Drücke „Enter”, um zum Inhalt zu springen.

Syllm-Rapoport, Ingeborg

H.A.M. 0

Ingeborg Syllm-Rapoport

Kinderärztin

 

Geb. 02.09. 1912 in Kribi/ Kamerun (damals deutsche Kolonie)


Die Tochter eines Kaufmanns und einer Musikerin jüdischer Herkunft kehrt bereits kurz nach ihrer Geburt ins Deutsche Kaiserreich zurück. Hier besucht Ingeborg, die von ihren Eltern protestantisch erzogen wird, in Hamburg das Gymnasium und nimmt nach dem Abitur ein Medizinstudium auf, das sie 1937 mit dem Staatsexamen abschließt. Anschließend arbeitet die junge Assistenzärztin bis 1938 am Israelitischen Krankenhaus in Hamburg und schreibt bei Rudolf Degkwitz (seit 1932 Ordinarius für Kinderheilkunde an der Universität Hamburg und Chefarzt der Kinderklinik im Universitätskrankenhaus Eppendorf) ihre Dissertation zum Thema Lähmungserscheinungen infolge von Diphtherie. Die Zulassung zur mündlichen Doktorprüfung und damit die Promotion werden ihr jedoch von den nationalsozialistischen Hochschulbehörden in Deutschland aufgrund ihrer mütterlichen Abstammung verweigert.


1938 emigriert die 26Jährige in die Vereinigten Staaten, ist bis 1940 als Assistenzärztin in Brooklyn und Akron/ Ohio tätig, qualifiziert sich anschließend am Women’s Medical College of Pennsylvania in Philadelphia zum M.D. weiter und spezialisiert sich in der Folgezeit an verschiedenen Einrichtungen im Fachgebiet Pädiatrie. An der University of Cincinnati lernt die junge Medizinerin 1944 Samuel Mitja Rapoport kennen, den sie 1946 dann auch heiratet. Da Samuel Mitja Rapoport aufgrund seiner kommunistischen Überzeugungen eine politische Verfolgung durch die antikommunistischen Bestrebungen während der Nachkriegs-McCarthy-Ära befürchtet, kehren die Eheleute mit ihren Kindern nach Europa zurück und lassen sich zunächst in Österreich nieder.


1952 übersiedelt die Familie in die Deutsche Demokratische Republik, wo Samuel Mitja Rapoport eine Professur an der Ost-Berliner Charité erhält und in den folgenden Jahrzehnten mit zu den namhaftesten Biochemikern des Landes zählt. Seine Frau wirkt zunächst als Oberärztin am Hufeland-Krankenhaus in Berlin-Buch, wo sie 1953 ihre Anerkennung als Fachärztin für Kinderheilkunde erhält, und arbeitet danach in der experimentellen Forschung am Institut für Biochemie der Humboldt-Universität zu Berlin, an der sie 1959 habilitiert wird.  Von 1959 bis zu ihrer Emeritierung im Jahr 1973 ist Ingeborg Syllm-Rapoport ebenfalls an der Charité tätig, zum einen in der Kinderklinik, des Weiteren ab 1960 als Dozentin. Seit 1964 ist sie Professorin mit Lehrauftrag, ab 1968  ordentliche Professorin für Pädiatrie. Ein Jahr später wird sie Inhaberin des ersten europäischen Lehrstuhls für Neonatologie.


Im Mai 2015 verteidigt die renommierte Medizinerin Ingeborg Syllm-Rapoport in einem Prüfungsgespräch vor drei Professoren der Universität Hamburg ihre Doktorarbeit, fast acht Jahrzehnte nach deren Anfertigung und der darauffolgenden Ablehnung aufgrund  ihrer jüdischen Herkunft. Dieses ungewöhnliche procedere ist nur aufgrund eines Schreibens ihres damaligen Doktorvaters Rudolf Degkwitz möglich,  in dem er aussagt, ihre Doktorarbeit angenommen zu haben, sie jedoch  aufgrund der geltenden NS-Gesetze nicht zur Promotion zulassen zu können. Am 9. Juni 2015 schließlich erhält die vielfach ausgezeichnete Medizinerin und Nationalpreisträgerin der DDR im Alter von 102 Jahren (!) ihre Promotionsurkunde mit der Gesamtnote magna cum laude. Mit Hilfe von Freunden und Verwandten hatte sich die schon stark sehbehinderte Medizinerin auf ihre Prüfung vorbereitet. „Es ging hier ums Prinzip, nicht um mich. Ich habe die Arbeit ja nicht um meiner selbst willen verteidigt; die ganze Situation war für mich auch gar nicht so einfach mit 102 Jahren. Ich habe es für die Opfer gemacht. Die Universität wollte damit geschehenes Unrecht wiedergutmachen und hat große Geduld bewiesen, für die ich dankbar bin,“ so die weltweit älteste Promovendin in einem Interview mit dem Berliner Tagesspiegel (Quelle: Schäfer, Elke: Im “dritten Leben“ schließt sich der Kreis, Humanistischer Pressedienst v. 18. Juni 2015/ {ln:nw:http://hpd.de/artikel/11855}).


Quellen:

{ln:nw:https://de.wikipedia.org/wiki/Ingeborg_Rapoport }

{ln:nw:http://hpd.de/artikel/11855 }


Links (deutsch):

{ln:nw:http://leibnizsozietaet.de/wp-content/uploads/2012/10/06_jacobasch.pdf }

{ln:nw:http://www.jungewelt.de/2015/05-20/008.php?sstr=rapoport }

{ln:nw:http://www.sueddeutsche.de/bildung/nazis-hatten-zulassung-verweigert-jaehrige-legt-promotionspruefung-ab-1.2481171 }

{ln:nw:http://www.neues-deutschland.de/artikel/973610.die-pruefung-einer-hundertjaehrigen.html }

{ln:nw:http://www.dgkj.de/ueber_uns/personalia/meldung/meldungsdetail/ingeborg_rapoport_zum_100_geburtstag/ }

{ln:nw:https://portal.dnb.de/opac.htm?method=simpleSearch&query=120997363 }

{ln:nw:http://www.zeit.de/2015/22/uke-ns-vergangenheit-aufarbeitung-hendrik-va-den-bussche/komplettansicht }

{ln:nw:http://www.aerzteblatt.de/pdf.asp?id=171127 }

volume_up{ln:nw:http://www.handelsblatt.com/panorama/aus-aller-welt/ingeborg-syllm-rapoport-102-jaehrige-hat-doktortitel-doch-noch-bekommen/11893072.html }


International:

{ln:nw:https://en.wikipedia.org/wiki/Ingeborg_Rapoport }

{ln:nw:http://www.imdb.com/title/tt0423037/ }

{ln:nw:http://www.wsj.com/articles/from-nazi-germany-a-tale-of-redemption-1431576062 }

{ln:nw:http://www.ynetnews.com/articles/0,7340,L-4666694,00.html }

{ln:nw:http://rt.com/news/258617-woman-oldest-doctorate-nazi/ }

{ln:nw:http://www.smh.com.au/world/ingeborg-syllmrapoport-102-completes-degree-denied-her-by-nazis-77-years-ago-20150610-ghke0k.html }

film{ln:nw:http://www.bbc.com/news/world-europe-33048927 }

{ln:nw:http://www.radiovl.fr/a-102-ans-decroche-doctorat/ }

Die Kommentare sind deaktiviert.