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Joachim, Hans Arno

H.A.M. 0

Hans Arno Joachim

Publizist, Hörspiel-Pionier


Geb. am 3.3.1902 in Freiburg/Breisgau

Gest. 3.1944 in Auschwitz


Er gilt als Pionier des „akustischen Kammerspiels“ , genauer: der Dokumentardramatik. Sie erst machten die Hörspielarbeiten von Anna Seghers und Bertolt Brecht so packend. Am 1. November 1932 wurde Hans Arno Joachims exemplarisches Hörspiel „Der Philosoph am Fenster“ gesendet“. Wenige Monate später musste er mit seiner Frau ins französische Exil fliehen.


Geboren am 3. Mai 1902 in Freiburg im Breisgau, studierte Hans Arno Joachim an der dortigen Universität zwischen 1920 und 1927 deutsche Philologie. In dieser Zeit veröffentlichte er Lyrik, Erzählungen und entwarf  Dramen, Die „Frankfurter Zeitung“ veröffentlichte seinen ersten Essay 1924. Diese sogenannten „Goldenen Zwanziger“ waren für ihn eine Zeit der Zumutungen einer „korsettierten Epoche“: „Die Gesellschaftskritiker haben nicht die Kritik verloren, sondern sie haben die Gesellschaft verloren“, urteilte er scharfzüngig.


Sein Biograf Antonin Dick schreibt in einem Artikel in der „Jungen Welt“ am 3.5.2012: Das Grunderlebnis dieses Intellektuellen sei das Schweigen derer gewesen, die den Krieg mitgemacht hatten. Joachims Erkenntnis lautete: „Die Entwicklung stockte; wir liefen leer. Denn es fehlte uns an Gegensatz. Wir waren ohne Vorgänger.“


Antonin Dick weiß zu berichten, dass Hans Arno Joachim literarischen Zirkeln angehörte, mit seinen Freunden Alfred Kantorowicz und Peter Huchel in Freiburg nächtelang über Literatur diskutierte. Mit ihnen absolvierte er ein Selbststudium in Paris und gemeinsam bildeten sie eine WG in einer kleinen Wohnung am Bülowplatz in Berlin, „einem Zentrum der hauptstädtischen Klassenauseinandersetzungen“.


Alfred Kantorowicz, der sich „in dieser Zeit der KPD annäherte“, erinnert sich: „Unsere Gespräche hatten ihre Leichtigkeit verloren, waren härter geworden; das anschwellende Heer der Arbeitslosen, der bedrohliche Zuwachs der Nationalsozialisten, die allgemeine Politisierung und Radikalisierung stellten auch uns vor Fragen, denen wir bis dahin ausgewichen waren.“ In dieser Atmosphäre propagierte Hans Arno Joachim Feuchtwanger, Glaeser, Kisch, Renn und Zweig, brachte seine Dissertation fertig und redigierte eine Erzählung seines Freundes Huchel über die Wandlung eines Naziführers.


Kantorowicz und Huchel zogen um in den „Roten Block“ am Laubenheimer Platz in Berlin-Schmargendorf, eine Siedlung des Schriftstellerverbands. HA Joachim, der inzwischen die Graphikerin Gerta Aufrichtig geheiratet hatte, fand eine Wohnung in Steglitz. Neue Freunde kamen hinzu. Gemeinsam feierte man Joachims erstes Hörspiel, das bereits erwähnte akustische Kammerspiel  „Der Philosoph am Fenster“. Ein Jahr später floh das junge Ehepaar nach Paris.


Dort war Joachim mit Anna Seghers, Ludwig Marcuse, Freund Alfred Kantorowicz und anderen Exilanten beteiligt an der Gründung des Schutzverbandes deutscher Autoren. Unter den schwierigen Umständen in einem anderen Sprachland befasste sich Hans Arno Joachim weiter mit Hörspielen und der Entwicklung der literarischen Gattung Dokumentardramatik. Dabei arbeitete er fast durchgängig mit Originalzitaten und der Dramaturgie des Widerstreits: öffentliche Verhandlung – Angeklagter, – Ankläger –  Zeugen – Verteidigung, ähnlich dem Vorbild antiker Dramen und heute längst von Fernsehen und Film adaptiert.


Hans Arno Joachim plante einen Emigrantenroman. In einem Exposé dazu heißt es: „Der deutsche Philosoph im Exil. Seine Position ist tragisch. Er muss Deutschland gerade seine Philosophie übelnehmen – ihre gigantische Leistung an Idealismus, die er heute anerkennt: als eine faustische Schurkerei, Schwindel des Geistes, Escamotage der Wirklichkeit, wie sie noch in keinem anderen Land geleistet worden ist. Der Mann muss die Tugend seines Vaterlandes bekämpfen.“


Nach der Okkupation Frankreichs durch Hitler-Deutschland plante das Ehepaar Joachim zwar die Flucht in die USA. Doch vergeblich. Am 15. Februar 1944, so schreibt Antonin Dick in der „Jungen Welt“, wurde Hans Arno Joachim von der Gestapo als ‚Unreiner‘ verhaftet „und zur Nummer 411 auf der ‚Abschubliste‘ für den TransportNr.70, mit dem am 27. März 1025 Menschen, darunter Säuglinge und Kleinkinder, vom Sammellager Drancy nach Auschwitz verbracht. 125 überlebten. Joachim war nicht darunter.“


Bearbeitet von:

Hajo Jahn


Quelle:

Die Angaben sind mit freundlicher Genehmigung des Autors Dr. Wolfgang W. Menzel seiner 1990 in der Edition Isele erschienenen Werkauswahl (Hans A. Joachim, „Der Philosoph am Fenster“. Essays, Prosa, Hörspiele‹, Herausgegeben von Wolfgang Menzel, Eggingen 1990; zweite, erw. Auflage 1995) entnommen. (Sie ist zwar vergriffen, aber Restexemplare sind über das  Kulturamt der Stadt Sulzburg zu beziehen, siehe Link unten).
Siehe auch:
http://www.badische-zeitung.de/sulzburg/freundschaft-zweier-autoren–91733486.html

http://www.badische-zeitung.de/sulzburg/sensibel-reagierender-intellektueller–92253104.html

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