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Perutz, Leo

H.A.M. 0

Leo (eigtl. Leopold) Perutz
Schriftsteller


Geb. 2.11. 1882 in Prag/ Österreich-Ungarn
Gest. 25.8. 1957 in Bad Ischl/ Österreich


Von 1888 bis 1893 besucht das älteste von vier Geschwistern aus einer Unternehmerfamilie mit jüdisch-spanischen Wurzeln die angesehene Piaristenschule in der Prager Neustadt und anschließend das Deutsche Staatsgymnasium in Prag, das er allerdings – vermutlich wegen schlechter Führung – 1899 wieder verlassen muß. Perutz wechselt auf das Gymnasium in Krumau, wird jedoch aufgrund mangelhafter Leistungen 1901 nicht zum Abitur zugelassen. Im selben Jahr noch zieht die Familie nach Wien, wo Leo Perutz nun das Erzherzog-Rainer-Gymnasium besucht, das er jedoch 1902 ohne Abschluss verläßt, um danach erst einmal im väterlichen Textilunternehmen zu arbeiten.


Zum Wintersemester 1905/ 06 hört Perutz Vorlesungen in Mathematik und Volkswirtschaft an der Philosophischen Fakultät der Universität Wien, allerdings nur als außerordentlicher Hörer, da er über keine Hochschulreife verfügt. Zu seinen Bekannten aus dieser Zeit gehören Richard A. Bermann, Berthold Viertel und Ernst Weiß. Literarisch geprägt wird der junge Perutz auch und vor allem durch die Lektüre der Fackel-Hefte von Karl Kraus. Eine erste Prosaskizze erscheint im Februar 1906 in der Zeitschrift Der Weg, eine Novelle im März 1907 in der Sonntags-Zeit.

Zum Wintersemester 1906/ 07 wechselt Perutz an die Technische Hochschule Wien und beschäftigt sich mit Wahrscheinlichkeits-rechnung, Statistik, Versicherungs-mathematik und Volkswirtschaft.


Noch vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges unternimmt er zahlreiche Reisen, die ihn u.a. nach u.a. nach Frankreich, Italien, Spanien, Nordafrika, der Türkei, den Libanon, Palästina und Ägypten führen. Ein Lebensstil, der dem Angestellten in einer Versicherungsfirma nur durch den finanziellen Rückhalt des väterlichen Unternehmens möglich ist. Nach Kriegsdienst und Verletzung an der russischen Front wird Perutz dann ab Sommer 1917 als Leutnant im Kriegspressequartier eingesetzt, wo er u.a. auch die Bekanntschaft von Egon Erwin Kisch macht.

1919 gehört (der mittlerweile mit der 13 Jahre jüngeren Ida Weil verheiratete) Leo Perutz zu den Mitverfassern der Aufklärungsschrift über das Wüten der Feldgerichte im Ersten Weltkrieg: Die Feldgerichte und das Volksgericht, arbeitet aber neben seiner schriftstellerischen Tätigkeit weiterhin hauptberuflich bis 1923 als mathematischer Beamter bei Versicherungsgesellschaften in Wien und Triest.


Die Zwanziger Jahre gehören zu Perutz‘ literarisch produktivster Periode. Neben mehreren äußerst erfolgreichen Romanen veröffentlicht er Erzählungen, Novellen und Drehbücher. 1923 wird sein von der Kritik hochgelobter Roman Der Meister des Jüngsten Tages zum Publikumserfolg, der – in zahlreiche Sprachen übersetzt – ihm ein für die späteren Exiljahre nicht unwesentliches finanzielles Polster verschaffen wird. 1928 erscheint Wohin rollst du, Äpfelchen… als Fortsetzungsroman in der Berliner Illustrierten Zeitung und macht Leo Perutz quasi über Nacht einem Millionenpublikum bekannt.


Zu seinem Bekannten- und Freundeskreis gehören Schriftsteller-Kollegen Bertolt Brecht, Bruno Brehm, Theodor Kramer, Anton Kuh, Robert Musil, Friedrich Reck-Malleczewen, Alexander Roda Roda, Josef Weinheber und Franz Werfel.

Der Tod seiner ersten Frau im Jahre 1928 stürzt Leo Perutz in eine schwere Lebenskrise – er zieht sich für längere Zeit aus dem öffentlichen Leben zurück und wendet sich sogar vorübergehend dem Okkultismus zu. Die Wirtschaftskrise Ende der 20er Jahre beeinträchtigen nun auch zunehmend Perutz‘ wirtschaftliche Situation. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 wird sein wichtigster Markt wegbrechen, da sein (jüdischer) Wiener Verlag Zsolnay nun nicht mehr nach Deutschland ausliefern darf.


1934 lernt Perutz Grete Humburger kennen, die er 1935 heiratet. Nach dem Anschluss Österreichs 1934 flieht er mit seiner Familie erst nach Venedig, dann ins damalige Palästina, wo er sich erst in Haifa, danach in Tel Aviv niederläßt, nicht zuletzt auch auf Drängen seines Bruders Hans, der bereits hierhin seine Firma verlagert hat und von dem Leo Perutz wirtschaftlich abhängig ist.

Nach anfänglichen Eingewöhnungsschwierigkeiten lebt sich Perutz mit der Zeit gut ein, meidet das chaotische und heiße Tel Aviv jedoch immer mehr und bevorzugt besonders während der Sommermonate das Leben in den kühlen Altstadtgassen von Jerusalem.


An Veröffentlichungen ist dieser Zeit für Perutz nicht zu denken. Mit Exil-Zeitschriften und Exilanten-Verbänden hat er keinen Kontakt und im übrigen nur sehr lose Verbindungen zu den wenigen deutschsprachigen, nach Palästina ausgewanderten, Autoren wie z.B. Max Brod und Arnold Zweig. Ab 1941 erscheinen, durch Vermittlung von nach Argentinien emigrierten Bekannten und unterstützt durch Jorge Luis Borges, einige Bücher von ihm in spanischer Sprache.


Leo Perutz erhält 1940 die Staatsbürgerschaft Palästinas, will kurz nach Kriegsende wieder nach Europa zurückkehren, zögert jedoch aufgrund seines Alters, dies auch umzusetzen. Nach Gründung des Staates Israel 1948 fühlt sich der Gegner aller nationalistischen Bestrebungen dort allerdings zunehmend unwohl, nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Vertreibung der arabischen Bevölkerung. Dazu kommen Postzensur und das von der neuen Regierung verhängte Ausreiseverbot, so daß Leo Perutz erst 1950 zum erstenmal Österreich und Großbritannien besuchen kann. Die Schikanen, denen sich das Ehepaar nach seiner in Israel ausgesetzt fühlt, führen schließlich dazu, daß Perutz bei seinem nächsten Österreich-Besuch im Jahr 1951 die österreichische Staatsbürgerschaft wieder annimmt und in den darauffolgenden Jahren die Sommermonate stets in Wien und im Salzkammergut verbringt.


Der literarische Neuanfang im Nachkriegs-Österreich gestaltet sich für den Remigranten mehr als schwierig, da Leo Perutz anfänglich keine Verleger für seine Werke finden kann. Ein nach wie vor vorhandener Antisemitismus führt letztlich dazu, daß Verleger entweder allzu jüdische Passagen aus seinen Werken kürzen oder, aus „Rücksicht auf den Markt“‚, diese gar nicht erst veröffentlichen wollen. Als 1953 endlich Perutz‘ bekanntester Roman Nachts unter der steinernen Brücke erscheint, gibt es zwar viele positive Rezensionen, allein der Verlag macht kurz darauf Pleite und das Buch kommt vorerst nicht in den Handel. Der darauffolgende Roman Der Judas des Leonardo erscheint erst nach seinem Tod.


Literatur:

Ulrike Siebauer: Leo Perutz. Ich kenne alles.
Alles nur nicht mich. Biografie, Bleicher Verlag,
Gerlingen 2000, ISBN 3883506664


Links (deutsch):

http://www.biblint.de/perutz.html

http://www.bautz.de/bbkl/p/perutz_l.shtml

http://de.wikipedia.org/wiki/Leo_Perutz

http://www.hagalil.com/israel/deutschland/perutz.htm

http://www.perlentaucher.de/buch/11399.html

http://www.perlentaucher.de/buch/1039.html

http://www.sandammeer.at/rezensionen/perutz-derschwedischereiter.htm

http://www.kisc.meiji.ac.jp/~mmandel/rezension_mueller.html

http://www.textlog.de/tucholsky-dritte-kugel.html

http://www.zeit.de/2002/51/L-Perutz


International:

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