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Weiß, Bernhard

H.A.M. 0

Bernhard Weiß
Polizeibeamter (D)

Geboren am 30. Juli 1880 in Berlin
Gestorben am 29. Juli 1951 in London


Wer den Bahnhof Friedrichstraße verlässt, steht auf dem Bernhard Weiß-Platz. Damit ehrt die Stadt Berlin ihren ehemaligen Polizeivizepräsidenten. Der Bund jüdischer Soldaten in der Bundeswehr würdigt seit 2007 mit einer Bernhard Weiß-Plakette für Verständigung und Toleranz den Mann, „der Joseph Goebbels jagte“ – so der Titel einer WDR-Fernsehdokumentation von 2003. Ebenso bizarr wie exemplarisch für den ideologischen Hass der Nazis mutet heute die Kampagne des mächtigen „Reichsministers für Volksaufklärung und Propaganda“ Joseph Goebbels gegen den preussischen Beamten und Demokraten Weiß an. Der mußte zwar 1933 ins Exil flüchten. Er überlebte jedoch in London das „Dritte Reich“ und seinen mächtigen Gegner. Dort erlebte Weiß noch kurz vor seinem Tod die Wiedererlangung der von den NS-Behörden aberkannten deutschen Staatsbürgerschaft. Die Ehrungen aber kamen zu spät für einen der mutigsten Polizeibeamten Deutschlands.


Bernhard Weiß war der Lieblingsfeind des jüngsten Ministers in Hitlers Kabinett. Der jüdische „Vipoprä“, wie ihn  die berühmte Berliner Schnauze nannte, war populär geworden, als er mit Hilfe der Presse und einer zu jener Zeit noch relativ objektiven Justiz den Mord an den Industriellen und Politiker Walther Rathenau aufklären und sühnen konnte. Der damalige deutsche Außenminister und frühere Präsident der AEG, ein Intellektueller hohen Grades, war am 24. Juni 1922 in Berlin erschossen worden.


Ironie der Geschichte, dass Opfer und Gegner, Weiß und Goebbels, die Macht der Medien früh erkannt und auch genutzt haben. Die Presse – der Rundfunk steckte noch in den Kinderschuhen – begleitete die mehr als 60 Prozesse, die Bernhard Weiß gegen Goebbels anstrengte und alle gewann. Doch der  dämonische Volksverführer nutzte jede Gerichtsverhandlung, um seine antisemitische Hetzkampagne gegen den Vizepolizeipräsidenten in seiner eigenen Zeitung „Der Angriff“ fortzusetzen. Systematisch hatte Goebbels den kleinwüchsigen Mann mit der dicken Hornbrille bösartig karikieren und in gehässigen Artikel als „Isidor Weiß“ beleidigen lassen. Höhepunkt dieser antisemitischen Hetzkampagne war der Sammelband aller Schmähungen unter dem Titel „Das Buch Isidor – Ein Zeitbild voll Lachen und Hass“.


„Der Feind steht rechts“, hatte Reichskanzler Joseph Wirth noch am 25. Juni 1922 in seiner Gedenkrede für den ermordeten Walther Rathenau erklärt. Meidner aber war weder auf dem rechten noch auf dem linken Auge blind. er bekämpfte auch die Übergriffe der Kommunisten, die ihn wiederum in ihrem Kampblatt „Rote Fahne“ heftig befehdeten. Sie scheuten nicht einmal davor zurück, ihn antisemitisch mit dem bei Goebbels entlehnten Spottnamen „Isidor Weiß“ zu verhöhnen.


Bernhard Weiß stammte aus einer wohlhabenden jüdischen, nicht-orhtodoxen Familie. Sein Vater Max hat sein Vermögen als Getreidegroßhändler erarbeitet und  war Vorsitzender der „Jüdischen Gemeinde Fasanenstraße“ Berlin und im Beirat der Hochschule für die Wissenschaft des Judentums. Sohn Bernhard machte eine bürgerliche Bilderbuchkarriere: Er studierte Jura in der Hauptstadt sowie an einigen süddeutschen Universitäten, promovierte, machte eine militärische Ausbildung, diente im Ersten Weltkrieg als Reserveoffizier, ausgezeichnet mit dem Eisernen Kreuz Zweiter und Erster Klasse.


Seine erfolgreiche Laufbahn bei der Berliner Polizei trat Weiß im Sommer 1918 zunächst als stellvertretender Leiter der Kripo an, deren Chef er 1925 wurde. Die Ernennung zum stellvertretenden Polizeipräsidenten war 1927 Höhepunkt und Endpunkt seines Aufstiegs. Beim Kampf gegen rechte wie linke Feinde der Weimarerer Republik wurde er von Albert Grzesinski unterstützt, der von Mai 1925 bis Oktober 1926 als Polizeipräsident amtierte, bevor er preussischer Innenminister wurde. Auch dieser Sozialdemokrat musste nach der „Machtergreifung“ Hitlers und seiner Paladine ins Exil flüchten. Nicht viel anders erging es den prominenten Künstlern, die im Hause der kunstsinnigen Ehefrau Lotte Weiß verkehrten wie etwa Richard Tauber, der „König des Belcanto“.
Mit dem sogenannten Preußenschlag setzte die Reichsregierung am 20. Juli 1932 das geschäftsführende preußische Kabinett ab. Die Staatsgewalt im größten Land der Weimarerer Republik ging damit auf die Regierung in Berlin über. Historiker sehen darin einen entscheidenden Schritt zur Zentralisierung der Macht, die bald in die Hände der NSDAP fallen sollte, die bei der Reichstagswahl am 31. Jui des gleichen jahres stärkste Partei wurde.


Goebbels nutzte diese Macht, um seinen gefürchtesten Gegner inhaftieren zu lassen. Doch noch funktionierte die Justiz und Bernhard Weiß kam frei. Befreundete Kollegen halfen ihm im März 1933 – Hitler war inzwischen Reichskanzler – zur Flucht über Prag nach London. In England musste sich Bernhard Weiß mit einem kleinen grafischen Betrieb den Lebensunterhalt verdienen, als deutscher Jurist konnte er dort nicht arbeiten; ein Schicksal, das er mit vielen Exilanten in den fremdsprachigen Gastländern teilte.


Autor:

Hajo Jahn


Literatur:

Dietz Bering: Kampf um Namen.. Bernhard Weiß gegen Joseph Goebbels, Stuttgart, Klett-Cotta 1991, 527 S.., Ill. Fernsehen/Rundfunk: Der Mann, der Goebbels jagte (Bernhard Weiß). Dokumentation, 45 Min., Buch und Regie: Reiner Brückner und Mathias Haentjes, eine WDR-Produktion, Erstausstrahlung: 26. September 2003
Horst Meier: Preuße, Jude, Patriot und Demokrat. Bernhard Weiß, Vizepräsident der Berliner Polizei und die Verteidigung der Weimarer Republik. Hörfunkbeitrag im Deutschlandfunk in der Reihe „Feature“ am 28. Juni 2005.

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