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Zinnemann, Fred

H.A.M. 0

Fred (Alfred) Zinnemann
Regisseur

Geb. 29.4. 1907 in Rzeszów/ Österreich-Ungarn
Gest. 14.3. 1997 in London/ Großbritannien


Im umgekehrten Verhältnis zu seinem vergleichsweise „schmalen“ Lebenswerk von 19 Kurz- und 21 Spielfilmen steht die Zahl seiner Auszeichnungen. Filme von Fred Zinnemann sind oft gleich immer mehrfach mit Oscars geadelt worden: Acht für Verdammt in alle Ewigkeit, sechs für Ein Mann für jede Jahreszeit sowie zwei für Kurzfilme. Zweimal bekam er selbst für seine Regie den Academy Award, außerdem zwei Golden Globes sowie Spezialpreise von Kritikern und bei Filmfestspielen in Europa: Der Jude Zinnemann gilt zur Recht als einer der wichtigsten Filmregisseure aus der Riege der Exilanten aus Österreich und Deutschland.


Ursprünglich wollte er Musiker werden, war jedoch klug genug, sein mangelndes Talent und das fehlende absolute Gehört richtig einzuschätzen: Damit hätte, so Zinnemann rückblickend, „ich nur dritter Stehgeiger in einem Kaffeehaus werden können“. Auch „hatte ich keine Lust, Mediziner wie mein Vater zu werden, denn in Wien gab es damals viel zu viele Ärzte“. Der Familienrat, Jura zu studieren, fand ebenfalls nicht seine Zustimmung: „Lieber trieb ich mich in den Lichtspielhäusern herum“. Die Legende will wissen, dass er sich dabei von Pionierwerken wie Eisensteins Panzerkreuzer Potemkin oder Die Passion der heiligen Johanna so begeistern ließ, dass der knapp 20jährige trotz familiärer Widerstände zunächst eine Ausbildung als Kameramann (am Pariser Institut Technique de la Cinématographie) absolvierte und erstmals in die aufstrebende Filmmetropole Los Angeles ging. Dort lernte er sein Handwerk bei dem Dokumentarfilmer Robert Flaherty. Seinen späteren Meisterwerken sind, nach Expertenmeinung, die Lehrjahre in Kameratechnik und Dokumentarstil anzusehen. Vom Starrummel hielt er nichts; sein einfühlsames Führen der Schauspieler dürfte darauf zurückzuführen sein, dass er in Nebenrollen selbst vor der Kamera gestanden hat.


Bevor er zur mühevollen großen Karriere in Hollywood ansetzen konnte, war Fred Zinnemann nach Europa zurückgekehrt, um in Berlin als Kameraassistent mit Robert Siodmak und Billy Wilder zu arbeiten. Mit 22 Jahren, 1929, ging er erneut in die USA. Er wollte herausfinden, wie Talkies, also Tonfilme, hergestellt wurden. Aber in Berlin beherrschten die Nazihorden längst das Straßenbild. Selbst in Wien zeigte der Faschismus schon seine hässliche Fratze. Zinnemann blieb im freien Amerika; die meisten seiner Verwandten fielen den NS-Verbrechen zum Opfer.


So wurde Fred Zinnemann vielleicht der erste Filmemacher in Hollywood, der den Holocaust und seine Folgen bereits 1944 mit der Verfilmung des weltberühmten Anna Seghers-Romans Das siebte Kreuz und 1948 in Die Gezeichneten – gedreht in zerstörten deutschen Städten – auf der Leinwand thematisierte. Zu einer Zeit, in der die Mehrheit der Deutschen die massenhafte Ermordung von Menschen in ihrem Namen noch nicht wahrhaben wollte, nutzte Zinnemann das Massenmedium, um mit künstlerischen Mitteln Menschen zu zeigen, die nicht gegen ihr Gewissen handeln können.


Er galt mit seinem Charme mehr als europäischer Grandseigneur denn als anglophiler Gentleman. Sein Englisch verlor nie den charmanten Wiener Tonfall. Ungewöhnlich für die Filmmetropole und ihre Talmi-Welt: Zinnemann war skandalfrei und über 51 Jahre – bis zu seinem Tod – mit Renee Bartlett verheiratet. Da lebte er bereits wieder in Europa, allerdings in London. Denn mit Österreich verband ihn nichts mehr, seit er in jungen Jahren in einem Osttiroler Gasthaus Zeuge der Ausrichtung einer Geburtstagsfeier für Adolf Hitler gewesen war.


Stars wie Marlon Brando und Meryl Streep hatten ihr Leinwanddebüt in Zinnemann-Filmen, desgleich Montgomery Clift in Die Gezeichneten. Mit ihm drehte er auch „Verdammt in alle Ewigkeit“, dessen Romanvorlage lange als unverfilmbar gegolten hatte. Mit High Noon (12 Uhr mittags) gelang Fred Zinnemann schließlich der internationale Durchbruch. Es war ein Western der ganz besonderen Art, der auch neue, ungewohnte Maßstäbe setzte.


Zinnemann schwamm nie im sogenannten Mainstream mit. Kritiker wie Howard Hawks und John Wayne – der die Rolle des Sheriffs abgelehnt und Gary Cooper überlassen hatte -, nannten High Noon – „un-amerikanisch“. Womöglich auch, weil der Film zur Zeit der Hexenjagd auf Künstler und andere Intellektuelle vor dem McCarthy- Ausschuss für unameríkanische Umtriebe als Allegorie gedreht worden war. Doch trotz solch brisanter Hintergründe, trotz Sozialkritik und Problematisierung von Moral und Courage, ging es Fred Zinnemann stets um Unterhaltung im besten (erzählerischen) Sinn. Die Kinobesucher sollten während der gesamten Spieldauer so gespannt sein, dass sie nach eine Zigarette fiebern, jedoch zugleich so gefesselt sind, daß sie vergessen, sie anzuzünden.


Seinen großen Regietraum – einen Bergfilm zu drehen – kann sich der Bewunderer von Luis Trenker allerdings erst nach drei Jahrzehnten erfüllen. Da sich in Hollywood weder Förderer noch Geldgeber für ein derartiges Projekt finden lassen, kehrt der mehrfache Osacar-Preisträger 1982 nach Europa zurück und verfilmt dort in Eigenproduktion die Erzählung Maiden, Maiden der us-amerikanischen Schriftstellerin Kay Boyle. Five days one summer (dt.: Am Rande des Abgrunds) mit Sean Connery in der Hauptrolle wird Zinnemanns letzte Regiearbeit.


Autor:

Hajo Jahn


Filmographie:

– Menschen am Sonntag (1930)
– Reedes (1936)
– They Live again/ The Story of Doctor Carver/ That Mothers Might Live/ Tracking the Sleeping Death/ Friend Indee (1938)
– Weather Wizards/ Forgotten Victory /
The Ash Can Fleet/ One Against the World/
Help Wanted/  While America Sleeps (1939)
– A Way in the Wilderness/ Stuffie/ The Old South/ The Great Meddler (1940)
– Your Last Act/ Forbidden Passage (1941)
– Eyes in the Night (dt. : Spur im Dunkel)/       Kid Glove Killer (dt.: Der Gentleman- Killer/  The Lady or the Tiger? (1942) 
– The Seventh Cross (dt.: Das siebte
Kreuz, 1944)
– Little Mister Jim (1946)
– My Brother Talks to Horses (1947)
– The Search (dt.: Die  Gezeichneten)/
Act of Violence (dt.: Akt der Gewalt, 1948) 
– The Men (dt.: Die Männer, 1950)
– Teresa (dt.: Teresa – die Geschichte einer Braut)/ Benjy (1951) 
– High Noon (dt.: Zwölf Uhr mittags)/ The Member of the Wedding (1952)  
– From Here to Eternity (dt.: Verdammt in alle Ewigkeit, 1953) 
– Oklahoma! (Musicalverfilmung, 1955)
– A Hatful of Rain (1957) 
– The Nun’s Story (dt.: Geschichte einer
Nonne, 1959)
– The Sundowners (dt.: Der endlose Horizont, 1960)
– Behold a Pale Horse (1964)
– A Man for All Seasons (dt.: Ein Mann zu jeder Jahreszeit, 1966)
– The Day of the Jackal (dt.: Der Schakal, 1973) 
– Julia (1977)
– Five days one summer (dt.: Am Rande
des Abgrunds,1982)


Quellen:

http://de.wikipedia.org/wiki/Fred_Zinnemann

http://german.imdb.com/name/nm0003593/

 

Kay Weniger: „Es wird im Leben dir mehr genommen als gegeben …Lexikon der aus Deutschland und Österreich emigrierten Filmschaffenden 1933 bis 1945. Eine Gesamtübersicht. 1. Auflage. Acabus-Verlag, Hamburg 2011, ISBN 978-3-86282-049-8, S. 54


Links (deutsch):

http://www.zeit.de/archiv/1997/13/zinne.txt.19970321.xml?page=all

http://hermes.zeit.de/pdf/archiv/archiv/1997/13/zinne.txt.19970321.xml.pdf

http://www.freitag.de/2007/17/07171301.php

http://www.filmzentrale.com/essays/zinnemannjh.htm

http://www.stuttgarter-zeitung.de/stz/page/detail.php/1408711

http://www.dieterwunderlich.de/Zinnemann_kreuz.htm

http://www.dieterwunderlich.de/Zinnemann_schakal.htm

http://www.dvd-datenbank.com/frm_content/stars_detail.php?id_stars=1110

http://www.filmstarts.de/bilder/produkt/37131,12%20Uhr%20mittags/Bild%2013.html


International:

http://www.sensesofcinema.com/contents/directors/04/zinnemann.html

http://www.sensesofcinema.com/contents/03/28/ballad_of_high_noon.html

http://www.greatestfilms.org/high.html

http://www.sensesofcinema.com/contents/cteq/00/8/violence.html

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