Drücke „Enter”, um zum Inhalt zu springen.

Lilienfeld, Ivan

H.A.M. 0

Ivan Lilienfeld (Pseudonym Gabriel Ilan)
Journalist


Geb. 3.6. 1910 in Schlesien
Gest. 1.4. 2005 in Israel


Die Juristerei hat er „gelernt“. Zum Journalismus kam er als Exilant und Selfemademan, also durch „learning by doing“. Bereits mit etwa 21 oder 22 Jahren wurde Ivan Lilienfeld Doktor der Rechtswissenschaften*. In Freiburg hatte er die letzten zwei Jurasemester studiert. Obwohl er aus einer ausgesprochen bürgerlichen Familie stammte, war Ivan Lilienfeld nicht Mitglied in einer (jüdischen oder nichtjüdischen) Studentenbewegung, sondern in einem – Wanderbund.


Nach Abschluss seines Studiums bekam der junge Jurist 1932 sogleich eine Anstellung im preußischen Staatsdienst in Berlin. Er heiratete eine Berufskollegin und hätte als Beamter Karriere gemacht. Die wurde jedoch schon nach wenigen Monaten beendet. Und zwar durch eigenen Entschluss. Lilienfeld hatte zwar freiwillig eine jüdische Sonntagsschule besucht. Doch geprägt durch ein assimiliertes und tolerantes Elternhaus, waren ihm jüdische Traditionen relativ gleichgültig.

Dennoch erkannte Dr. Lilienfeld rechtzeitig die Menetekel: Als er kurz vor Hitlers Machtergreifung aus der Zeitung erfuhr, daß jüdischen Bürgern in Breslau ihre Ausweise und Pässe entzogen wurden und seine Frau Edith-Johanna zudem in einem Fragebogen ein Kästchen ankreuzen musste, das sie als Nicht-Arierin auswies, packten sie ihre Siebensachen und verließen Deutschland fluchtartig.


Im italienischen Genua, der ersten Exilstation, blieb das Ehepaar etwa ein knappes halbes Jahr. Ivan Lilienfeld wollte als Jurist weiterarbeiten, doch den bequemen Weg zu einem geregelten Einkommen verschloss er sich selbst: Er weigerte sich konsequent, Mitglied der faschistischen Partei zu werden. Diese Mitgliedschaft war Bedingung für eine Berufsausübung, etwa die Zulassung als Rechtsanwalt. Als Angehöriger der herrschenden Partei des Diktators Mussolini hätte der Jude Lilienfeld wahrscheinlich keine existentiellen Schwierigkeiten bekommen – mindestens solange „nur“ die italienischen Faschisten an der Macht waren. Unter den deutschen Besatzern hätte ihm später wohl auch eine solche Mitgliedschaft nicht geholfen.


„Er hatte jedoch mit dem Faschismus nichts am Hut“, erzählt seine Schwägerin Ilse in einem Gespräch mit Oren Geller für das Mitteilungsblatt der Vereinigung der Juden aus Mitteleuropa (MB, Ausgabe 2002, Jahrgang 73). Konsequenz dieser mutigen Haltung: Das Ehepaar musste auch Italien verlassen und machte sich auf nach Holland, das (noch) frei war.
Der polyglotte Humanist, der Englisch, Holländisch und Italienisch ebenso perfekt beherrschte wie die klassischen Sprachen, verdiente in Amsterdam den Lebensunterhalt durch Privatunterricht in Altgriechisch. Aber die Verhältnisse erzwangen 1935 eine weitere Flucht. Diesmal nach Palästina an Deck eines Einwandererschiffes.


In Tel Aviv hatten es Intellektuelle mit geistigen oder künstlerischen Berufen damals wie heute schwer: Ivan Lilienfeld versuchte sich als Hilfsschlosser. Das ging ganze drei Tage lang (nicht) gut. Mit Latein und Altgriechisch war auch kein Brot zu verdienen, so daß er sich zwei Jahre lang als Arbeitsloser durchschlagen musste. 1937 wurde er Mitarbeiter der (deutschsprachigen) Zeitung Jedioth Chadaschoth. Die hatte wegen der restriktiven Zensurauflagen der britischen Mandatsmacht lediglich eine Auflage von 20 (!) Exemplaren. Kein Wunder, dass es nur kümmerliche Honorare gab.


Mit dem Abzug der Engländer und der Gründung des Staates Israel stieg die Auflage auf 20.000. Damit verbesserte sich auch das Einkommen. Ebenso sein journalistischer Ruf. Er hielt Vorlesungen, wurde zu Vorträgen im In- und Ausland eingeladen, sprach Gastkommentare bei der BBC. Als 1973 „seine“ Zeitung eingestellt wurde, schrieb er als freiberuflicher Journalist für das bereits erwähnte Mitteilungsblatt, dessen Chefredakteur er dann bis zu seiner Pensionierung wurde. Seine Leitartikel unter dem Pseudonym Gabriel Ilan waren legendär.


Anmerkung:

Der Autor dieser Zeilen hat Ivan Lilienfeld etwa um 1980 in Israel getroffen. Es wurde gefachsimpelt von Journalist zu Journalist. Doch über sein persönliches Schicksal verlor Ivan Lilienfeld kein Wort. Beim Schreiben dieser Biographie erzählten jeckische Weggefährten von ihm – aus Deutschland stammende Israelis – daß auch sie nichts Persönliches von ihm erfahren hätten, daß er ein verschlossener Mensch gewesen sei, der seine Lebensgeschichte für sich behalten habe als etwas Intimes, Privates. Erst für den (deshalb verspäteten Nachruf) im MB hat Oren Geller von Lilienfelds Schwägerin Ilse, vor allem jedoch von der Nichte Mirjam Heim einige unbekannte Einzelheiten erfahren. Ilse war die Schwester von Dr. Edith-Johanna Lilienfeld, die einige Jahre älter war als ihr Mann und die vor ihm gestorben ist. Doch nicht alle Angaben waren exakt zu belegen, das Gedächtnis alter Menschen funktioniert nicht immer so, wie Biographen sich das wünschen. Die Verschlossenheit des sonst so eloquenten und belesenen Ivan Lilienfeld lässt sich bei so einer Lebensgeschichte nachempfinden. Hinterlassen hat Ivan Lilienfeld Tausende von Büchern, überwiegend in deutscher Sprache. Was damit geschehen soll ist eine ungeklärte Frage.


Autor:

Hajo Jahn


Links (deutsch):

http://www.dasan.de/j/medien/texte/11_zeitungen/11-027.htm

http://opac.ub.uni-tuebingen.de/cgi-bin/wwwolix.cgi?db=tzv&nd=1861398

http://www.leobaeck.org/Zeitschriftenarchiv%20new.htm

http://www.jewish-life.de/kesher/weltrundschau.htm

Die Kommentare sind deaktiviert.