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Weidt, Jean

H.A.M. 0

Jean Weidt (eigtl. Hans Weidt)

Tänzer und Choreograf

Geb. 07.10. 1904 in Hamburg

Gest. 29.08. 1988 in Rangsdorf/ DDR


“Mein Thema wird auf der Straße und in den Fabriken geboren, in meinen Träumen und Hoffnungen um eine schönere Zukunft.“ (Jean Weidt)


Seine Kindheit und Jugend wird durch seine familiär-ärmlichen Verhältnisse im Hamburger Arbeiter-Stadtteil Barmbek geprägt. Mit gerade einmal sechzehn Jahren verlässt der junge Hans Weidt das Elternhaus. Seine Passion gilt einem völlig anderen Metier: dem Tanz. Der Mittellose verdingt sich als Gärtner und Kohlentrimmer im Hamburger Hafen, um Geld zum Aufbau eigener Tanzgruppen zu generieren. Von 1925 bis 1928 tritt er mit seinen ersten Tanzgruppen unter anderem im Hamburger ‘Curiohaus‘ und an den Kammerspielen mit seinen Stücken “Aufruf“, “Der Arbeiter“ und “Tanz mit der roten Fahne“ auf. Erste Berühmtheit erlangt er an der Hamburgischen Staatsoper mit dem Stück “Der Gaukler und das Klingelspiel“ und sehr bald schon werden Gustaf Gründgens, Klaus Mann und Mary Wigman auf das Tanz-Talent aufmerksam.


Hans Weidt versteht sich auch und vor allem als politischer Tänzer (ähnlich wie Kurt Jooss und der Chilene Patricio Bunster). Im Oktober 1923 beteiligt sich Weidt  am Hamburger Aufstand, identifiziert sich mit den streikenden Arbeitern – und will für sie tanzen. Denn: Für ihn zählt beim Tanz mehr die politische Propaganda als Agitprop-Kunst und nicht so sehr ein wie auch immer geartetes ästhetisches Programm. Mit seiner Kompanie ‘Die Roten Tänzer‘ wechselt Hans Weidt 1929 nach Berlin und veranstaltet dort sozialkritische Tanzabende. Erwin Piscator, Intendant des Berliner Renaissance-Theaters, engagiert ihn und inszeniert ab 1931 mit ihm im Wallner Theater unter anderem das Stück “Tai Yang erwacht“ des Schriftsteller-Arztes Friedrich Wolf, für das der junge John Heartfield das Bühnenbild entwirft. Im Angesicht des immer stärker werdenden Faschismus wird Hans Weidt 1931 Mitglied der KPD und arbeitet alsdann eng mit der ‘Truppe 31‘ um Gustav von Wangenheim, Ludwig Renn, Hans Rodenberg, John Heartfield und Arthur Pieck zusammen. Auch Künstler und Intellektuelle wie Erich Mühsam, Stefan Wolpe, Ernst Busch und Helene Weigel gehören in dieser Zeit zu Weidts Freundeskreis. Es entstehen sozialkritische Werke, darunter “Die Mausefalle“, “Passion eines Menschen“ sowie “Die Ehe“. Mit seinen an den Problemen der Arbeiterklassen orientierten Choreografien wird Weidt zum  zentralen Protagonisten des politischen Theaters der Weimarer Republik.


Unmittelbar nach der “Machtübergabe“ an die Nationalsozialisten wird auch der Protagonist des Modernen Tanzes der Weimarer Republik in Berlin verhaftet, sein Übungs- und Wohnraum im Prenzlauer Berg und fast alle Tanzmasken, bildhauerische Werke, insbesondere des Künstlers Richard Steffens, werden zerstört. Der “Rote Tänzer“ Weidt sitzt mehrere Wochen im Gefängnis Charlottenburg ein, wird misshandelt und geschlagen und erst auf Intervention des  Regisseurs Karlheinz Martin wieder auf freien Fuß gesetzt. Noch im Jahr 1933 emigriert der Choreograf über Moskau nach Frankreich, wo er in Paris die Bekanntschaft von Künstlern wie Jean Gabin, Maurice Chevalier, Pablo Picasso und Josephine Baker macht. Arbeitsaufenthalte führen den Tänzer in diesen Jahren unter anderem auch ins ost-europäische Ausland nach Prag und Moskau.


Einer größeren Öffentlichkeit bekannt wird er mit seiner 1933 gegründeten Gruppe ‘Ballets Weidt‘, mit der er unter anderem die Choreografie für “Unter den Brücken von Paris“, “L’été aux champs“ und “Sur la grande route“ gestaltet, wobei seine Programmhefte unter anderem von Jean Cocteau illustriert werden.  Aber nicht nur bekannte KünstlerInnen sind es, die Jean Weidts Talent erkennen und ihn fördern, auch der Tänzer-Choreograf wird zum Wegbereiter für Talente: so erhält Louis Armstrong seine ersten Engagements in Frankreich von Jean Weidt und tourt mit Weidts Compagnie von 1933 bis 1936 durch Europa. Zwei Jahre später gründet Weidt, der mittlerweile das deutsche “Hans“ ins französische “Jean“ umgewandelt hat,  in Paris das ‘Le Ballets 38‘ und gilt bis zur Besetzung Frankreichs durch die Hitler-Wehrmacht im Frühjahr 1940 mit seiner Compagnie als die “unangefochtene Nummer 1“ (so sein Sohn Andreas) der modernen französischen Tanzszene. Auch der Film fasziniert ihn, und im  französischen Kinoerfolg “Der Zauberlehrling“ unter der Regie von Max Reichmann erhält Weidt sogar eine Hauptrolle. Nach der Besetzung Frankreichs und seiner zeitweiligen Internierung in Algerien, meldete sich Jean Weidt als Freiwilliger zur Britischen Armee und beteiligte sich aktiv am Kampf gegen den Faschismus.


Nach Kriegsende und Rückkehr aus der Emigration leitet der mit der Malerin und Grafikerin Ursula Wendorff verheiratete Hans/ Jean Weidt ab 1948 das neu gegründete ‘Dramatische Ballett‘ der Volksbühne Berlin. Es folgen Arbeitsaufenthalte in Schwerin, Hamburg und Chemnitz und die Installation der “Störtebeker Festspiele“ 1954 in Zusammenarbeit mit Hanns Eisler. 1966 beruft ihn Prof. Walter Felsenstein an die Komische Oper Berlin, wo der Nachwuchs-Choreograf Tom Schilling soeben eine Tanzcompagnie neuen Typus‘ aufbaut: das Tanztheater der Komischen Oper Berlin. Parallel dazu schafft Jean Weidt mit 40 jungen Laientänzern die ‘Gruppe Junger Tänzer‘, deren Leitung er bis zu seinem Tod innehat. Noch im hohen Alter entwickelt Jean Weidt die Veranstaltungsreihe “Stunde des Tanzes“, an der alle Spitzencompagnien der DDR teilnehmen, und die zur erfolgreichsten Nachkriegsproduktion für Jean Weidt wird. Noch in seinem Todesjahr dreht die deutsche Regisseurin Petra Weisenburger den Dokumentarfilm: “Jean Weidt – Tanzen für ein besseres Leben.“ Ebenfalls 1988 wird er zum Ehrenbürger seines letzten Heimatortes Rangsdorf ernannt. Jean Weidts Nachlass verwalten das Tanzarchiv Leipzig und das Deutsche Tanzarchiv Köln.


Quellen:

http://de.wikipedia.org/wiki/Jean_Weidt

http://www.tanzarchiv-leipzig.de/?q=fr/node/402

http://publishing.cdlib.org/ucpressebooks/view?docId=ft167nb0sp&chunk.id=d0e5961&toc.id=d0e5716&brand=ucpress


Links (deutsch):

http://www.initiative-literatur.de/de/weidt/danseur.php

http://www.sk-kultur.de/tanz/kessler/seiten/kessler4.htm

http://www.tanzkritik.net/2008/02/die-anfange-des-modern-dance-folge-iv.html

http://www.rbb-online.de/kultur/beitrag/2013/08/Begegnung-mit-Jean-Weidt.html

http://www.oxfordreference.com/view/10.1093/acref/9780195173697.001.0001/acref-9780195173697-e-1845

http://peredelkino.free.fr/Mauricetraductions.php#Les%20danseurs%20:%20des%20asociaux

http://www.koerber-stiftung.de/koerberforum/rueckblicke/berichte/2010/sep-okt/06102010.html

volume_uphttp://www.weichmann-stiftung.de/eigenaktivitaeten/veranstaltungen/2010/2010-10-06.php

http://www.taz.de/Bewegung-und-Revolution/!128048/


International:

http://www.tanzarchiv-leipzig.de/?q=fr/node/844

http://publishing.cdlib.org/ucpressebooks/view?docId=ft167nb0sp&chunk.id=d0e5961&toc.id=d0e5716&brand=ucpress

http://www.pierrejamet-photos.com/fr/portfolio-12168-0-20-ballets-weidt-1933-1935.html

http://books.google.fr/books?id=TWw9dgzLzPkC&pg=PA85&lpg=PA85&dq=Jean+Weidt+%2B+Stefan+Wolpe&source=bl&ots=QiK6QCMqoy&sig=d-Wx7sfJRdqBs7XWi5lH2OqT_Ow&hl=fr&sa=X&ei=7Y3_U-3ZGcmU0QXoh4GgDQ&ved=0CD8Q6AEwBA#v=onepage&q=Jean%20Weidt%20%2B%20Stefan%20Wolpe&f=false

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