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Rostropowitsch, Mstislaw Leopoldowitsch

H.A.M. 0

Mstislaw Leopoldowitsch Rostropowitsch (Мстислав Леопольдович Ростропович)
Cellist und Dirigent

Geb. 27.3. 1927 in Baku/ UDSSR 
Gest. 27.4. 2007 in Moskau/ Rußland


Mstislaw Leopoldowitsch RostropowitschDie Bilder vom 11. November 1989 gingen um die ganze Welt. Da saß ein Mann am Checkpoint Charlie in Berlin und spielte Cello inmitten einer brodelnden Weltstadt, umtost vom Straßenverkehr, der endlich fließen konnte. Es war nicht irgendein Cello, sondern eine Stradivari von 1711. Und es war auch nicht irgendein Musiker, der sein edles Instrument zum Jubilieren brachte, sondern der weltberühmte Mwistlaw Rostropowitsch. Der Exilant und Dissident feierte auf seine Art die Aufhebung der Trennung Berlins, für ihn das symbolische Ende des Kalten Krieges und die Trennung der Welt in Ost und West. Vor Leuten wie ihn haben Machthaber aller Länder stets gezittert. Auch die Sowjets. Seine Waffen waren ein Instrument, ein Bogen, zehn geschickte Finger, musikalisches Genie und ein untadeliger demokratische Charakter, eben Autorität.


Ein Jahr nach dem Berliner Straßenkonzert wurde der Russe mit dem Schweizer Pass vom damaligen Präsidenten der Sowjetunion, Michail Gorbatschow, rehabilitiert. Rostropowitsch erhielt seine Staatsbürgerschaft und sämtliche Ehrungen zurück, die ihm 1978 in seiner Heimat aberkannt worden waren.

Seine Begabung war ihm von den Eltern, einem Cellisten und einer Pianistin, in die Wiege gelegt worden. Bereits als Kind besuchte er die renommierte Gnjessin-Musikschule und studierte mit 16 Jahren am Moskauer Konservatorium fünf Jahre lang Klavier, Violincello und Dirigieren sowie Komponieren bei Dmitrij Schostakowitsch und Sergjej Prokofjew.


Rostropowitschs Cellistenkarriere startet 1964 in der Bundesrepublik Deutschland, ab 1970 dirigiert er auch renommierte Orchester. Aktiv nimmt er allerdings nicht nur an politischen Ereignissen Anteil, sondern bezieht ausdrücklich Stellung. Die sowjetische Staatsmacht reagiert auf seine kritischen Äußerungen zunehmend aggressiv: Der Künstler wird mit Auftrittsverbot belegt. Als er gar den regimekritischen Literatur- Nobelpreisträger Alexander Solschenizyn (Der Archipel Gulag) bei sich aufnimmt, wird gegen Msistlaw Rostropowitsch zusätzlich ein Ausreiseverbot verhängt. So dauert es weitere vier Jahre, ehe der Musiker- Schriftsteller 1974 die UdSSR verlassen kann. 1978 wird ihm die sowjetische Staatsbürgerschaft aberkannt.


Mstislaw Leopoldowitsch RostropowitschRostropowitsch erhält noch im selben Jahr, zusammen mit seiner Frau – der Sopranistin Galina Wischnewskaja -, die Schweizer Staatsbürgerschaft. Die beiden Weltbürger verbindet nicht nur die Musik, sondern vor allem ein gemeinsames politisches Engagement, das nicht zuletzt auch in der Solidarität für verfolgte Intellektuelle, unter ihnen der sowjetische Regimekritiker und Atomphysiker Andrej Sacharow, ihren konkreten Ausdruck findet.


Im Exil arbeitet er zunächst als Chefdirigent des National Symphony Orchestra in Washington und gibt daneben zahlreiche Konzerte als Solist zugunsten von Dissidenten und Bürgerrechtlern. Als 1991 gegen den Gorbatschow-Nachfolger Boris Jelzin geputscht wird, reist der Musiker mit dem ihm von Freunden zugedachten Kosenamen Slawa (= Ruhm) zur Verteidigung der Demokratie in die russische Hauptstadt.

Zusammen mit dem Franco-Gegner Pablo Casals gilt Rostropowitsch als Ausnahmecellist. Seinen Ruhm hat er sich nicht nur durch mutiges Verhalten erworben, sondern auch durch künstlerische Genialität: Rostropowitsch entlockt seiner Stradivari unerhörte dissonante Klänge zeitgenössischer Komponisten ebenso wie den Wohllaut der Klassiker. Vor dem ehemaligen Grenzübergang Checkpoint Charlie spielt er 1989 Johann Sebastian Bach.


Als Dirigent soll Rostropowitsch fünfundsechzig, als Solist an die einhundert, häufig extra für ihn geschriebene Stücke, uraufgeführt haben, darunter Werke von Leonard Bernstein, Benjamin Britten, Pierre Boulez, Aram Chatschaturjan, Alfred Schnittke oder Sofia Gubaidulina.


Bei der Trauerfeier in der Christ-Erlöser- Kathedrale in Moskau spricht auch der amtierende Staatspräsident Putin die üblichen staatsmännischen Worte der Anteilnahme. Der so Gewürdigte konnte sich gegen den Besuch des Zerstörers demokratischer Rechte im heutigen Russland nicht mehr wehren.

Mit dem Tod von Slawa ist eine wichtige Stimme für Menschenrechte in Russland endgültig verstummt. Sein Mut aber wird ebenso unvergessen bleiben, wie sein musikalischer Ruhm auf zahlreichen Tonträgern überdauern wird. Es ist der Ton der Freiheit. Zum geflügelten Wort von Mwistlaw Rostropowitsch wird der Satz: „Das Cello ist ein Teil meines Körpers.“


Autor:

Hajo Jahn


Links (deutsch):

http://de.wikipedia.org/wiki/Mstislaw_Leopoldowitsch_Rostropowitsch

http://dispatch.opac.d-nb.de/DB=4.1/REL?PPN=11879129X

http://www.solidaritaet.com/ibykus/1997/4/rostrop.htm

http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/konzert/603775/

http://www.wnonline.de/wna/aktuelles/kultur/nachrichten/?em_cnt=39088

http://www.dra.de/online/hinweisdienste/musik/2002/pdf/rostropowitsch.pdf


International:

http://www.ffaire.com/rost/rostprem.html

http://www.nytimes.com/2006/04/16/arts/music/16eich.html?ei=5090&en=db7717e908a2e372&ex=1302840000&partner=rssuserland&emc=rss&pagewanted=all

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