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Weißler, Friedrich

H.A.M. 0

Friedrich Weißler
Jurist


Geb. 28.4. 1891 in Königshütte/ Schlesien (poln. Chorzów)
Gest. Februar 1937 im KZ Sachsenhausen


Er war mutig und wurde deshalb das erste Opfer der Bekennenden Kirche, des protestantischen Widerstands während der Nazizeit. Dabei war Friedrich Weißler Jude, jedenfalls Sohn eines angesehenen jüdischen Rechtsanwalts, der sein Kind schon im Säuglingsalter evangelisch hatte taufen lassen. Und er war staatstragend, dieser Friedrich Weißler, wie so viele andere Juden im Kaiserreich. Als Freiwilliger gleich zu Beginn des ersten Weltkriegs hatte er es bis zum Leutnantsrang geschafft und wurde mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet


Nach dem Vorbild seines Vaters studierte Friedrich Weißler Jura und promovierte 1914 in Halle. Nach seiner Militärzeit legte er sein zweites juristisches Staatsexamen 1920 ab und 1925 wurde er Hilfsrichter am Amtsgericht in Halle. Im selben Jahr heiratete er die Pfarrerstochter Johanna Schäfer, mit der er zwei Kinder hatte. Mit der Karriere ging es aufwärts, sieben Jahre später, 1932, war Weißler bereits Landgerichtsdirektor in Magdeburg. Es schien nur noch aufwärts zu gehen. Wäre da nicht die Verurteilung eines Angeklagten zu einer Ordnungsstrafe gewesen. Eigentlich eine Bagatelle, zumindest eine Routinesache, die auch dem Verurteilten keine großen Nachteile eingebracht hätte.


Nur war der Angeklagte ein SA-Mann, also Mitglied der Sturm-Abteilung der Nationalsozialistischen Arbeiterpartei. Nicht der Täter wurde angegriffen, sondern sein Richter. Es hagelte Verleumdungen, Beschimpfungen und Beleidigungen gegen „den Juden“. Der Urteilsspruch war im Februar ergangen, nur einen Monat nach der“Machtergreifung“ Hitlers. Jetzt fühlten sich die NSDAP-Anhänger erst recht stark, auch wenn sie nicht im Recht waren. SA-Leute schlugen Weißler am 1. April 1933 brutal im Gerichtsgebäude zusammen. Die Folge: Nicht die Täter wurden bestraft, sondern der Mann des Rechts wurde vom Dienst suspendiert und am 21. Juli auf Basis des „Arierparagraphen“ entlassen.


In Berlin, wohin Weißler mit seiner Familie übersiedelte, kämpfte er innerhalb der evangelischen Kirche dafür, dass diese sich für ihre nichtarischen Mitglieder einsetzen solle. Er wurde 1934 juristischen Berater der vorläufigen Kirchenleitung der Bekennenden Kirche in Berlin, zunächst allerdings ehrenamtlich, was viel über seine idealistische Haltung aussagt. Zwei Jahre später wurde er als Bürochef der Kanzlei angestellt, was ein regelmäßiges Einkommen für die Familie sicherte.

Erwiesen ist, dass Friedrich Weißler als Kanzleichef entscheidend mitgearbeitet hat an einer Denkschrift der Leitung der Widerstandskirche. Darin wurde bereits 1936 die nationalsozialistische Blut-und-Boden-Politik, die Religions-feindlichkeit und der Antisemitismus, die Arbeit der Gestapo und die Einrichtung von Konzentrationslagern scharf verurteimlt. Die Denkschrift sollte offiziell Reichskanzler Hitler zugehen, was – aus welchen Gründen auch immer – sich hinauszögerte. Das geheime Manuskript wurde – vielleicht auch wegen dieser Zögerlichkeit – der Auslandspresse zugespielt und veröffentlicht. Forscher sind sich heute einig, dass der Verfasser der Berliner Journalist und ehemalige Pfarrer Hermann Kötzschke ist. Das internationale Aufsehen, das die Denkschrift auslöste, schlug hohe Wogen bis nach Berlin.


Autor:

Hajo Jahn


Seit einigen Jahren erinnert eine Gedenktafel am Wohnhaus mit folgenden Worten an den Widerständler:

In diesem Haus lebte seit August 1933
bis zu seiner Ermordung Landgerichtsdirektor
Dr. Friedrich Weißler.
geb. 28.04.1891 +19.2.1937
Aufgrund seiner jüdischen Herkunft
wurde er im März 1933
von den Nationalsozialisten aus seinem Richteramt vertrieben.
Der bekennende Christ war als Rechtsberater der evangelischen Kirche Mitverfasser einer Protestschrift an Hitler.
Nach ihrer Veröffentlichung wurde er verhaftet, in das KZ Sachsenhausen verschleppt und dort ermordet.

Fürchte dich nicht, glaube nur.
(Luk. 8.50)

Technische Details: Messingtafel, ca. 60 cm x 40 cm

Einweihung 28.04.1999

Standort: Berlin,
Ortsteil Charlottenburg
Meiningenallee 7

Verkehrsanbindung
U 2 bis Neu-Westend,
Bus 104 bis Brixplatz


Am 19. Februar 2005 wurde in der Gedenkstätte Sachsenhausen ein Denkmal eingeweiht, das an den Juristen und protestantischen Christen jüdischer Herkunft, Dr. Friedrich Weißler, erinnert. Stifter des Gedenkzeichens im ehemaligen Kommandanturbereich ist die Evangelische Kirche in Deutschland.


„Wie so viele Einzelschicksale der von den Nationalisten Verfolgten und Ermordeten war sein Schicksal lange vergessen. Erst in den 90er Jahren begann in Justizkreisen eine systematische Aufarbeitung der Leidensgeschichten von im NS-Regimes entrechteten Kolleginnen und Kollegen. Aber auch wenn es lange gedauert hat – es ist wichtig und richtig, dass wir uns an Menschen wie Friedrich Weißler erinnern. Diese Stele ist gleichzeitig Mahnung an uns alle Verantwortung dafür zu unternehmen, dass sich solches nie wiederholt“

(Bundesjustizministerin Brigitte Zypries anläßlich der Einweihung des Denkmals für Friedrich Weißler in der Gedenkstätte Sachsenhausen)


Quellen:

Berliner Morgenpost vom 30.4.1999
Stockhorst, Erich: 5000 Köpfe
Wer ist’s?, 1909
Gedenkbuch Berlins der jüdischen Opfer des Nationalsozialismus
Bezirksamt Charlottenburg, Pressestelle, Mitteilung vom 29.9.1999


Literatur:

Bergemann – Ladwig-Winters: Richter und Staatsanwälte jüdischer Herkunft in Preußen im Natioanlsozialismus – Eine Dokumentation – Bundesanzeiger-Verlag Köln, Limburg 2004, ISBN 3-89817-352-6

Die Weisslers, ein deutsches Familienschicksal, erschienen 2011 im Oase Verlag


Links (deutsch):

http://www.heiligenlexikon.de/index.htm?BiographienF/Friedrich_Weissler.html

http://www.lebensmut.de/index/shownews.php?news=et01-20050219t152533312.htm

http://www.gdw-berlin.de/aus/html/weissler-10-d.php

http://www.rbb-online.de/_/nachrichten/politik/beitrag_jsp/key=news2094125.html

http://www.humanist.de/kriminalmuseum/antijuda.htm

http://www.gedenkstaette-sachsenhausen.de/gums/Aktuelles/index.php?action=show&id=17022005191204

http://www.bmj.bund.de/enid/0,0/Presse/Pressemitteilungen_58.html?druck=1&presseartikel_id=1880


International:

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