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Bauchwitz, Kurt

H.A.M. 0

Kurt Bauchwitz (später: Roy C. Bates)
Rechtsanwalt, Essayist und Lyriker

Geb. 1890 in Halle/ Saale
Gest. 1974 in Milton (Mass.)/ USA


„Bauch wie der, den jeder hat, und Witz, den nicht alle haben“

(Kurt Bauchwitz)*


Kurt BauchwitzDer Sohn wohlsituierter jüdischer Eltern wird katholisch notgetauft, wächst jedoch weitgehend konfessionslos auf.
Die anpassungsbedürftige Familie will ihm auch und vor allem eine gutbürgerliche deutsche Erziehung zuteil werden lassen, und so stehen Literatur, Musik, die klassischen Sprachen im Mittelpunkt von Bauchwitz* Kinder und Jugendjahren.


Bereits mit sechzehn Jahren gibt der musikalisch Hochbegabte sein erstes öffentliches Klavierkonzert und wäre wahrscheinlich Musiker geworden – wenn ihn nicht die Literatur, und hier vor allem die Lyrik, noch mehr begeistert hätte.


1908 beendet Kurt Bauchwitz das humanistische Gymnasium in Halle und schreibt nebenher Aphorismen und Anekdoten für diverse Literaturblätter. Allerdings immatrikuliert er sich dann doch erst einmal nicht für das Studium der Literatur, sondern wählt die Jurisprudenz an der Universität seiner Geburtsstadt, später auch in München, Grenoble und Berlin. Das Schreiben bleibt aber seine große Leidenschaft und es entstehen allein bis zum Kriegsausbruch 1914 Dutzende von Gedichten. Seine Kriegserlebnisse an der Westfront verarbeitet er in seinem ersten Gedichtband Der Lebendige: Ein Gedichtbuch in fünf Akten und einem Echo, der 1920 erscheint.


Noch während des Krieges heiratet Bauchwitz und zieht mit seiner Frau später nach Betlin, wo er dann auch sein Jurastudium abschließt, anschließend promoviert und sich als Anwalt niederläßt. Sein Brotberuf ermöglicht dem leidenschaftlichen Lyriker und Autor zahlreicher Epigramme ein verläßliches Einkommen und der jungen Familie ein finanziell abgesichertes Leben.


Seine Wohnung am Kurfürstendamm wird zum kulturellen Treffpunkt für Bauchwitz‘ zahlreiche Freunde und Bekannte, zu denen – wenn auch als seltener Gast – Albert Einstein zählt (den er, einem Brief an Max Brod zufolge, auf dem Klavier begleitet) sowie Klaus Mann und dessen Schwester Erika, die damals noch mit Gustav Gründgens verheiratet ist und von Bauchwitz 1930 bei ihrer Scheidung juristisch vertreten wird.


Die seit Anfang der 20er Jahre aus Anekdoten, Bemerkungen, Sprüchen und Aphorismen angelegte Materialsammlung , von ihm spielerisch Fragesagewagetagebuch genannt, wird nie veröffentlicht, da sich das Projekt erweist als zu umfangreich erweist.

1931 stirbt seine Frau, und auf dem Witwer lastet nun neben seiner beruflichen Verpflichtung auch die Sorge um die beiden Söhne. Die sich verschärfende politische Situation in Deutschland und die Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 erschweren zunehmend seine Möglichkeiten zur Veröffentlichung. Dennoch verschließt er sich anfänglich dem Ernst der Lage und bleibt in Hitler-Deutschland.


Nach den Ereignissen der Reichspogrommancht am 9. November 1938 entschließt sich Kurt Bauchwitz schließlich doch zur Emigration. Im Frühjahr 1939 tritt er mit seiner zweiten Frau Hilde Michaelis und den beiden Kindern von Hamburg aus die Schiffsreise nach Japan an, von wo er weiter in die Vereinigten Staaten reisen will. Seine finanzielle Situation hat sich mittlerweile erheblich verschärft, da die Nationalsozialisten sowohl Bankguthaben als auch Wertpapiere jüdischer Bürger gesperrt haben.

Zur Katastrophe wird für den Schriftsteller jedoch dann die Beschlagnahmung nahezu seines gesamten Gepäcks, inklusive aller Tagebücher, der Briefwechsel mit Klaus Mann und Albert Einstein sowie mehrerer unveröffentlichter Manuskripte. Abgesehen von einigen Blättern, Gedichten und Tagebuchnotizen bleibt ihm nichts mehr, das Bauchwitz mit ins japanische Exil nach Tokio hinüberretten kann.


Fast anderthalb Jahre wird es dauern, bis er die us-amerikanischen Einreise-Visa erhält. In dieser Zeit bereist Bauchwitz Japan, macht sich mit der japanischen Literatur vertraut und versucht sich an den traditionellen Formen Haiku und Tanka. Auch im japanischen Exil setzt er – wenn auch unter erschwerten wirtschaftlichen Bedingungen – seine schriftstellerische Arbeit fort und verarbeitet die Erfahrungen von Heimatverlust und Fremde u.a. in seinem Lyrikband Tokyo Gedichte.


Kurt BauchwitzEnde 1940 erhält Kurt Bauchwitz endlich das Visum für die Vereinigten Staaten und reist von Yokohama über Hawaii nach San Francisco. Die Millionenmetropole New York ist es jedoch, die ihn reizt. Während sein Sohn Helmut an der Westküste zurückbleibt, übersiedelt die restliche Familie – mit Stationen in mehreren Bundesstaaten – nach New York und bezieht eine kleine Wohnung unweit der Columbia University. Bauchwitz schreibt sich dort zum Studium der Bibliothekswissenschaft ein und schließt seine juristische Karriere – vorerst – ab.

Dank seiner außerordentlichen Sprachbegabung lernt er sehr schnell die ihm neue Sprache und kann sich schon kurz nach Abschluß des Studiums zum Herausgeber der Funk & Wagnalls New Standard Encyclopedia emporarbeiten.


1947 gibt er diese Tätigkeit allerdings wieder auf, arbeitet als juristischer Berater amerikanischer Anwälte und kämpft auch in eigener Sache um die Entschädigung seines während der Nazizeit beschlagnahmten Besitzes. Daneben ist er freiberuflich für diverse Verlagshäuser tätig, schreibt (auf deutsch) Kurzgeschichten und eine Anzahl von juristischen, ökonomischen und historischen Aufsätzen. Auch seine noch in Berlin begonnene Arbeit am Fragesagewagetagebuch – dessen Materialsammlung ihm ja größtenteils abhanden gekommen ist – setzt er (nun allerdings auf englisch) im amerikanischen Exil fort.


Neben seiner regelmässigen Arbeit an den Question Marks studiert Bauchwitz – der sich nun Roy C. Bates nennt – Anfang der 50er Jahre erneut Jura an der New York University, wird 1957 im Alter von immerhin bereits 67 Jahren noch zur New Yorker Anwaltschaft zugelassen und eröffnet eine auf internationales Recht spezialisierte Kanzlei. 1960 erwirbt er ein kleines Haus unweit von Boston und setzt auch dort als Anwalt seine Tätigkeit fort und pflegt neben der Juristerei auch weiterhin seine literarischen Kontakte, u.a. mit Erika Mann, für die er auf ihre Bitte hin die Erbengemeinschaft der Familie Mann in den USA vertritt.


„1969 erschien in der literarischen Zeitschrift University of Dayton Review eine merkwürdige kleine Studie zum ersten Lyrikband von Bauwitz: ‚Rediscovering Kurt Bauchwitz: Der Lebendige‘. Sonderbar war der Aufsatz insofern, als einer seiner beiden Verfasser, neben dem Literaturprofessor Wayne Wonderley der University of Kentucky, ein gewisser Roy C. Bates war. Ein letztes Mal versuchte der nun fast achtzigjährige Bauchwitz, für das fünfzig Jahre zuvor erschienene Werk die herbeigesehnte Resonanz zu erzeugen…“ (*)


Quelle:

Kurt Bauchwitz, Heim-Findungen. Lebensbuch eines Emigranten. Herausgegeben und mit einer Einführung von Johannes Evelein. Weidle-Verlag, Bonn 2006, ISBN 3-931135-85-3/ 978-3-931135-85-0

(*) siehe oben, S. 22


Links (deutsch):

http://www.weidle-verlag.de/buch_plus.php?bid=90


International:

http://library.albany.edu/speccoll/findaids/ger011.htm

http://www.maps.org/psychedelicreview/v1n4/014379bat.pdf

http://library.albany.edu/speccoll/emigre.htm

http://www.crt-ii.org/_awards/_apdfs/Bauchwitz_Kurt.pdf

http://www.crt-ii.org/_awards/_apdfs/Bauchwitz_Kurt-2.pd

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