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Kolb, Annette

H.A.M. 0

Annette (eigtl. Anna Mathilde) Kolb
Schriftstellerin und Journalistin


Geb. 3.2.1870 in München
Gest. 3.12.1967 in München


„…als ich aufwuchs, da lag mir immer mehr am Herzen, daß die Franzosen und die Deutschen sich so liebten, wie ich die beiden zusammen liebte, denn ich habe zu beiden im gleichen Maße gehört.“

(Annette Kolb, Ein Selbstportrait)


Annette Kolb, Tochter eines bayerischen Gartenarchitekten und einer französischen Pianistin, durch zwei Heimatländer und zwei Sprachen gleichermassen geprägt und eine der großen wahrhaftigen Europäerinnen des „Geistes und der Tat“ – wächst in schweren Zeiten auf: wenige Monate nach ihrer Geburt beginnt im Herbst 1870 der Deutsch-Französische Krieg.

Von 1876 bis 1882 hat sie eine Freistelle in der von Salesianerinnen unterhaltenen Klosterschule Thurnfeld bei Hall in Tirol. Jahre, die Annette Kolb zeitlebens als qualvoll in Erinnerung behalten wird. Ganz anders hingegen die anschließende Zeit im Institut Ascher in München. Denn hier, in der weltläufigen Metropole an der Isar, blüht die kultur- und bildungshungrige junge Frau regelrecht auf.

Im Alter von nur 25 Jahren stirbt 1890 ihre musikalisch hochbegabte und schöne Schwester Louise, die später zum Vorbild für die Gestalt der Hespera in Kolbs Roman Die Schaukel werden wird. 1900 folgen erste Feuilletonartikel in verschiedenen Zeitungen, u.a. zu Musikthemen.


1902 lernt sie John Ford, Legationssekretär an der britischen Botschaft in München, kennen. Der mit ihr in Freundschaft verbundene Diplomat ist der Schriftstellerin später Modell für die Figur des Exemplar in ihrem gleichnamigen Roman, für den sie 1913 den Fontane-Preis erhält.

1906 erscheint unter dem Titel L´Ame aux deux patries. Sieben Studien eine Sammlung von Kolbs frühen Feuilletonartikeln über die französische und deutsche Mentalität. Annette Kolb übersetzt die Briefe der heiligen Catharina von Siena, jener sie tief beeindruckenden „Friedensstifterin,…deren ganzes Geheimnis Friedensliebe ist und Mitgefühl“. 1914 lernt die Schriftstellerin den Elsässer René Schickele kennen, wie sie auch Kind einer Französin und eines Deutschen und als Journalist, Dramatiker und Prosaist engagiert für die deutsch-französische Verständigung.

Die Jahre nach Ende des Ersten Weltkrieges sind von Unstetigkeit geprägt. Ohne festen Wohnsitz, ist Annette Kolb von 1919 bis 1923 permanent auf Reisen – in Deutschland, der Schweiz, Frankreich und Italien – und läßt sich anschließend in Badenweiler als Nachbarin der Eheleute Schickele nieder.


Als deutsche Vertreterin nimmt Annette Kolb 1926 in Wien an der 3. Generalversammlung des Verbandes für Kulturelle Zusammenarbeit teil, der sich die geistige Annäherung und Kooperation der europäischen Staaten zum Ziel gesetzt hat.

Kolbs Roman Daphne erreicht im Herbst 1928 seine 8. Auflage. In Vorbereitung ihres Buches (Versuch über Briand, 1929) über den damaligen französischen Ministerpräsidenten Aristide Briand besucht sie im selben Jahr den Politiker und Friedensnobelpreisträger in Paris und nimmt an der 9. Tagung des Völkerbundes in Genf teil.

1930 erscheint ihr Essay-Band Fanfare Essays), in dem sie u.a. den Friedensnobelpreisträger und Gründer der Friedens-Warte, Alfred H. Fried, sowie den französischen Schriftsteller und Pazifisten Romain Rolland porträtiert. Im darauffolgenden Jahr wird Annette Kolb mit den renommierten Gerhart-Hauptmann-Preis ausgezeichnet.


Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten flieht Annette Kolb am 21.2. 1933 aus Deutschland. Nach Zwischenstationen in Luxemburg, an verschiedenen Orten in der Schweiz, in England und Irland läßt sich die Schriftstellerin in Paris nieder.

1934 erscheint im S.Fischer-Verlag mit Die Schaukel (Eine Jugend in München), eine Hymne auf die Symbiose von Bayerisch-Bodenständigem und Französisch-Urbanem. Die seit 1936 französische Staatsbürgerin Annette Kolb nimmt im Mai 1939 am Internationalen PEN-Kongreß in New York teil.

In der Züricher Exilzeitschrift Maß und Wert erscheint 1940 ein von ihr verfaßter Nachruf auf den im französischen Exil verstorbenen Schriftsteller und Freund René Schickele.


„Er schlug sein Zelt ein paar Kilometer von Frankreich auf, die Vogesen im Auge, an der Peripherie Deutschlands, Deutschland im Rücken, und jenes Deutschland der Weimarer Jahre hatte in ihm seinen besten Ratgeber und Freund, Frankreich seinen anhänglichsten Sohn.“


Am 31. Mai 1940, nach dem deutschen Überfall auf Frankreich, verläßt Annette Kolb Paris. Sie hält sich vorübergehend in der Schweiz auf und emigriert – bereits 71jährig – über Madrid und Lissabon in die Vereinigten Staaten, wo sie mit wechselnden Adressen in New York lebt und arbeitet. Kolbs Musikerporträt über Franz Schubert. Sein Leben erscheint bei Bermann-Fischer in Stockholm und 1942 im Amsterdamer Exilverlag Allert de Lange.


Im Oktober 1945 kehrt die Schriftstellerin nach Europa zurück, wo sie zuerst Irland lebt, später in der Schweiz und dann wieder in Paris, wo sie bis 1961 ihren hauptsächlichen Wohnsitz im Hotel Cayré hat.

1950 wird sie in die Bayerische Akademie der Schönen Künste aufgenommen, erhält 1951 den Kunstpreis für Literatur der Stadt München (für das Jahr 1950) und 1955 den Goethe-Preis der Stadt Frankfurt am Main. Ihr lebenslanges Engagement für eine Aussöhnung zwischen Frankreich und Deutschland wird nach dem Zweiten Weltkrieg vielfach geehrt. Die höchste französische Auszeichnung, die ihr zuteil wird, ist die Ernennung zum Ritter der Ehrenlegion. Beim Ausfüllen der Mitgliedskarte setzte sie PARIS als Geburtsort ein mit der Begründung: „Pour la légion d’honneur il faut mettre Paris“ („Für die Ehrenlegion gehört es sich, Paris einzusetzen“).

Es folgen weitere Auszeichnungen, darunter das Große Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland (1959, verliehen in Paris), der Orden Pour le mérite für Wissenschaften und Künste sowie das Große Verdienstkreuz mit Stern des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland (beide 1966).

Im März 1967 reist die mittlerweile hochbetagte Annette Kolb nach Israel. Ein dreiviertel Jahr später stirbt die Vorkämpferin der deutsch-französischen Verständigung im Alter von 97 Jahren in ihrer Geburtsstadt München.


Literatur: 

Armin Strohmeyr:
Annette Kolb,
Dichterin zwischen den Völkern
Eine Biographie
dtv, München 2002
ISBN 3-42330868-0

Charlotte Marlo Werner:
Annette Kolb. Biografie einer
literarischen Stimme Europas
Ulrike Helmer Verlag, Königstein 2000
ISBN 3-89741037-0


Links (deutsch):

http://www.akg-traunstein.de/AKG_Home/index.html

http://www.br-online.de/kultur/literatur/lesezeichen/20030126/20030126_4.html

http://www.phil-fak.uni-duesseldorf.de/frauenarchiv/ausstellungen/europa/kolb

http://www.dla-marbach.de/kallias/hyperkuss/k-67.html#Kolb, Annette

http://www.perlentaucher.de/buch/12781.html

http://www.perlentaucher.de/buch/4350.html

http://www.antiquario.de/a_autoren/k/Kolb_Annette.html

http://www.erich-kaestner-bibliothek.de/buch.php?move=4060&target=on

http://www.muenchner-stadtbibliothek.de/cms_media/objekte/81-Annette%20Kolb.pdf

http://www.france-mail-forum.de/fmf29/art/29lepeni.htm


International:

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