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Liepman, Heinz

H.A.M. 0
Heinz Liepman (Pseudonyme: Jens C. Nielsen und Jan Mangels Prigge)
Journalist und Dramatiker

Geb. 27.8. 1905 in Osnabrück
Gest. 6.6. 1966 in Agarone/ Schweiz


Er stammt aus der Stadt von Erich-Maria Remarque, doch anders als der Autor von Im Westen nichts Neues gehört Heinz Liepman zu den zahlreichen vergessenen jüdischen Autoren deutscher Sprache. Dabei war dieser politisch überaus engagierte und aktive Mann in der Weimarer Republik ein erfolgreicher Theaterautor, Journalist und Schriftsteller. Auch noch nach dem Zweiten Weltkrieg und der Rückkehr aus der Emigration war er mit Theaterstücken, Büchern sowie mit Beiträgen in Zeitungen, im Rundfunk und Fernsehen in der Bundesrepublik sehr präsent. Dennoch blieb der ewig Widerständige ein Rast- und Ruheloser.


In Osnabrück als Sohn jüdischer Eltern geboren, verbrachte Heinz Liepman Kindheit und Jugend in Hamburg. Nach dem frühen Tod der Eltern (1917/18) früh verwaist, entzog er sich 1921 der Obhut seines in Bielfeld lebenden Onkels, verließ die Schule und arbeitete in unterschiedlichsten Berufen. Seit 1926 lebte er wieder in Hamburg, arbeitete zeitweilig an den von Erich Ziegel geleiteten Hamburger Kammerspielen. Dem Ensemble gehören Künstler an, die schon berühmt waren oder berühmt werden sollten, etwa Gustav Gründgens, Axel von Ambesser, Carl-Heinz Schroth und Ernst-Fritz Fürbringer. Kein Wunder, sind doch die Kammerspiele eine literarisch-amibtionierte Bühne für junge Autoren. Auf dem Spielplan stehen Werke von Brecht, Wedekind, Georg Kaiser, George Bernhard Shaw.

Hier lernte er auch seine damalige Freundin, die Schauspielerin Mira Rosovsky (später: Rostova) kennen, der er seine ersten drei Romane widmen sollte. In Hamburger Tages- und Theaterzeitungen veröffentlichte Liepman erste Kurzgeschichten, Rezensionen, Porträts von Schauspielern und Autoren. Seit 1928 verzeichnete das Hamburger Adressbuch ihn als freien Schriftsteller und Journalisten.


Seine in kurzer Folge publizierten Romane Nächte eines alten Kindes (1929), Die Hilflosen sowie Der Frieden brach aus (beide 1930) verhalfen ihm sehr schnell zu internationalem Renommee; 1930 erhielt er den Preis des New Yorker Verlages Harper & Brothers. In der überregionalen Presse, wie der Frankfurter Zeitung, dem Berliner Tageblatt, der Jugend, der Weltbühne (Herausgeber seit 1927: Carl v. Ossietzky, unter der Mitarbeit von Kurt Tucholsky), erschienen Liepmans Artikel, Feuilletons, Erzählungen und politischen Stellungnahmen. Im Februar 1932 wurde Heinz Liepmans Schauspiel Columbus im Deutschen Schauspielhaus in Hamburg uraufgeführt. Während die meisten Kritiken die Aufführung wie den Autor lobten, äußerte sich das Hamburger Tageblatt, die Tageszeitung der lokalen NSDAP, unverhohlen antisemitisch.


Aufgrund seiner jüdischen Herkunft und wegen seines Engagements als Schriftsteller, der sich wiederholt kritisch mit den Nationalsozialisten auseinandergesetzt hatte, musste Liepman wie viele seiner Berufskollegen nach der Machtübertragung aus Deutschland fliehen. Zwar konnte sein Theaterstück Drei Apfelbäume noch am 29.Mai 1933 am Deutschen Künstlertheater in Berlin uraufgeführt werden, allerdings nur unter Pseudonym (wie auch Erich Kästner). Liepman, der sich noch am Vorabend des sogenannten Judenboykotts vom 1.April 1933 mit seinem Hamburger Schriftstellerkollegen Justin Steinfeld solidarisiert hatte, dafür umgehend in Hamburger Tageszeitungen diffamiert wurde, emigrierte im Sommer 1933 nach Frankreich. Nach der Veröffentlichung seines ersten antifaschistischen Romans Das Vaterland, den er im September 1933 abschloß und „den in Hitler-Deutschland ermordeten Juden“ widmete, wurde er im Februar 1934 in Holland wegen angeblicher Beleidigung Hindenburgs inhaftiert und angeklagt. Zu einem Monat Gefängnis verurteilt und mit Auslieferung nach Deutschland bedroht, wurde Liepman erst infolge internationaler Proteste nach Belgien abgeschoben. Fortan lebte er wieder in Paris, schrieb dort für das Pariser Tageblatt, Die Neue Weltbühne und andere deutschsprachige Exilantenzeitungen, aber auch für jüdische Periodika in den USA. Hier wie in Kanada absolvierte er im Herbst 1934 eine ausgedehnte Lese- und Vortragsreise, argwöhnisch beobachtet von den entsprechenden deutschen Konsulaten.

Seinen zweiten Exilroman …wird mit dem Tode bestraft, der wie Das Vaterland in Hamburg spielt und dem dortigen Widerstand ein literarisches Denkmal setzt, veröffentlichte der Europa-Verlag 1935 in Zürich. Noch im gleichen Jahr, im Juni 1935, wurde Heinz Liepman gemeinsam mit Bertolt Brecht, Nachum Goldmann, Erika Mann, Erich Ollenhauer, Justin Steinfeld und anderen die deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt.


Heinz Liepmans weitere Exilstationen waren England und seit 1937 die USA. Ein für sein literarisches Schaffen eher ungewöhnliches Buch veröffentlichtes Buch erschien 1937, Death from the Skies (in den USA: Poison in the Air) war eine umfassende Darstellung der Möglichkeiten chemischer Kriegsführung und ihrer drohenden Anwendung in einem zukünftigen Weltkrieg. In den Vereinigten Staaten, wo er die amerikanische Schreibweise seines Namens annahm, konnte Liepman Artikel wie Rezensionen in der New York Times, in der Zeitschrift Ken, im American Mercury, im Esquire publizieren.


Liepman, seit Ende der Zwanziger Jahre drogenkrank und –abhängig, kollidierte in den USA, wie schon zu vor in England, wiederholt mit den amerikanischen Drogengesetzen. Mehrfach zu Entziehungskuren verurteilt, wurde er im April 1947 aus den USA nach Deutschland abgeschoben. Eine unfreiwillige Remigration.


Seit 1947 lebte Heinz Liepman wieder in Hamburg. Zuerst arbeitete er für Hamburger Tageszeitungen, wie zum Beispiel die Hamburger Freie Presse, das sozialdemokratische Hamburger Echo und die Welt am Sonntag, seit 1950 veröffentlichte er Artikelserien in der Zeitschrift Kristall. 1949 heiratete er Ruth Lilienstein, die wie er vor 1933 in Hamburg gelebt hat und dann im holländischen Exil überlebt hatte. In Hamburg gründete beide eine Literaturagentur, die sehr bald nationales wie internationales Ansehen erlangen sollte. Heinz Liepman überließ die Arbeit der Agentur mehr und mehr seiner Frau, um wieder verstärkt als Schriftsteller und Journalist tätig sein zu können.

Seit 1958 arbeitete er für die Tageszeitung Die Welt. Dort erschienene Artikel, die sich mit Antisemitismus und Philosemitismus in der deutschen Nachkriegsgesellschaft beschäftigten, fasste er 1961 unter dem Titel Ein deutscher Jude denkt über Deutschland nach zu einer Buchveröffentlichung zusammen, die nach Entscheidung des hamburgischen Schulsenators für alle Hamburger Schulbibliotheken angeschafft wurden.


Doch dieses Jahr markierte eine weitere Zäsur im Leben Liepmans. 1961 verlegten Ruth und Heinz Liepman ihren Wohnsitz nach Zürich. Liepman nannte es seine „zweite Emigration“. Ein Thema, das er auch in einer von ihm geleiteten Fernsehdiskussion mit dem Titel Emigration – Feigheit oder Pflicht zur Sprache brachte. Von Zürich aus setzte er seine Arbeit für die Welt weiter fort, nunmehr als Theater- und Kulturkorrespondent für die Schweiz. Gleichzeitig schrieb er für den Tages-Anzeiger, die Zürcher Woche und die Weltwoche. 1964 nahm er als Prozessbeobachter am Auschwitz-Prozeß teil, las im deutschen und schweizerischen Rundfunk aus seinem Prozess-Tagebuch.


Im Frühjahr 1966, wenige Monate vor seinem Tod, erschien seine letzte Veröffentlichung. Mit dem Buch „Kriegsdienstverweigerung oder Gilt noch das Grundgesetz ?“, das auch Beiträge von Günter Amendt sowie des Rechtsanwalt Heinrich Hannover enthält, mischte er sich nochmals in die bundesdeutsche Innenpolitik ein. Nachrufe auf den im Juni 1966 verstorbenen Liepman würdigten ihn als „großen Publizisten“. Für Hans Lamm, den ehemaligen Kulturdezernenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, war Heinz Liepman „ein kenntnisreicher und wohlinformierter, aber auch ein engagierter und kämpferischer Journalist“.


Autoren:

Hajo Jahn und Wilfried Weinke


Literatur:

Heinz Liepman (1905 – 1966). In: John M. Spalek, Konrad Feilchenfeldt und Sandra H.Hawrylchak (Hg.), Deutschsprachige Exilliteratur seit 1933. Band 4. Bibliographien. Schriftsteller, Publizisten und Literaturwissenschaftler in den USA. Teil 2: H – M. Bern und München 1994, S. 1091 – 1102.

‚…spent a very short time in the United Kingdom‘: Heinz Liepmann im englischen Exil. In: Charmian Brinson, Richard Dove, Anthony Grenville, Marian Malet, Jennifer Taylor (Hg.), Keine Klage über England ? Deutsche und österreichische Exilerfahrungen in Großbritannien 1933-1945, München 1998, S. 302 – 316.

Ein deutscher Jude denkt über Deutschland nach Der Schriftsteller und Journalist Heinz Liepman, sein Wirken in Hamburg und seine Auseinandersetzung mit Antisemitismus und Philosemitismus in Deutschland nach 1945. In: Zeitschrift des Vereins für Hamburgische Geschichte, Band 85, 1999, S. 183 – 206.

Heinz Liepman. In: John M. Spalek, Konrad Feilchenfeldt, Sandra H.Hawrylchak (Hg.),
Deutschsprachige Exilliteratur seit 1933. 3.USA, Teil 4, Bern, München 2003, S. 127 – 151.

Ruth Liepman: Anwältin und Agentin der Autoren. In: Jahrbuch „exilforschung“, Bd. 22: Bücher, Verlage, Medien. München 2004, S. 237 – 247.


Links (deutsch):

http://www.nibis.de/~la7/Heinz

http://www.remarque.uos.de/liepmann/liepmann.html

http://dispatch.opac.ddb.de/DB=4.1/REL?PPN=119368099

http://www.antiquario.de/a_autoren/l/Liepmann_Heinz.html

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