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Straus-Ernst, Louise

H.A.M. 0

Louise Straus-Ernst
Kunsthistorikerin und Publizistin


Geb. 2.12. 1893 in Köln
Gest. 1944 KZ Auschwitz


Die Tochter jüdischer Eltern wächst in ihrer Geburtsstadt auf.. Ihr Vater war Mitinhaber der Hutfabrik Löwenstern&Straus; ihre geliebte Mutter starb unmittelbar nach der Heirat von Louise. Bei aller Wertschätzung der Kindheit und Jugend am Rathenauplatz gestand Louise Straus später, habe sie „immer ein wenig Angst vor der allzu bürgerlichen Sicherheit“ gehabt. So machte sie mit Leichtigkeit ihr Abitur, studierte Kunstgeschichte in Bonn und promovierte sehr bald mit summa cum laude. Dann aber lernte sie mit 20 Jahren einen Kommilitonen kennen, der ihr als Schwanenritter unbürgerlich den Hof machte : den Künstler in spe Max Ernst. Im Oktober 1918 wurde geheiratet – eine von beiden Vätern mißbilligte christlich-jüdische Ehe. Für die Kunsthistorikerin und den Künstler war die Zeit nach dem 1. Weltkrieg eine Zeit der Revolte, die mit dem Dadaismus alles Wilhelminische und Konservative in der Kunst angriff. Die Wohnung von Louise und Max Ernst am Kaiser-Wilhelm-Ring war die Kölner Dada-Zentrale w/3 , mit der „dadaistischen Rosa von Bonheur“ oder „Lullu Ernst“ (Max Ernst nannte sie so) als ruhendem Mittelpunkt. Die skandalumwitterten Dada-Ausstellung im April 1920 im Brauhaus Winter wurde zum Höhepunkt der Dada-Bewegung – kurze Zeit darauf, nach der Geburt von Jimmy Ernst 1922 (dem „Dadafex minimus“), brach die Ehe mit dem „Dadafex maximus“ auseinander. Max Ernst ging nach Paris, zu dem dadaistischen und später surrealistischen Künstlerkreis um Breton und Paul Eluard. Die Liaison mit dessen Frau Gala führte zur endgültigen und schmerzlichen Trennung von seiner Frau.


Louise Straus-Ernst blieb mit ihrem Sohn Jimmy in Köln, ganz auf sich gestellt – praktische Hilfe erfuhr sie nur durch Maja, einem Kindermädchen aus der Eifel, die zu ihnen zog. In der Inflationszeit arbeitete Louise Straus-Ernst als Buchhalterin, Sekretärin und Verkäuferin, gelegentlich übernahm sie Führungen und Gutachten als Kunsthistorikerin. Ende der 20er Jahre stellte sich endlich wieder Erfolg ein, weil sie kenntnisreich über alte und neue Kunst, über Architektur und die junge rheinische Kunstszene zu schreiben wußte. Und sie war eine menschlich engagierte Intellektuelle – so brachte einer ihrer Artikel der Düsseldorfer Kunsthändlerin Mutter Ey ein mietfreies Ladenlokal ein. Vergnügen fand sie auch am Feuilleton – einen Streifzug durch das nächtliche Köln veröffentlichte sie allerdings unter einem männlichen Pseudonym.


1926 wurde Louise Straus—Ernst ständige Korrespondentin der Dresdner Neuesten Nachrichten sowie Kunstberichterstatterin der Vossischen Zeitung für das Rheinland ; als gefragte Publizistin nahm sie im Kölner Rundfunkhaus Vortragsserien auf. Zuletzt wohnte Dr. Louise Straus-Ernst mit ihrem Sohn Jimmy und der Haushälterin Maja in der Emmastrasse 27 in Köln-Sülz und erhielt Besuch von Literaten und Künstlern wie Joachim Ringelnatz und Paul Klee, der mit Jimmy ins Hänneschen-Theater in der Kölner Altstadt ging. Sie selbst feierte gern, liebte den Karneval und war zu ihrem eigenen Erstaunen eine umschwärmte Frau. Der befreundete Kölner Fotograf August Sander porträtierte Louise Straus-Ernst mit ihrem Sohn in dieser glücklichen Zeit (1928). Der faschistischen Bedrohung räumte sie zunächst keine Zukunft ein: „Diese Fanatiker fliegen auf die Strasse… da sind sie hergekommen und da gehören sie auch wieder hin.“


Unmittelbar nach Hitlers Machtergreifung mit dem Ernst der Lage konfrontiert – SS-Leute hatten ihre Wohnung durchsucht – zog sie rasch die notwendige Konsequenz und verließ am 29.Mai 1933 Köln mit dem Zug nach Paris. Die Freundschaft mit dem Pressereferenten von Oberbürgermeister Konrad Adenauer brachte ihr unmittelbar vor der Abreise noch einen letzten Auftrag ein: eine Rede für den ersten nationalsozialistischen Oberbürgermeister von Köln zur Eröffnung einer Kunstausstellung. Lakonisch kommentierte sie später : „Und ich, eine Jüdin, hatte sie verfasst“.
Sohn Jimmy blieb zunächst in der Obhut der Grosseltern Straus und machte dann in Norddeutschland eine Druckerlehre. Er sah seine Mutter bei seinen Besuchen in Paris wieder, wo sie mit dem Fotografen Fritz Neugass in einem Hotel lebte – auch seinen Vater traf er, der inzwischen die Pariserin Marie-Berthe Aurenche geheiratet hatte.


“Die acht Jahre in Paris, tut es mir leid, nicht rechtzeitig gegangen zu sein ? Jetzt warte ich seit drei Jahren auf das Visum. War es nicht trotz allem die Mühe wert, das Leben in Paris, die Kameradschaft mit Fritz?“, fragt sich Lou Straus in ihrem Lebensrückblick Nomadengut, den sie im südfranzösischen Versteck schrieb. In Paris konnte sie sich noch mit verschiedenen Aufträgen für deutschsprachige Zeitungen über Wasser halten, so rezensierte sie u.a.den neuen Collagen-Roman La femme 100 têtes von Max Ernst: „Wer den Mut hat, sich zu seinen Träumen zu bekennen, der muß dieses Buch lieben“.


Nachdem sie im Lager Gurs interniert wurde und ihre Aufenthaltsgenehmigung 194o ablief, und nachdem auch ihr geliebter Freund Fritz Neugass emigriert war, musste sich Lou Straus-Ernst im Süden Frankreichs vor den Nazis verstecken. Jimmy Ernst war bereits 1938 in die USA emigriert, Max Ernst konnte 1941 in Begleitung von Peggy Guggenheim in die USA gehen. „Hier war es wieder, dieses Wort“, notierte Jimmy Ernst in seinen Lebenserinnerungen : “Nicht wichtig genug, das meine Mutter in dem überfüllten Wartesaal auf der anderen Seite des Atlantik festhielt.“ – „Madame Ernst“ wartete unter der Obhut des provencalischen Dichters Jean Giono in einem kleinen Hotel vergeblich auf ihr Visum. Im April 1944 wurde sie in Manosque verhaftet und zunächst nach Drancy gebracht. Mit einem der letzten Züge wurde Louise Straus-Ernst am 30.Juni 1944 von Drancy nach Auschwitz deportiert.


Autorin:

Ute Remus


Literatur:

Louise Straus-Ernst: Nomadengut, verlegt vom Sprengel Museum, Hannover

Jimmy Ernst: Nicht gerade ein Stilleben, Verlag Kiepenheuer und Witsch, Köln

Ute Remus: Sollst je du sollst du Schwänin auf dem Ozean – Hommage an Lou Straus-Ernst. Hörbuch. Schmidt von Schwind Verlag, Köln


Links (deutsch):

http://suelz.gudrun-velten.de/Emmastrasse/StolpersteinStraus-Ernst.htm

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