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Szerb, Antal

H.A.M. 0

Antal Szerb (Pseud. A. H. Redcliff)
Schriftsteller und Literaturwissenschaftler


Geb.1.5. 1901 in Budapest/ Österreich-Ungarn
Gest. 27. 1. 1945 im Arbeitslager Balf/ Ungarn


In seiner Heimat Ungarn war er schon als junger Mann ein bekannter Autor und renommierter Wissenschaftler. Der Sohn assimilierter Juden, katholisch getauft und zweimal mit dem renommierten Baumgarten- (Literatur-) Preis ausgezeichnet (1935 und 1937), wurde postum im Land seiner Mörder, in Deutschland, in den 70er Jahren durch den phantastischen Roman Reise im Mondlicht unter Bücherfreunden bekannt. Populär jedoch wurde Antal Szerb hierzulande 60 Jahre nach seiner Tötung durch die Nazis in dem 2005 erschienen, spannend wie einen Thriller geschriebenen Tatsachenbericht Das Halsband der Königin.


Geschrieben hat Szerb auf Ungarisch. Doch Deutsch konnte er nicht nur, weil das für bürgerliche Schichten in der Österreichisch-Ungarischen Donaumonarchie ungeschriebene Pflicht war, wenn man etwas werden wollte, sondern weil er die Sprache der Dichter und Denker studiert hatte. So konnte er gleich nach dem Abitur im österreichischen Graz Vorlesungen über klassische und moderne Philologie hören. Nach einem Jahr kehrte er 1920 in die ungarische Hauptstadt zurück und immatrikulierte sich für das Studium der Hungarologie, Germanistik und Anglistik. Bereits nach nur vier Jahren folgte die Promotion. Seine Doktorarbeit galt Ferenc Kölczey, dem Dichter der ungarischen Nationalhymne.


Aber der schönste Doktorhut verhilft nicht zu Geld. So verdingte sich der angehende Schriftsteller – der längst erste Erzählungen, Rezensionen und Essays in den führenden Literaturzeitschriften Ungarns geschrieben hatte – als Hilfslehrer für Englisch und Ungarisch an einer Vorstadtschule. Es war dann bereits ein kleiner Karrieresprung, aber nicht der erhoffte Traumberuf, als er 1928 an einer höheren Lehranstalt angestellt wurde, einer Schule für kaufmännische Berufe. Welche finanziellen Opfer mag es gekostet haben, um sich Auslandsaufenthalte in Frankreich, Italien und Großbritannien zu erlauben? Antal Szerb hielt diese Erfahrungen in anderen Ländern für unumgänglich, um sich weiter zu bilden. Diese Auslandseindrücke flossen ein in seine ersten Romane Die Pendragonlegende (1934) und Utas és holdvilág (1937).


Als in Deutschland 1933 die Nazis an die Macht kommen, wird Antal Szerb Vorsitzender der Literarischen Gesellschaft Ungarns. Da arbeitet er bereits an einer ungarischen Literaturgeschichte, die nach zweijähriger Arbeit 1934 erscheint, bis 1943 eine Auflage von 23.000 Exemplaren erreicht – für ein wissenschaftliches Werk in einem verhältnismäßig kleinen Land ist das erstaunlich hoch. Es wird 1944 verboten, nachdem deutsche Truppen im März dieses Jahres auch Ungarn überfallen und eine faschistische Marionettenregierung eingesetzt hatten. Noch im Sommer des selben Jahres wird Antal Szerb zum Arbeitsdienst (besser: Sklavendienst) eingezogen und nach wenigen Monaten ermordet, anonym verscharrt in einem Massengrab.


Welch ein glücklicher Umstand, dass Szerb, der seit 1937 Literatur an der Universität von Szeged lehrte, noch 1941 eine Geschichte der Weltliteratur hatte fertig stellen und veröffentlichen können: A világirodalom története ist sein wissenschaftliches Hauptwerk. Es verbindet Literatursoziologie und Kulturphilosophie in einer spannend aufbereiteten populären Sprache – eine Kunst, die ihn, den Wissenschaftler, einmal mehr als Schriftsteller von hohen Graden ausweist. Diese Begabung hatte ihm mit Unterstützung von Mäzenen die Habilitation und den Lehrauftrag an der Universität Szeged eingebracht. Eine „ordentliche“ Professur jedoch war ihm, dem getauften Katholiken, wegen seines jüdischen Vaters, einem Kaufmann, bereits durch das rechtsgerichtete Hórthy-Regime verwehrt worden, lange vor dem Einmarsch der Nazis.


Kurz vor seinem Tod noch hatte Szerb 1943/44 Einhundert Gedichte in einem zweibändigen Werk veröffentlicht und unter dem englischen Pseudonym A. H. Redcliff zwei Romane: VII. Olivér und A királné. Letzteres ist die aufregende Geschichte um einen Skandal im vorrevolutionären Versailles. Es geht um das wertvolle Halsband der schwärmerisch veranlagten französischen Königin Marie Antoinette. Im Frankreich vor 1789, in einer Welt der Intrigen und des schönen Scheins, bestiehlt der italienische Abenteurer Cagliostro die gutmütige Herrscherin um die prachtvollen Juwelen. Die Story von der Halsbandaffäre, die damals Schlagzeilen machte, dürfte für den Autor Antal Szerb vielleicht eine „kreative Flucht“ aus der verfinsternden Realität des Zweiten Weltkriegs gewesen sein. „Er hat“, schreibt das Magazin DER SPIEGEL am 5.12.05 (Ausgabe 49) „diesen letzten Roman in seinen anekdotischen und essayistischen Facetten auf Hochglanz poliert wie die Juweliere von damals ihr berühmtes Collier.“


Autor:

Hajo Jahn


Veröffentlichungen (Auswahl):

– Die Pendragon-Legende, Roman (1934/2004, dtv. Übertragung Susanna Großmann-Vendrey).
– Utas és holdvilag/ Der Wanderer und der Mond/ Reise im Mondlicht, Roman (1937/1974/ 2003, dtv. Übertragung Christina Viragh, Nachwort von Peter Esterházy)
– Die Literaturgeschichte der Welt (1941)
– Oliver VII, Roman (1943 – unter Pseudonym erschienen)
– Das Collier der Königin, Essay (1943)
– Das Halsband der Königin (2005, dtv).


Links (deutsch): 

http://www.dtv.de/_google/autoren/autor3461.htm

http://www.perlentaucher.de/buch/16051.html

http://www.sandammeer.at/rezensionen/szerb-pendragon2.htm

http://www.freitag.de/2004/25/04251402.php

http://www.zeit.de/2004/05/L-Szerb

http://www.zeit.de/2004/51/L-Szerb-TAB

http://www.netzeitung.de/kultur/365647.html

http://www.fr-aktuell.de/ressorts/kultur_und_medien/belletristik/?cnt=378076

http://www.pesterlloyd.net/Shop/Literatur_Ungarn/Antal_Szerb/antal_szerb.html


International:

http://www.literatura.hu/irok/xxszazad/euproza/szerb.htm

http://www.sk-szeged.hu/kiallitas/szerba/nyito.html

http://www.tiramillas.net/libros/resenas/resenas040204/szerb.html

http://en.wikipedia.org/wiki/Antal_Szerb

http://www.complete-review.com/reviews/magyar/szerba.htm

http://www.lmda.net/mat/MAT00122.html

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