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Reuter, Ernst

H.A.M. 0

Ernst Reuter
Politiker


Geb. 29.7. 1889 in Apenrade/ Preußen
Gest. 29.9. 1953 in Berlin


„Völker der Welt! Tut auch ihr eure Pflicht und helft uns in der Zeit, die vor uns steht, nicht nur mit dem Dröhnen eurer Flugzeuge, nicht nur mit den Transportmöglichkeiten, die ihr hierherschafft, sondern mit dem standhaften und unzerstörbaren Einstehen für die gemeinsamen Ideale, die allein unsere Zukunft und die auch allein eure Zukunft sichern können. Völker der Welt, schaut auf Berlin! Und Volk von Berlin, sei dessen gewiß, diesen Kampf, den wollen, diesen Kampf, den werden wir gewinnen!“

(Ernst Reuter in seiner Rede vor dem Berliner Reichstag am 9. September 1948)


Reuters Geburtsort, nördlich von Flensburg gelegen, heißt heute Aabenraa und gehört zu Dänemark. Der Sohn eines Lehrers an einer Navigationsschule der Handelsmarine geht nach dem Abitur 1907 – am Gymnasium im ostfriesischen Leer – nach Marburg, um dort Philosophie und Sozialwissenschaften zu studieren. 1909 wechselt er an die Universität München, wo er erstmals mit den Ideen des Sozialismus in Berührung kommt, kehrt im Herbst 1910 nach Marburg zurück und legt dort 1912 das Staatsexamen ab.


Anschließend arbeitet er zunächst als Privatlehrer in Bielefeld und schließt sich dort der SPD an. Kurz darauf findet er beim SPD-Parteivorstand in Berlin eine Anstellung im Zentralen Bildungsausschuss. Der engagierte Pazifist Reuter gründet mit Gleichgesinnten den Friedensbund Neues Vaterland und verfasst Antikriegsschriften. Als Reaktion darauf wird er 1916 in die kaiserliche Armee eingezogen, kommt als Feldjäger an die Ostfront, wird schwer verwundet und gerät in russische Gefangenschaft. Im Gefangenenlager lernt er russisch, schließt sich unter dem Eindruck der Februarrevolution den Bolschewiki an und wird im Dezember 1917 von Lenin zum Volkskommissar der Wolgadeutschen Republik ernannt. Bereits im November 1918 kehrt Ernst Reuter nach Deutschland zurück, tritt hier der KPD bei und wird 1920 Erster Sekretär der Stadtorganisation Berlin. Im Januar 1922 schloss ihn die KPD aus; noch im selben Jahr kehrte Reuter in die SPD zurück.


Nach einer Redakteurstätigkeit bei der SPD-Zeitung Vorwärts übernimmt Ernst Reuter 1926 im Berliner Magistrat das Verkehrsressort und setzt in dieser Funktion 1928 die Fusion der zuvor selbständigen Betriebsgesellschaften für Hoch- und Untergrundbahnen, Straßenbahnen und Omnibusse zur Berliner Verkehrs-Aktien-Gesellschaft (BVG) durch, dem damals größten Nahverkehrsunternehmen der Welt. Von 1931 bis zur Machtübernahme durch die Nationalsozialisten 1933 amtiert der SPD-Rechstagsabgeordnete Reuter als Oberbürgermeister von Magdeburg.


Nach mehreren Festnahmen wird Ernst Reuter erst durch eine Intervention englischer Freunde aus der KZ-Haft entlassen und kann über die Niederlande und Großbritannien in die Türkei emigrieren, wo er zunächst als Berater in Verkehrs- und Tariffragen für die türkische Regierung wirkt und ab 1938 eine Professur für Städtebau und Stadtplanung an der Verwaltungsakademie in Ankara innehat.


Im November 1946 kehrt Ernst Reuter aus dem türkischen Exil nach Berlin zurück, wo ihm erneut das Amt des Verkehrsdezernenten angetragen wird. Wenn auch im Juni 1947 das sowjetische Veto Reuters Amtsantritt als Oberbürgermeister zunächst verhindert, spielt er doch unter der amtierenden Oberbürgermeisterin Louise Schröder weiter eine zentrale Rolle in der Stadt. Am 9. September 1948, auf dem Höhepunkt der Blockade durch die Sowjetunion, hält Ernst Reuter vor über 300 Tausend Berlinern vor der Ruine des Reichstagsgebäudes seine berühmte Rede, in der er an „die Völker der Welt“ appelliert, die Stadt nicht preiszugeben. Aus den für den 5. Dezember 1948 angesetzten Wahlen (ausschließlich in den Westsektoren der Stadt) geht die SPD mit fast zwei Drittel der Stimmen als stärkste Partei hervor.


Am 7. Dezember 1948 wird Ernst Reuter – noch von der alten Stadtverordneten-Versammlung – zum Oberbürgermeister gewählt und vom neuen Parlament am 14. Januar 1949 in diesem Amt bestätigt. Dem neuen Magistrat gehört auch Reuters Vorgängerin Louise Schroeder als Bürgermeisterin an. Obwohl die SPD bei den darauffolgenden Wahlen am 3. Dezember 1950 rund 20 Prozent der Stimmen verliert, bleibt Ernst Reuter (dessen Sohn Edzard Reuter später Karriere als Vorstandsvorsitzender von Daimler-Benz machen wird) im Amt. Eine Kampfabstimmung im Abgeordnetenhaus zwischen Reuter und dem CDU-Kandidaten Walther Schreiber hat zuvor mit einem Patt geendet, Schreiber verzichtet daraufhin zugunsten Reuters, der numehr mit der neuen Amtsbezeichnung Regierender Bürgermeister an der Spitze der Allparteienkoalition aus SPD, CDU und FDP steht und noch für zwei Jahre und acht Monate die Berliner Nachkriegspolitik prägen wird.

Quelle:

http://www.berlin.de/rbmskzl/rbm/galerie/ernst_reuter.html


Literatur:

David E. Barclay: Schaut auf diese Stadt.
Der unbekannte Ernst Reuter
Siedler-Verlag, Berlin 2000
ISBN 3-886805271


Links (deutsch):

http://de.wikipedia.org/wiki/Ernst_Reuter

http://www.berlin.de/rbmskzl/rathausaktuell/archiv/2003/07/18/13775/index.html

http://www.berlin.de/rbmskzl/geschichte/ernstreuterrede.html

http://www.pressdepartment.de/pp/ta/0700/ta_Barclay.html

http://www.perlentaucher.de/buch/1749.html

http://www.fes.de/archiv/_stichwort/reuter.htm

http://berlin.spd.de/servlet/PB/menu/1378288

http://www.berlinische-monatsschrift.de/bms/bmstxt01/0103pora.htm

http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2000/0401/leserbriefe/0141/

http://www.hs-bremen.de/Deutsch/Seiten.asp?SeitenID=10474

http://www.dra.de/cd10.htm

http://www.17juni53.de/material/otoene_2_53.html

 

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