografen des 20. Jahrhunderts, bei dem der Sohn schon früh das Handwerk gelernt hat. In den Jahren zwischen 1914 und 1934 fertigt Erich rund 1100 Fotografien – vor allem Landschaftsaufnahmen – für August Sander an. “Erich Sander wollte das Werk seines Vaters fortführen. Noch in der Haft korrespondierten die Eltern mit dem Sohn über die Auswahl von Aufnahmen für Fotobände (…). Vater und Mutter hielten während der Haftzeit zu ihrem Sohn Erich einen engen Kontakt. Neben den Haftbesuchen und der offiziellen Korrespondenz wurden Briefe aus der Haft heraus und Objekte wie beispielsweise eine Kamera und Bücher in die Strafanstalt hinein geschmuggelt.“ (Hier zitiert aus: {ln:nw:http://www.lisa.gerda-henkel-stiftung.de/erich_sander_als_gefaengnisfotograf?nav_id=5944} )

 

Ein halbes Jahr vor seiner Entlassung wird Erich Sander im März 1944 mit starken Schmerzen, über die er schon seit längerem klagt, ins Siegburger Krankenhaus eingeliefert. Doch da ist es bereits zu spät: Am darauffolgenden Tag erliegt der überzeugte Sozialist und widerständige Künstler im Alter von nur 40 Jahren den Folgen einer verschleppten Blinddarmentzündung.

 

Aus Anlass seines Todestages verlegt 65 Jahre später der Kölner Künstler Gunter Demnig einen Stolperstein für Erich Sander vor dessen ehemaligem Wohnhaus in der Dürener Straße 201, und das NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln (ELDE-Haus) widmet Sander (vom 23. Oktober 2015 bis 31. Januar 2016) unter dem Titel “August Sanders unbeugsamer Sohn. Erich Sander als Häftling und Gefängnisfotograf im Zuchthaus Siegburg 1935-1944“ eine Sonderausstellung.

 

Quellen:

{ln:nw:https://de.wikipedia.org/wiki/Erich_Sander_%28Fotograf%29 }

{ln:nw:http://www.report-k.de/Koeln-Nachrichten/Koeln-Nachrichten/August-Sanders-unbeugsamer-Sohn-NS-Dok-zeigt-Ausstellung-zu-Erich-Sander-50378 }

{ln:nw:http://www.lisa.gerda-henkel-stiftung.de/erich_sander_als_gefaengnisfotograf?nav_id=5944 }

{ln:nw:http://www.zeit.de/2016/10/erich-sander-biografie-raten-zu }

 

Links (deutsch):

{ln:nw:https://www.google.de/?gws_rd=ssl#q=Erich+Sander }

{ln:nw:https://portal.dnb.de/opac.htm?method=simpleSearch&cqlMode=true&query=idn%3D139480900 }

{ln:nw:http://www.ksta.de/region/rhein-sieg-bonn/siegburg/zweiter-weltkrieg-in-siegburg-widerstand-und-tatkraeftige-hilfe-noch-im-siegburger-zuchthaus-1116956 }

{ln:nw:http://koeln-magazin.info/stolpersteine.html }

{ln:nw:http://www.imsichtfeld.de/erich-sander-in-memoriam/ }

{ln:nw:https://www.r-mediabase.eu/index.php?view=category&catid=679&option=com_joomgallery&Itemid=519 }

{ln:nw:https://www.r-mediabase.eu/images/tondokumente/Vortrag_August_Sanders_unbeugsamer_Sohn.pdf }

film{ln:nw:https://www.youtube.com/watch?v=FcRt5SQ_g1c }

film{ln:nw:https://www.youtube.com/watch?v=qaYvgZk74lo }

film{ln:nw:https://www.youtube.com/watch?v=gXiMOCqTGEg }

 

International:

{ln:nw:https://www.nationalgalleries.org/collection/artists-a-z/s/artist/august-sander/object/death-mask-of-erich-sander-1944-al00119 }

{ln:nw:http://www.gosee.us/news/events/erich-sander-august-sander-s-unbending-son-an-exhibition-in-his-memory-until-31-january-2016-at-cologne-s-ns-documentation-center-30951/cat }

{ln:nw:http://www.getty.edu/art/collection/objects/53795/august-sander-untitled-erich-sander-german-about-1910/ }

{ln:nw:http://lens.blogs.nytimes.com/2015/07/06/finding-the-right-types-in-august-sanders-germany/?_r=0 }

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